Sexismus ist weiblich – oder: Das Märchen vom bösen Buschmann

Was haben Frauen für ein Bewusstsein von Aggression und Unterdrückung? Haben Affen den Flitzebogen erfunden? Hat jede Frau ein süßes Geheimnis? Warum schleppen schwarze Männer Scheiße? Wie erkennt man Sexisten? Warum schmeckt ihnen die Süßspeise nicht?

Das sind vielleicht Fragen. Die haben sich nach und nach ergeben, als ich die Überschrift las: „Viele Frauen haben kein Bewusstsein für die eigene Aggression“. Es war die Überschrift zu einem Interview mit Dr. Barbara Kiesling (auf Cuncti). Sie sprach mir aus dem Herzen.

Dann sagt sie an einer Stelle:

„Männer haben in den vergangenen Jahrhunderten die Welt regiert, sie haben Kriege geführt und die Frauen unterdrückt …“

Nun ja, das sagt man so. Als da ausnahmsweise ein kritischer Einwand kommt, ein zaghaftes „Äh …“, gerät sie kurz aus der Spur, läuft sich aber schnell wieder warm, erklärt was sie eigentlich sagen wollte und offenbart eine Schwachstelle:

„Wir können uns wohl darauf einigen, dass es das große Verdienst der Frauenbewegung ist, bei den Frauen ein Bewusstsein dafür geschaffen zu haben, dass die Vorherrschaft des Mannes nicht naturgegeben ist. Durch die Kraft, die mit der feministischen Bewegung einherging, haben Frauen ein bisher nicht vorhandenes Selbstbewusstsein entwickelt und sich auf ihre eigenen Potenziale besinnen können.“

Wohl ist mir dabei nicht. Ich möchte mich lieber nicht so schnell mit ihr in diesem Sinne einigen. Es ist vielleicht unfair, wenn ich nun ausgerechnet eine Textstelle genauer angucke, die nur so dahergeredet ist, aber ich habe kein schlechtes Gewissen: Gerade Stolpersteine regen zum Nachdenken an. Außerdem habe ich das Gefühl, dass es nicht „ihre eigenen“ Worte sind, die sie da von sich gibt, ich vermute, dass Barbara Kiesling an der Stelle als anonymes Sprachrohr dient und etwas sagt, das eine andere Frauenstimme genauso gut hätte sagen könnte. Oder genauso schlecht.

Die Achse des GutenWarum so schwammig? In den Filmbüchern von Federico Fellini finden wir gelegentlich eine Regieanweisung, die auch hier passt: „Nebel hier. Nebel dort!“ Es ist ziemlich undurchsichtig, was da ausgebreitet wird. Sie spricht von den „Potenzialen der Frauen“. Was meint sie damit? Die Gebärfähigkeit? Wenn ja: was noch? (Wir haben einen Plural); wenn nein: wieso nicht? Gehört das etwa nicht zum neuen Selbstbewusstsein der Frau? Wieso bezeichnet sie die als „eigene“ Potenziale? Sind das welche, die nur Frauen ihr eigen nennen dürfen (also doch Gebärfähigkeit) oder sind es welche, die Frauen für sich alleine haben wollen?

Nebelig ist es auch bei einem Begriff, bei dem man Klarheit erwarten sollte: „Bewusstsein“. Sie spricht vom Bewusstsein, das durch die Frauenbewegung geschaffen wurde. Darf man gratulieren? Hat die Frauenbewegung etwas geleistet, was die Philosophen der Aufklärung und die politischen Agitatoren immer nur in Ansätzen geschafft haben? Oder kommt der großartige Erfolg im Schaffen von Bewusstsein nur deshalb so flott zustande, weil dermaßen plump vereinfacht wird, dass es nicht mehr so recht zu einem Begriff wie „Bewusstsein“ passt? Jedenfalls nicht, wenn man bewusst damit umgeht.

Zweimal kommt es in dem Zitat vor (einmal als „Selbstbewusstsein“) – und wir hatten es schon in der Überschrift. Da drängt sich eine Pointe auf, wie sie Kabarettisten gefallen würde: „Viele Frauen haben kein Bewusstsein für die eigenen Aggression …“ so geht es los, und weiter: „ … und außerdem kein Bewusstsein von den komplexen Vorgängen, die zur Bewusstseinsbildung beitragen.“

Gegenvorschlag: Vielleicht können wir uns so einigen: Im Zuge der Frauenbewegung haben sich verschiedene Frauen zu Wort gemeldet und ihren Bewusstseinsstand über die „naturgegebene Vorherrschaft“ der Männer zum Ausdruck gebracht. Und? Was haben sie gesagt?

Ich habe die heikle Stelle fett markiert. Da ist der heiße Brei, um den sonst herumgeredet wird. Spulen wir also zurück und nehmen uns den Satz noch mal zur Brust:

„Wir können uns wohl darauf einigen, dass es das große Verdienst der Frauenbewegung ist, bei den Frauen ein Bewusstsein dafür geschaffen zu haben, dass die Vorherrschaft des Mannes nicht naturgegeben ist …“

Wie ist das gemeint? Worauf bezieht sich die Negation, die in dem „nicht“ steckt? Auf die „Vorherrschaft des Mannes“ oder auf das Wort „naturgegeben“? Wenn sie sich auf die „Vorherrschaft des Mannes“ bezieht (was ich vermute), dann soll mit dem Satz soviel gesagt werden wie: Es gibt keine Vorherrschaft des Mannes, das hat man früher fälschlicherweise so gesehen und hat es als naturgegeben hingenommen. Wenn sich die Negation jedoch auf „naturgegeben“ bezieht (und so klingt der Satz), dann wird damit gesagt: Es gibt schon eine Vorherrschaft des Mannes, doch die ist nicht naturgegeben.

