Der Mann 2013: Arbeits- und Lebenswelten – Wunsch und Wirklichkeit

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Die Studie „DER MANN 2013: Arbeits- und Lebenswelten – Wunsch und Wirklichkeit“ (in der Presse kurz und plakativ „Wie tickt der Mann?“ bezeichnet) beschäftigt sich mit dem Thema Gleichberechtigung. Natürlich in erster Linie aus Sicht der Frau.

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Immerhin wurde diese Studie im Auftrag von Bild der Frau angefertigt. Bemerkenswert für MANNdat ist, dass immerhin 76% der befragten Männer angaben, zumindest „ab und zu“ auf Grund ihres Geschlechts gegenüber Frauen diskriminiert zu werden. Lediglich 29% unterstützen weitere Bevorzugungen von Frauen, während 64% der Männer meinen: „Es reicht mit der Gleichberechtigung!“

In der letzteren Gruppe enthalten sind 6% Männer, die die Ansicht vertreten, Männer würden gegenüber Frauen in der Gesellschaft diskriminiert. Ein unerwartet und bemerkenswert hoher Anteil in Anbetracht stets anderslautender Aussagen aus Politik und Medien.

Dennoch: Propaganda wirkt. Der Glaube, dass es Frauen schwerer im Leben haben als Männer, wird vor allem von Frauen (42%) geteilt (Schaubild 1). Aber auch 29% Prozent der Männer glauben daran. Dabei zeigt die um knapp 6 Jahre niedrigere Lebenserwartung als Gesamtindikator, dass Männer im Lauf des Lebens mehr und größere Probleme zu bewältigen haben als Frauen, mehr Stress ausgesetzt sind (daraus resultierend auch ein höheres Suchverhalten zeigen) und die Probleme der Jungen, Väter und Männer weitestgehend bagatellisiert oder sogar ignoriert werden. Das beginnt damit, dass Jungen in der Schule für gleiche Kompetenzen schlechtere Noten erhalten und bei gleichen Noten seltener Gymnasialempfehlung, was jedoch nicht als Jungendiskriminierung gesehen wird, sondern als „Erfolgsstory“ der Mädchen. Und das Desinteresse endet bei solchen Themen wie männlichen Formen der Depression, obwohl die Rate an vollendeten Selbstmorden in allen Altersklassen deutlich höher ist als bei Frauen. Ganz besonders hoch bei Jungen in der Pubertät.

Darauf geht die Studie nicht ein, was jedoch auf Grund des Auftraggebers der Studie auch nicht zu erwarten war. Dennoch wäre die Auseinandersetzung mit den oben genannten Problemen wichtig, wenn man sich für eine tatsächlich Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern einsetzten will.

Anmerkung: Für die Studie wurde ein repräsentativer Querschnitt von 947 Männern im Alter von 18 bis 65 Jahren, sowie, als Vergleichsgruppe, 546 altersgleiche Frauen befragt. Hier die unserer Meinung nach besonders interessanten Fakten:

Beruflicher Erfolg

Zwar ist Frauen seit 1998 der Erfolg im Beruf wichtiger geworden (Schaubild 2; 1998: 42% auf 2013: 47% Zustimmung). Dennoch liegt das Interesse an beruflichem Erfolg deutlich unter dem der Männer (2013: 59%) und die Differenz zwischen den Geschlechtern hat sich seit 2005 nicht mehr verändert (Differenz: 12%).

Noch deutlicher stellt sich die Situation dar, wenn man die Altersstufen berücksichtigt, für die eine Karriere überhaupt eine reale Option ist: Die untersuchten Altersgruppen von 18 bis 34 und von 35 bis 49 Jahren. Bei der ersten Altergruppe beträgt die Differenz zwischen Männern und Frauen schon 14 Prozent (Schaubild 4), bei der zweiten Altersgruppe sogar 16 Prozent.

Wie dieses deutlich geringere Interesse zusammen mit zahlreichen, für eine Karriere ungeeigneten Studienabschlüssen und den Familien- und Teilzeitpräferenzen von Frauen im Zusammenhang mit der geringeren Zahl von Frauen in Führungspositionen steht, wurde nicht untersucht.