Sondern? Wie dann? Kulturell? Sozial konstruiert? Mühevoll erworben? Wenn das so ist, dann ist die Vorherrschaft rechtmäßig – und alles ist gut; dann gab es keine von Natur aus besseren Bedingungen für Männer. Wollte sie das sagen?

Wahrscheinlich nicht. Ich habe den Satz nicht ausgesucht, um ihr eine Ungenauigkeit nachzuweisen, sondern weil ich in dem unglücklich formulierten Satz ein echtes Unglück vermute. Sie wollte wahrscheinlich ein zweifaches Nein aussprechen. Den Eindruck habe ich. Aus dem Nebel leuchten mir zwei Lichter entgegen: das eine rote Licht ist das Nein zur Vorherrschaft des Mannes und das andere ist das Nein zur Natur.

Ich will versuchen, den Nebel zu lichten und verabschiede mich bei der Gelegenheit von Barbara Kiesling, deren Zitat ich für den Einstieg verwendet habe – und ich tue es nicht, ohne mich für die Teile in ihrem Interview, die ich nicht zitiert habe, zu bedanken.

Ich wende mich stattdessen Ingelore Welpe und Isabell Welpe zu, die in dem Buch Frauen sind besser, Männer auch: Das Gender Management von sechs „Irrtümern“ über die Natur von Mann und Frau berichten.

Die sechs Irrtümer

Achtung! Wir werfen nun einen Blick in die Hausapotheke des neuen Selbstbewusstseins der Frauen. Ob sich es just das Selbstbewusstsein ist, das Barbara Kiesling gemeint hat, weiß ich nicht. Sie sprach von neuen Selbstbewusstsein, nicht von verschiedenen, die in Konkurrenz zueinander stehen. Außerdem treten Ingelore und Isabell Welpe ebenfalls als Sprachrohre feministischer Errungenschaften auf und beanspruchen, im Namen aller Frauen zu sprechen und nun etwas ans Licht zu zerren, was bisher im Dunkel lag.

Die Autorinnen schicken eine Warnung voraus; denn die sechs Irrtümer „dienten“ bisher „den Männern“, und deshalb vermuten die beiden, dass „sehr viele Männer“, wenn sie mit diesen „Wahrheiten“ konfrontiert werden, „beunruhigt“ reagieren oder sogar „Widerstand leisten“. Das klingt spannend. Besonders bemerkenswerte Passagen habe ich eingefettet.

Wahrheit Nr. 1

Zuerst entsteht die Frau, aus ihr entsteht der Mann

„Nach der Zeugung ist jeder Mensch zuerst weiblich. Ein Mann ist eine Sonderform und muss daher zuerst als Ableger aus einem weiblichen Organismus entwickelt werden … Wenn man so will, sind Frauen das primäre, Männer das sekundäre Geschlecht … so zeigt es uns die Natur und kluge weibliche und männliche Manager wissen, dass diese Grundtatsache zu weiteren erheblichen Glaubensrevisionen über die Rolle von Frauen und Männern führen muss und dass sich daraus weit reichende Konsequenzen für die Bewertung und den Einsatz von Männern und Frauen in den Unternehmen ergeben.“

Wahrheit Nr. 2

Weder Mann noch Frau sind vollkommen. Sie sind spezialisiert

Die Frau ist jedoch näher an der Vollkommenheit. Der Zauber um den Begriff „Penisneid“, womit der Frau eingeredet werden sollte, dass ihr was fehlt, erweist sich als Propaganda; denn so ein Penis ist auch nur eine „Klitoris am Stiel“. „Um den Irrtum vollständig zurückzuweisen, muss noch gesagt werden, dass nur dem Mann etwas fehlt, nämlich Gebärmutter und Brüste.“

Wahrheit Nr. 3

Männer sind das größere Geschlecht. Frauen sind das vitalere und schnellere Geschlecht

„Der erste Blick, der natürlich auf die Körperhöhe, auf den Körperbau, die Muskulatur und die Knochen fallen muss, verführt zur Meinung, dass Männer stärker als Frauen seien. Das gilt im Detail, jedoch nicht für das Ganze. Mehr Blut, größere Lungen und ein größeres Herz der Männer machen diese keineswegs während der gesamten Lebensspanne stärker und verschaffen ihnen auch keineswegs eine bessere Vitalität. Die meisten Männer haben eine kürzere Lebenserwartung als die meisten Frauen. Überall auf der Welt leben Frauen im Durchschnitt sechs Jahre länger, trotz der oft schwereren körperlichen Arbeit, die sie im Vergleich zu Männern verrichten … Frauen übertreffen Männer nicht nur an Vitalität, sondern auch beim Entwicklungstempo.“