Kinderwunsch

Der Kinderwunsch ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen über die vergangenen 15 Jahre gestiegen. Betrachtet man den Zeitraum 1998 bis 2013, ist der Anstieg bei Männern (von 44% auf 52%) geringfügig größer als bei Frauen (von 58% auf 65%). Die Differenz zwischen den Geschlechtern hat sich aber nur um einen Prozentpunkt verringert (1998: 14%; 2013: 13%), betrachtet man nur den Zeitraum ab 2005, ist er sogar wieder größer geworden (2005: 12% Differenz, 2013: 13% Differenz).

Hier fehlen bedauerlicherweise Untersuchungen über den Einfluss der zahlreichen Väterbenachteiligungen auf das Ergebnis beziehungsweise deren Bekanntheit, denn viele Männer erkennen die Probleme auch heute erst, wenn sie unmittelbar davon betroffen sind.

Persönliche Präferenzen von Männern und Frauen

Sehr interessant sind die persönlichen Präferenzen (Schaubild 3), die Frauen und Männer im Leben haben. An den ersten beiden Stellen stehen für beide Geschlechter die Gesundheit (m: 81%, w: 87%) und eine glückliche Partnerschaft (m: 74%, w: 83%).

An der dritten Stelle unterscheiden sich die Interessen schon: Bei Frauen ist es die Familie (74%) und bei Männern die finanzielle Unabhängigkeit (70%).

Am größten sind die Differenzen zwischen Männern und Frauen bei Äußerlichkeiten („gepflegtes Äußeres“ m: 30%, w: 49%), beim Kinderwunsch (m: 38%, w: 53%) und beim beruflicher Erfolg (m: 44%, w: 32%).

Wunsch und Wirklichkeit

Unterschiede gibt es auch in der Wahrnehmung, was Frauen von Männern wollen und was Männer glauben, dass Frauen es von ihnen wollen (Schaubild 7). Die Unterschiede sind teiweise sogar recht groß. Allerdings fehlt hier eine wichtige Vergleichsgröße – die umgekehrte Frage: Das, was Männer von Frauen erwarten und was Frauen glauben, dass Männer das von ihnen wollen. Es steht zu vermuten, dass auch da die Diskrepanzen erheblich wären.

Bemerkenswert sind auch die Widersprüche, die in den Forderungen der Frauen stecken: So wollen 60 Prozent der Frauen, dass der Mann die Familie ernährt, aber nur 52 Prozent wollen, dass ihm der Beruf wichtig ist. Gleichzeitig verlangen aber 69 Prozent der Frauen, dass er sich „viel“ um die Kinder kümmert, und 66 Prozent erwarten, dass er „viele Aufgaben“ im Haushalt übernimmt. Woher soll er aber dafür die Zeit nehmen, solange er sich für die Familie im Beruf aufopfern soll – in erster Linie wunschgemäß mit einer Vollberufstätigkeit? So wundert es nicht, dass mehr als ein Drittel der Männer (35%) meinen, die Rollenerwartungen der Frauen seien nicht zu erfüllen.

Völlig unberücksichtigt bleibt die Frage, warum Frauen das Recht haben sollen, von Männern die Erfüllung ihrer Wünsche fordern zu dürfen, ohne sich verpflichtet zu fühlen, im gleichen Maß auf die Wünsche und Forderungen von Männern einzugehen.

Lebenswelten

Nur 8 Prozent der jungen Frauen und 20 Prozent der jungen Männer trauern alten Rollenverteilungen nach (Schaubild 17). Und nur 7 Prozent der Männer meinen, sie könnten keine Männer mehr sein, weil das gesellschaftlich nicht anerkannt würde (Schaubild 18). Interessant ist an dieser Stelle, dass genau das mehrheitlich Männer zwischen 40 und 50 Jahren sind, die überdurchschnittlich häufig besonders viele Aufgaben im Haushalt und der Familie übernehmen und auch bei der Berufstätigkeit zurückstecken, um mehr Zeit für die Familie zu haben.

Es scheint so, als würden diese Männer von ihren Frauen und ihrem gesellschaftlichen Umfeld massiv genötigt, sich permanent und bis zur Selbstaufgabe zu verbiegen. Es verwundert nicht, dass diese Männer auch überproportional „über die Stränge“ schlagen und sich betrinken – also ein erhebliches Suchtrisiko aufweisen.

Ansichten zur Gleichberechtigung

Besonders bemerkenswert sind die Schaubilder 19 bis 22: Nur 28% der Männer glauben, dass Frauen noch nicht gleichberechtigt gegenüber Männern seien (Schaubild 19). Bei den Frauen sind das immerhin 45 Prozent. Schon 6 Prozent der Männer meinen inzwischen, dass Männer gegenüber Frauen diskriminiert werden. In dem Zusammenhang besonders interessant: Frauen scheinen gegenüber Männerdiskriminierungen völlig blind zu sein: Null Prozent stimmte dieser Aussage zu.

Nur 29% der Männer sind der Meinung, es müsse noch mehr für die Gleichberechtigung der Frauen getan werden (Schaubild 20), während 28% der Männer und immerhin 13% der Frauen meinen, mit der Gleichberechtigung werde es schon übertrieben. Wobei wohl an dieser Stelle eher „Gleichstellung“ gemeint ist.

[Anmerkung: Der Absatz wurde nach Klärung der Differenz zwischen dem Schaubild 56 und 22 am 02.10.2013 geändert]: Laut Schaubild 22 erklärten 41% der Männer und rund 83% der Frauen, dass sie sich irgendwann schon einmal auf Grund ihres Geschlechts benachteiligt gefühlt haben. Das sieht  zunächst nach einer eindeutigen Bestätigung von Frauenbenachteiligungen aus. Der Anteil der Männer, die sich zumindest ab und zu auf Grund Ihres Geschlechts benachteiligt sehen, ist dennoch bemerkenswert. Immerhin steht die Vermutung im Raum, dass die Mehrzahl der Befragten (im Gegensatz zur weiblichen Vergleichsgruppe) nur einen Bruchteil der Diskriminierungen kennt, die Deutschland für Männer bereit hält. Dennoch würden 76% der Männer, die zumindest ab und zu Diskriminierungen erfahren haben, wieder als Männer geboren werden wollen (Schaubild 56). Zumindest der Stolz der Männer auf die eigenen und die historischen Leistungen von Männern allgemein scheint ungebrochen zu sein.

Interessant: Frauen berichten mit Abstand am häufigsten von Nachteilen bei Löhnen und von Benachteiligungen im Beruf. Wie sehr das auf tatsächlichen Erlebnissen beruht oder ob das eher eine Folge der regelmäßigen Beschallung mit Falschbehauptungen (beispielsweise der 23%-weniger-Gehalt-bei-gleicher-Arbeit-Lüge) ist, wurde genauso wenig untersucht, wie die Folgen der unterschiedlichen Sensibilisierung von Frauen und Männern bei dieser Problematik.

Hausarbeit als Maß der Dinge?

Auf Seite 40 wird von den Erstellern der Studie behauptet:

Die Asymmetrie [Anm: Beim Umfang der geleisteten Hausarbeit] zwischen den Geschlechtern ist dabei nur zu einem kleinen Teil Folge eines im Durchschnitt unterschiedlichen Grades der Berufstätigkeit von Männern und Frauen. So sind zwar 18- bis 65-jährige Männer, die mit einer Partnerin zusammenleben, zu 82 Prozent vollzeitberufstätig, von den altersgleichen Frauen in Partnerschaften dagegen nur 42 Prozent. Weitere 35 Prozent von ihnen sind dagegen teilzeitberufstätig.

Das trifft so nicht zu. Richtig ist, dass es Konstellationen in Familien gibt, bei denen Frauen im Durchschnitt eine höhere Gesamtarbeitsbelastung (Berufstätigkeit + Hausarbeit + Kinderbetreuung) haben als ihre Partner. Dazu zählt die Partnerschaft, in denen beide Vollberufstätig sind oder auch Rentnerpaare.

Bei Familien hingegen, wo die Frau Hausfrau oder nur in Teilzeit beschäftigt ist (und zwar sowohl mit als auch ohne Kinder), haben Männer eine höhere, teilweise sogar eine deutlich höhere Gesamtarbeitsbelastung als Frauen, wie die Studie „Wo bleibt die Zeit?“ des statistischen Bundesamtes im Auftrag des Familienministeriums (Grafik „Arbeitsteilung von Paaren“ auf Dokumenten-Seite 15) bereits für die Jahre 2001/2002 zeigte.