Wahrheit Nr. 4

Frauen haben größere Gehirne, und es besteht kein Unterschied in der Intelligenzleistung

Das unterschiedliche Gehirngewicht spielt keine Rolle. Vielmehr müssen zunächst die Unterschiede richtig verstanden werden – und zwar die, auf die es ankommt: „Frauen haben zum Teil um 70 Prozent mehr und dickere Nervenverbindungen als Männer, so wie dies etwa für Musiker im Unterschied zu Nichtmusikern gilt. Zudem sind bei Frauen Gehirnaktivität, Durchblutung und Zuckerstoffwechsel insgesamt besser. Im Verlauf des Lebensalters verlieren Frauen auch weniger Nervenzellen als Männer.“ Da stellt sich schon die Frage: „Und welches Unternehmen kann eigentlich auf spezifische biologische Leistungspotentiale verzichten?“

Wahrheit Nr. 5

Frauen sind das Zukunftsmodell der Evolution, Männer das frühe Modell unserer Stammesgeschichte

„Für Entwicklungsbiologen sind die jungen Formen zukunftsweisend, da Kinder die Merkmale der Zukunft tragen … (sie) enthalten das Veränderungspotential. Die weicheren Gesichtszüge der Frauen … sind den Proportionen junger Menschen ähnlicher. Dagegen sind gestandene Männer alte Männer. Sie sehen im Vergleich mit den Frauen auch alt aus. Auch im übertragenen Sinn gilt das, denn stammesgeschichtlich betrachtet sind typische männliche Formen älter und ‚tierischer’. Die männliche Form ist nicht die Krone der Schöpfung, sondern eine frühe Form und, leidenschaftslos betrachtet, eher ein Auslaufmodell.“

Wahrheit Nr. 6

Frauen leisteten den erheblicheren Beitrag zum Überleben der Menschheit durch Sammeln, Kommunikation und Kooperation

„Da uns bis vor kurzem die Geschichte der Menschheit ausschließlich von männlichen Wissenschaftlern und Historikern erklärt wurden, ist es nachvollziehbar, dass der Mann an sich der bevorzugte Gegenstand der Lehrbücher ist und seine Leistungen als die Bausteine unserer Kultur bewertet wurden.“ Doch nun haben wir Nancy Tanner. „Nancy Tanner hat die Leistungen von Frauen unter Vorlage von überprüfbaren Modellen als für die Entstehung der Menschheit identifiziert. Um den Schritt vom Vormenschen zum Menschen zu tun, waren nicht Jagen und Werkzeuggebrauch entscheidend – das tun Affen auch -, sondern das systematische Sammeln von Nahrung auf zwei Beinen, anstelle von Futtersuche und Futterjagd … Wer, wenn nicht Frauen und Mütter, waren gezwungen, erfolgreiche Sammlerinnen zu sein? … Was und wie viel immer unsere männlichen Vorfahren auch gesammelt haben mögen, sie konnten es allein für sich tun und für sich behalten. Anders als das Jagen verlangen Sammeln, Lagern und Teilen in Gruppen eine kontinuierliche und effektive Kommunikation und Koordination und flexible Organisationsstrukturen.

Ein Ausflug nach Afrika

Der Tonfall und die Argumente erinnerten mich an die so genannte Black Supremacy, von der wir wenig wissen. Wikipedia bittet bei diesem Stichwort um unsere Mitarbeit und spricht nur knapp von einer „rassistischen Ideologie“ einer „angeblichen schwarzen Überlegenheit“ und nennt als Vertreter Malcom X. Ich dachte gleich an Fela Kuti aus Nigeria, der vor allem als Musiker und Rebell bekannt ist, und in seinem Buch ‚Why Black Men Carry Shit’ erklärt, dass Afrika die Wiege der Menschheit ist und mit einem Hinweis auf die Pyramiden auch die Keimzelle der Zivilisation, um damit zu sagen: Wir waren zuerst da und deshalb steht uns die Pol-Position zu, um die uns die Weißen betrogen haben.

Ingelore und Isabell Welpe wissen womöglich mehr zu diesem Thema und kennen sich auch gut mit Affen aus (kleine ironische Bemerkung), beide arbeiten nämlich in Südafrika. Prof. Dr. Ingelore Welpe hat an der Universität Pretoria ein Gender-Institut nach dem Kieler Modell gegründet. Doch, doch, die beiden haben einiges vorzuweisen. Die eindrucksvollen akademischen Karrieren, auf die sie zurückblicken können, haben sie womöglich zu dieser schwer erträglichen Überheblichkeit verführt und zu einer Herablassung, die tatsächlich beunruhigt.

Man konnte schon an den Zitaten merken, an wen sich ihr Handbuch richtet, es ist nicht für „normale“ Leser gedacht, vielmehr richtet es sich an eine Elite, an „Führungskräfte, Personalmanager und Consultats“, die nun Gender-Kompetenz benötigen – denn: „Dem Gender-Konzept gehört die Zukunft“.

Die Führungskräfte werden nicht wie eine Elite behandelt, sondern wie Realschüler, die Vertretungsunterricht haben von einer Lehrerin, die weder mit der Klasse noch mit dem Fach vertraut ist. Vielleicht täusche ich mich, ich kenne die Leserschaft und deren Interessen nicht, womöglich wissen die es zu schätzen, wenn man ihnen als Vorbild Maria Theresia empfiehlt und Nachhilfeunterricht in Geschichte auf RTL-Niveau erteilt und ihnen nach jedem Kapitel griffige Zusammenfassungen als „Take away!“ serviert:

Take away!

Vermehren Sie durch Genderwissen Ihr persönliches Humankapital!

Wenn Sie in die Geschichte Ihres Unternehmens eingehen wollen, dann begeistern Sie das Personal für Gender.

Immerhin wird mit der Formel „Take away!“ aus der Welt des junk-foods deutlich gemacht, um was es sich handelt: um junk-science. Doch es gibt Unterschiede: junk-food ist nicht besonders nahrhaft und billig, junk-science ist gar keine Wissenschaft und teuer.

Wenn Fela Kuti noch lebte, würde ich ihm gerne eine Frage stellen (das sage ich jetzt so, ich hätte mich nicht getraut, außerdem hätte ich ihm im Gefängnis besuchen müssen): Warum hat es der in allem überlegene schwarze Mann so weit kommen lassen, dass er nun Scheiße tragen muss? Eine entsprechende Frage kann man auch an die beiden Frauen richten: Wieso brauchen diese in allem überlegene Frauen, die uns als die Erstgeborenen der Menschheit präsentiert werden, überhaupt eine Fürsprache? Und es ist mehr als eine Empfehlung, die sie abgeben, durch ihr Buch weht ein despotischer Ton, da ist von „Pflicht“ die Rede, nicht von „Kür“. Die Topmanager sollen nicht, sie müssen.

Wir kennen diesen Ton auch von der Eu-Kommissarin Viviane Reding, die mit Gesetzen etwas durchsetzen will, das sich auch von alleine durchsetzen würde, wenn es denn so wäre, wie es dargestellt wird. Sie spricht von Studien, die zeigen, dass ein höherer Frauenanteil sich positiv auf die Bilanzen auswirkt – dabei kann es solche Studien nicht geben, denn sie müssten eine Ursächlichkeit von Frauenanteil und wirtschaftlichem Erfolg zugrunde legen. Außerdem müsste es Vergleichsgruppen geben. Die gibt es nicht. Die Beschwörung der „bestens ausgebildeten Frauen“, die an dieser Stelle reflexartig als weiteres Argument kommt, verrät nicht, welche Fächer die Frauen überhaupt studiert haben. Und der Hinweis auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt und auf drohenden Fachkräftemangel ist ebenfalls ein Eigentor. Wenn die Entwicklung sowieso in die Richtung läuft, muss man keine riskante Frühgeburt einleiten.

Trotzdem. Es wird den Unternehmen eine Quote verordnet und sie müssen dazu verlogene Rechtfertigungen schlucken. Die Quote kommt mit einem Beipackzettel daher, der ihre Intelligenz beleidigt und ihnen die Fähigkeit abstreitet, wirtschaftliche Entwicklungen und die Brauchbarkeit von Studien selbst zu beurteilen. Bezeichnend ist, dass Frau Reding kritische Einwände – etwa den, dass mit der vorhandenen Zahl der Bewerbungen eine Quote gar nicht erfüllt werden kann – als „Ausreden“ bezeichnet, als wären die Führungskräfte der Wirtschaft Schüler, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Schlimm genug.

Es kommt noch schlimmer. Die Unternehmen werden gezwungen, gegen das Grundgesetz zu verstoßen, und Männer aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren. Sie werden explizit aufgefordert, sich undemokratisch zu verhalten. Elke Schmitter sagt es offen: Die Quote ist „undemokratisch“. Aber: „Wir“ brauchen sie „trotzdem“.

Wir Demokraten brauchen sie nicht. Mit „Wir“ meint Elke Schmitter eine weibliche Spaß-Guerilla. Die fühlt sich nicht wohl, wenn sich in Führungsgremien die Männer breit machen. „Es macht keinen Spaß“, klagt sie (im ‚Spiegel’ 11/2012). Nun wissen wir auch, was Frauen wollen; Cyndie Lauper hatte die Frage (Was will das Weib?), an der Sigmund Freud einst scheiterte, auch schon beantwortet: „Girls just wanna have fun.“ Auch wenn es nicht die Tonlage ist, die ich normalerweise anstimme, so sei hier in Anlehnung an Fela Kuti die Frage gestattet: Warum müssen die Führungskräfte solchen Scheiß ertragen? So wie ich mich nicht getraut hätte, Fela Kuti zu fragen, so traut sich offenbar niemand, der zu „allem entschlossenen“ Vivian Reding ein zaghaftes „Äh …“ entgegen zu halten. Kaum jemand sagt etwas.

Warum nicht? Weil sie mit Strafzetteln wedelt. Das steht hinter den „gesetzlichen Regelungen“, ohne die es nun angeblich nicht mehr geht. Eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ hat es nicht gebracht. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „freiwillig“ und „Verpflichtung“ – das ist eine gewöhnungsbedürftige Geschmackskombination. Nun kommt es raus. Sie bitten zur Kasse. Das ist es also, was Frauen wollen: Geld!

Oder? Ich fürchte, dass Geld nicht genügt. Egal wie hoch die Sanktionen ausfallen, es wird die Frauen nicht zufriedenstellen. Warum nicht? Wegen dem Unglück, das sichtbar wurde, als ich den Satz von Barbara Kiesling unter die Lupe gelegt und darin nicht nur eine argumentative Misere gesehen, sondern ein tiefes Unbehagen herausgefühlt habe, unter dem – wie ich vermute – manche Frauen tatsächlich leiden. Sie haben sich in eine ausweglose Situation verrannt und kommen nicht zur Ruhe.

Wie man es dreht und wendet: Es passt nicht. Wenn es eine Überlegenheit der Männer gibt, aus der sich ihre Vorherrschaft ableitet, und wenn die naturgegeben ist, dann helfen keine Förderprogramme, dann helfen keine Pillen, dann hilft kein neues Bewusstsein, denn man müssten sich die Frauen „neu erfinden“.

Wenn es eine Überlegenheit der Männer gibt, die nicht naturgegeben ist, dann sind keine Förderprogramme nötig; dann haben wir eine gerechte Ausgangsposition, und falls Frauen dabei bisher unentdeckte Potentiale nutzen können, umso besser für sie. Wenn sie ihrerseits eine naturgegebene Überlegenheit haben, die sie bisher aus unerfindlichen Gründen nicht aus dem Dornröschenschlaf geweckt haben, dann ist es umso peinlicher, dass sie nicht schon längst in den Führungspositionen sitzen.

Sexisten der ersten Stunde

Das Buch von Ingelore und Isabell Welpe ist keine Kuriosität, die wir getrost belächeln können. Es ist das Manifest einer Female Supremacy. Auch Viviane Reding und Elke Schmitter – und viele andere – haben das Giftbuch auf ihrem Nachttisch oder im Schließfach ihres Unterbewusstseins. Sie kennen es, auch wenn sie es nicht gelesen haben. Es spricht ihnen aus der Mördergrube. So erklärt sich ihr herrschsüchtiger Ton, so erklären sich ihre faulen Argumente, so erklärt sich ihre Verzweiflung und Aggression, von der sie oft kein Bewusstsein haben, wie wir inzwischen wissen.

Wir kommen bei der Gelegenheit auch den geheimnisvollen „eigenen Potentialen“ auf die Spur. Es ist – wie wir schon ahnten – nicht die Gebärfähigkeit. Die ist dem Nein zur Natur zum Opfer gefallen. Ersatzweise muss etwas Neues aus dem Hut gezaubert werden.

Und was? Vorsätzliche Blindheit und Boshaftigkeit. Das klingt heftig, doch ich erinnere mich, dass in Nigeria ein ruppiger Umgangston herrscht, und es ist ja auch ein grober Klotz, der uns hier vor die Füße gerollt wird: Die „eigenen Potentiale“ der Frauen entstehen durch Ignorieren, sie entstehen durch eine Machtausübung, die so tut, als gäbe es gewisse Dinge einfach nicht. Es ist die Machtausübung von Leuten, die Beweismittel verschwinden lassen, die Informationen unterschlagen und die durch einen Menschen hindurchgucken, als wäre er Luft.

Wie kommen sie darauf, dass Frauen „oft“ die „schwereren körperlichen“ Arbeiten verrichtet haben? Durch angestrengtes Ignorieren. In Südafrika arbeiten Männer „oft“ in Goldminen und verrichten da Arbeiten, die man Frauen nicht zumutet. Die Minen sind unterirdisch. Die sieht man nicht, wenn man im klimatisierten Auto durch die schöne Landschaft fährt. Die Ignoranz der beiden Frauen ist auf ihre Art auch „unterirdisch“ – wie man heute sagt.

Wir kennen die merkwürdige Formulierung, dass irgendetwas „nicht mehr wegzudenken“ ist – so heißt es etwa, wenn der Einfluss eines Künstlers hervorgehoben werden soll. Im Wegdenken haben es Ingelore und Isabell Welpe weit gebracht. Sie denken sich die Ergebnisse von einem Wettrennen, das sie sich vorgestellt hatten, einfach weg. Das machen sie so: Sie gucken nicht auf das Ziel, sondern auf die Startlöcher, um die herum sie sich eine Ausgangslage ganz nach ihrem Geschmack ausgemalt haben. Dabei ist ihnen nicht aufgefallen, dass es einen völlig anderen Zieleinlauf geben müsste, wenn die Startbedingungen wirklich so gewesen wären, wie sie sich die ausgedacht haben.

Das Spiel, das die beiden mit uns spielen, ist die Umkehrung eines beliebten Zeitvertreibs von Kindern. Kinder spielen gerne ‚Ich sehe was, das du nicht siehst’, die beiden Frauen namens Welpe spielen ‚Ich sehe etwas , das ansonsten jeder sieht’. Ich versuche mal, mich dem Stil der Frau Professorin anzupassen:

Take away!

Männer sind Frauen im statistischen Mittel und im Extrem sowohl körperlich als auch geistig überlegen

Moment! Eh jetzt der Widerstand mobilisiert wird: Ein Trost vorweg: Es wird später noch eine Süßspeise serviert – als Nachtisch. Und noch ein Hinweis: Es ist inzwischen auch vielen Männern unangenehm, dass es so ist, wie es ist; viele sind verunsichert und wissen nicht, wie sie sich dazu verhalten sollen. Doch was soll man machen? Es ist eindeutig. Man erkennt es mit einem unbeirrten Blick auf die Ergebnisse.

Zu welchen körperlichen Leistungen Männer fähig sind, sehen wir beim Sport. Und wenn wir einen Blick auf die Menge der Patentanmeldungen, Erfindungen und Nobelpreise richten, erkennen wir die Früchte der geistigen Anstrengungen von Männern und Frauen. Und? Die Frauen sehen vergleichsweise alt aus.

Denken wir an den 3 : 0 Sieg einer Jugendauswahl aus der Provinz über die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft, die immerhin den Weltmeistertitel erkämpft hatte, oder denken wir an die Shortlist der Erfindungen aus Frauenhand wie den Kaffeefilter und das Gratis-Werbegeschenk (mehr fällt mir gerade nicht ein). Madame Curie steht in der Hall of Fame glanzvoll als Mehrfach-Nobelpreisträgerin da, als Frau wirkt sie ziemlich verloren zwischen all den Herren, außerdem hatte sie einen Ehemann an ihrer Seite, der ebenfalls Nobelpreisträger war.

Selber schuld. Warum tun Isabell und Ingelore Welpe so, als würden die Gesamtheiten der Frauen und Männer in Konkurrenz zueinander stehen? Das tun sie nicht. Aber die beiden wollen es so. Schon der Titel des Buches verrät, dass sie nicht richtig mit dem Komparativ umgehen können: Frauen sind besser, Männer auch. Nicht lachen. Das ist kein Scherz. Sie haben nicht verstanden, dass es so nicht geht. Vielleicht glauben sie auch, dass jemand darauf hereinfällt und das Buch für ausgewogen hält, weil es heißt: „Männer auch“! Nichts da. Sie können es nicht besser. Und Humor haben sie auch nicht.

Männer und Frauen kann man in ihrer Gesamtheit nicht mit Begriffen wie „besser“ oder „schlechter“ beschreiben. Dass Ingelore und Isabell Welpe dennoch versuchen, das „Übel des Vergleichs“, wie es Rousseau nannte, zwischen die Geschlechter zu schieben, hat ihnen das Unglück eingebracht, unter dem sie nun leiden. Sie wollen besser sein, können es aber nicht. Nun haben sie den Salat und er schmeckt ihnen nicht. Erst haben sie sich die Knickbrille des Komparativs aufgesetzt, und dann gefällt ihnen das Ergebnis nicht. Und so wird um die Welt der Männer, um ihre Qualitäten und Potentiale eine Mauer des Schweigens errichtet. Es wird im großen Stil weggeguckt und weggedacht.

Weil sie unbedingt „eigene Potentiale“ der Frauen erschaffen wollen, sagen sie nur die halbe Wahrheit. Sie sagen sogar weniger als die halbe Wahrheit, aber schon die ist bekanntlich eine ganze Lüge. Lügen und Ignorieren reichen aber nicht. Es kommt noch üble Nachrede dazu. Und Raub. Denn um diese neuen Potenziale als „eigene“ auszugeben, müssen sie den Männern abgestritten und weggenommen werden.

Deshalb wird uns das Märchen vom bösen Buschmann erzählt und er wird uns als asoziale Wüstlinge hingestellt, der nichts von dem, was er gesammelt hatte, abgeben wollte und – gemein wie er war – den Frauen sagte: Nichts da, ich behalten alles für mich, das ist meine patriarchale Dividende.

So war es nicht. Es gab Arbeitsteilung nach Geschlechtern: Frauen sammelten, Männer jagten. Die Frauen waren ausgeschlossen von der Hetzjagd auf große Tiere; das konnten nur Männer mit großer Ausdauer. Die Jagdbeute wurde grundsätzlich geteilt. So war es. Wieso stellen uns die beiden Verkünder von Wahrheiten die Männer als egoistische Sammler da? Wieso lassen sie sich zu einer Urvölker-Verhetzung hinreißen, bei der sie den Buschmännern, die heute San oder Koi Koi heißen, unterstellen, dass es bei ihnen Ansätze von Geschlechter-Apartheid gab? Warum? Weil sie nur so die Behauptung von „eigenen Potentialen“ aufstellen können.

Sie sind dermaßen mit Blindheit geschlagen, dass sie nicht anders können, als von sich auf andere zu schließen. So schieben sie den schwarzen Peter des sozialen Defizits, den der Feminismus mit sich bringt, weil er das Geschlecht über die soziale Frage stellt, kurzerhand den Männern zu und verlegen ihn in die Vergangenheit. Dabei sind es die Frauen von heute, die sich abgrenzen und sich nicht sozial verhalten. Wenn es um das Einsammeln von Fördergeldern geht – da haben sie enorme Fähigkeiten -, bleiben sie unter sich und profitieren ganz allein von all den Programmen „nur für Frauen“.

Das Geheimnis ist nicht süß

Der Nebel um die „eigenen Potentiale“ erinnert mich an einen Schlager, den wahrscheinlich nur Leser kennen, die noch älter sind als ich: „Jede Frau hat ein süßes Geheimnis“. Was mag das sein? Das fragt man sich auch, wenn die Befürworter der Quote heute so tun, als hätten Frauen ungehobene Schätze an „eigenen Erfahrungen“, an wundersamen „Softskills“, an „soziale Kompetenz“, und überlegener Menschlichkeit. Deshalb ist auch Birgit Schrowange für die Frauenquote: „ … weil Frauen eine größere emotionale Intelligenz haben und deshalb einfach die besseren Führungspersönlichkeiten sind.“ So einfach. So verkünden es alle, die nicht wissen, wovon sie reden, wenn sie den Komparativ benutzen. Die Spatzenhirne pfeifen es von den Dächern.

Take away!

April, April. Es gibt keine „eigenen Potentiale“ der Frauen. Es gibt nur sexistische Propaganda, die Männern Defizite anhängen will.

Man muss sich ständig die Nase zuhalten. Was da verbreitet wird, ist stinkendes Eigenlob; es ist die etwas andere Unanständigkeit, sich Federn an den Hut zu stecken, die unlauter erworben sind. Und jedes Mal wird so getan, als wären das exklusive Fähigkeiten, die Männer nicht haben. Da gibt es immer wieder ein verdecktes Foul, eine Prise Falschbeschuldigung und eine raffinierte Form von Demütigung.

‚NEUE WEGE FÜR JUNGS’ – So heißt ein Programm für Jungs, das sie für soziale Berufe erwärmen will. Gut so – oder? Nach zehn Jahren ‚Girls’ Days’ wird endlich mal was für Jungs getan. Das ist doch ein Schritt in die richtige Richtung – oder?

Nein! Es fällt gar nicht mehr auf, was für eine Boshaftigkeit in dem unscheinbaren „neu“ steckt. Was – bitteschön – ist neu daran, dass sich Jungs sozial engagieren? Hier wird weggedacht wie in Afrika; es wird weggedacht, dass Männer Rettungsdienste, Hilfsorganisationen und soziale Einrichtungen aufgebaut haben und dass Jungs von Feuerwehrautos schwärmen – nicht wegen dem Tatü Tata, sondern weil Bilder von Helfern und Rettern in ihren Träumen aufscheinen. Was ist daran „neu“?

Neu ist die Unterstellung, dass Jungs mit einem Geburtsfehler auf die Welt gekommen sind, dass sie ein soziales Defizit haben. Wie wäre es eigentlich mit ‚NEUE WEGE FÜR POLITIKER’, einem Programm, das ihnen die Möglichkeit gibt, intelligente und ehrliche Politik zu machen?

Männerverachtung gibt es in allen Preislagen, kaum erkennbar oder schrill. So werden Männer schon mal als „halbe Wesen“ beschrieben. Ich wiederhole: als „halbe Wesen“. So spricht nicht etwa eine Sklavenhalterin Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, sondern Cornelia Pieper, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP im Jahre 2007: „Während die Frau sich ständig weiterentwickelt, heute alle Wesenszüge und Rollen in sich vereint, männliche und weibliche, und sich in allen Bereichen selbst verwirklichen kann, blieb der Mann auf seiner Entwicklungsstufe stehen. Als halbes Wesen.“

Nun könnte man auf den Gedanken kommen, dass sich Menschen, die sich viel auf ihre soziale Kompetenz zugute halten, den halben Wesen zur Hilfe eilen. Pustekuchen. Frau Pieper badet lieber im Triumph der Frau: „Er (der Mann) ist weiterhin nur männlich und verschließt sich den weiblichen Eigenschaften wie Toleranz, Sensibilität, Emotionalität. Das heißt, er ist – streng genommen – unfertig und wurde von der Evolution und dem weiblichen Geschlecht überholt.“

Take away!

Das „neue Bewusstsein der Frauen“ hat einen Namen: Sexismus

Das verwundert. Dachten wir doch bisher, Sexismus ginge ausschließlich von Männern aus. Einen Fall von Sexismus haben wir beispielsweise, wenn ein Mann meint, dass Madonna für ihre Erotik-Show zu alt ist. So hat es Sibylle Berg erklärt, die sich inzwischen ihrerseits als Sexistin geoutet hat. Ich erwähne das mit Bedauern, weil ich die Autorin mögen wollte, ich verzichte auch auf Zitate von ihr, ich habe genug Belege aufgetischt. Ich kann aber nachlegen, falls jemand bezweifelt, dass in Sachen Sexismus Frauen die Männer längst abgehängt haben.

The second Sexism, Discrimination Against Men and BoysFalls sie jemals im Hintertreffen waren. Man spricht inzwischen von einem ‚Second Sexism’ (David Benatar: ‚Discrimination Against Men and Boys’). Man kann sich allerdings fragen, ob es nicht der erste ist – und immer schon war. Die Unterstellung, dass Männer angefangen hätten, ist Buschmänner-Beleidigung, die Feministen benutzen, um ihre Attacken als Revanche-Fouls hinzustellen.

Wer auch immer Erster war, es stellt sich die Frage: Was ist Sexismus überhaupt? Manche halten es für eine Art negativen Wunschzettel für Frauen, auf dem sie alles, was sie sich wünschen, auflisten können, das gilt dann als sexistisch und wird abgeschafft. So einfach ist es nicht. Es ist aber auch nicht schwer. Sexismus ist die angemaßte Überlegenheit gegenüber dem anderen Geschlecht.

Wenn Frauen sich für was Besseres halten, dann ist das Sexismus, wenn sie es allein aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit tun. Wenn Männer sich für was Besseres halten, dann ist das kein Sexismus, wenn sie dafür andere Gründe haben.

Das haben sie oft genug. Sie sind in ihre Führungspositionen geraten in Konkurrenz zu Mitbewerbern, die dasselbe Geschlecht haben. Da muss also noch was gewesen sein. Wenn wir das berücksichtigen, dann erscheint auch die leidige „Vorherrschaft der Männer“ in unterschiedlicher Beleuchtung, je nach dem, ob wie sie vor oder nach „dem großen Verdienst der Frauenbewegung“ betrachten.

Vorher:

Die Vorherrschaft ist gerechtfertigt, sie beruht auf Leistung und echter Überlegenheit. In der Vorherrschaft stecken Fürsorge, Liebe und Verantwortung.

Nachher:

Die Vorherrschaft ist keineswegs gerechtfertigt, sie beruht auf dem Geschlechtsunterschied und einer lediglich angemaßten Überlegenheit. In der Vorherrschaft stecken hegemonialer Machtanspruch, Unterdrückung und strukturelle Gewalt gegenüber dem anderen Geschlecht.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Hässlichkeit liegt im Auge der Betrachterin. Der Sexismus macht den Unterschied. Für Sexisten ist das Geschlecht das ein und alles, das muss so sein, weil Sexisten ihre Überlegenheit einzig daraus ableiten. Man kann sie leicht erkennen. Sie hinterlassen Spuren. Sie verraten sich durch ihre Ausdrucksweise. Sie verwenden gerne den Komparativ und schieben den bei jeder Gelegenheit zwischen die Geschlechter, um sich selbst zu den Besseren zu zählen.

Und sie reden gerne in grandioser Verallgemeinerung von „den“ Frauen und „den“ Männern, und „alle“ sind immer „gleich“, denn alle individuellen Merkmale sind für den Sexisten dem Geschlecht untergeordnet. Sexisten haben eine Hymne, von der nur die erste Strophe gesungen wird: „Sex, Sex, über alles, über alles in der Welt …“

Der Sexismus ist nicht als plötzlich aufbrausender Sturm über uns gekommen, sondern als schleichende Verunreinigung des Bewusstseins. Die Zitate, die ich hier mit spitzen Fingern präsentiert habe, sind nicht neu. Die sind nach und nach durch die Maschen unserer Aufmerksamkeit geschlüpft und wurden nicht so ernst genommen, wie sie es verdient hätten. Mancher hat sich vielleicht gedacht: Nun ja, so reden Frauen, die beißen nicht, die wollen nur spielen. So wurde das Grundrauschen langsam lauter und wurde zu einem „anschwellender Ziegengesang“ (um ein Zitat von Botho Strauss, an das sich womöglich noch jemand erinnert, abzuwandeln).

Dabei war es nicht nur das Bewusstsein, das seine Kraft entfaltete. Mit einem System von Fehlanreizen wurde ein Schutzwall aufgeschüttet, der sexistische Anwandlungen von Frauen schützte. Unzählige Frauen und Männer haben ihr Steinchen dazu beigetragen. Jede Quotenfrau tat es; denn das ist ihre Rolle, über die stillschweigende Übereinstimmung herrscht: Sie sind aus sexistischem Geist geschaffen und sollen den sexistischen Geist (der ein Ungeist ist) verbreiten. Inzwischen hat sich eine gewaltige Steinlawine angestaut.

Die Süßspeise

Ich hatte einen Trost angekündigt, eine Süßspeise als Nachtisch, um den dicken Happen, dass Männer körperlich und geistig überlegen sind, etwas verträglicher zu machen. Ich sprach vom „Extrem“ und vom „statistischen Mittel“. Das ist so: Da dominieren Männer.

Na und? Das ist nur Statistik. Das sind tote Zahlen. Das hat mit lebendigen Menschen nichts zu tun. Das stimmt in der Verallgemeinerung, nicht aber im Besonderen. Es ist durchaus möglich, dass mir eine Frau wie Ingelore Welpe sowohl geistig als auch körperlich überlegen ist und dass sie mich im Zweikampf aus Blitzschach und Armdrücken besiegt. Dass Männer im allgemeinen statistisch gesehen überlegen sind, hat für unseren kleinen Wettkampf keine Bedeutung. Weder hilft es ihr, noch behindert es sie.

Es könnte aber sein, dass sie gar nicht erst antritt, weil ihr die Statistik sagt, dass hier Ungerechtigkeit vorliegt. Deshalb fürchte ich auch, dass ihr die Süßspeise nicht schmeckt. Wer auf eigene Leistung vertraut, dem sind Statistiken egal, und wer ein Glückslos gezogen hat, dem ist egal, wie gering die Chance war.

In der Welt der Sexisten gibt es keine eigene Leistung und kein Glück. Aber Nummern.

Literatur:

  • Fela Anikulapo Kuti: ‚Why Black Men Carry Shit’ – da würde ich gerne genaue Angaben machen, aber ich fürchte es nützt nichts. Ich habe das Buch in Lagos gekauft, erfolgreich verliehen und kriege es hier nicht.
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