Die Diskrepanz zu Ungunsten der Männer dürfte inzwischen sogar noch zugenommen haben. Von einer „bequemen Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern im Haushalt“ zu sprechen, wie das die Studie auf Seite 46 tut, geht daher an der Realität weit vorbei, da das einzige Kriterium für „bequem“ oder „nicht bequem“ im Rahmen einer Partnerschaft nur die Gesamtarbeitsbelastung sein kann und nicht die isolierte Betrachtung der Hausarbeit.

Berufstätigkeit der Partner

Es gibt nur geringe Unterschiede in den Vorstellungen von Männern und Frauen, was die berufliche Arbeitsverteilung betrifft (Schaubild 40), mit zwei sehr interessanten Fakten: Erstens wollen 44% der Männer und 46% der Frauen, dass beide Partner in Vollzeit arbeiten und sich gemeinsam um Kinder und Haushalt kümmern – ein bemerkenswert hoher Anteil.

Mindestens ebenso interessant ist zweitens, dass allen feministischen Beteuerungen zum Trotz gerade einmal 9% der Frauen bereit wären, die Alleinernährerrolle zu übernehmen, sich das beim Mann aber zu 33 Prozent vorstellen können.

Angst vor starken Frauen?

Lediglich 22% der Männer hätten ein Problem mit einer Frau, die beruflich erfolgreicher ist (Schaubild 44). Bemerkenswert auch das Ergebnis, dass 18% der Frauen Probleme hätten, mit einem beruflich weniger erfolgreichen Mann liiert zu sein (Anhangschaubild 4). Die feministische Behauptung, erfolgreiche Frauen hätten deshalb so viele Probleme mit der Partnerwahl, weil die meisten Männer „Angst“ vor starken Frauen hätten, lässt sich damit eher widerlegen als bestätigen.

Frauen sind die besseren [irgendwas]?

Erfreulich: Im Kapitel „Sind Frauen die besseren Führungskräfte?“ ab Seite 63 der Studie, welches sich mit den Einschätzungen der Studienteilnehmer zu den (Führungs-)Eigenschaften von Frauen und Männern beschäftigt, zeigt sich, dass das ewige Mantra „Frauen sind die besseren …“ (für … irgendeine beliebige Eigenschaft einsetzen) in der Bevölkerung noch keine massiven Spuren hinterlassen hat. Offensichtlich ist für die Mehrheit der Bevölkerung die Realität bei der Einschätzung wesentlicher als Frauen lobhudelnde Überschriften in den Medien.

Mütter haben es leichter

Ab Seite 69 der Studie wird die mangelnde Akzeptanz von Vätern im Vergleich zu Müttern thematisiert, speziell was das Verständnis im beruflichen Umfeld angeht.

Bemerkenswert ein Nebenresultat: Obwohl bereits jetzt schon sehr viel mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten, würden 30 Prozent der Frauen gerne ihre Arbeitszeit weiter reduzieren (gegenüber 19% der Männer, Schaubild 49). Besonders interessant: Während 69% der Männer eine Reduktion der Arbeitszeit nutzen würden, um mehr Zeit für sich selbst zu haben, sind es bei den Frauen sogar 75%. Und 59% der Männer, die sich darauf freuen würden, mehr Zeit mit der Partnerin zu verbringen, stehen nur 40% der Frauen gegenüber, die das auch so sehen. Wäre das Ergebnis umgekehrt, würde man bestimmt wieder männliche Defizite erkennen.

Zusammenfassung

Insgesamt liefert die Studie „Wie tickt der Mann?“, trotz der zu Beginn genannten Mängel, eine Vielzahl an interessanten Fakten. Leider – und vermutlich auf Grund der Erwartungen des Auftraggebers der Studie – wird kein neutraler Standpunkt, sondern die einseitig feministische Sichtweise eingenommen, die die Erwartungen von Frauen an die Partnerschaft als das ultimative Maß aller Dinge betrachtet und ernsthaft glaubt, Männer müssten auf jeden Fall die Erwartungen der Frauen erfüllen.

Wenn Männer überhaupt etwas müssen, dann müssen sie lernen, so zu leben, wie sie es selbst für richtig halten. Und lernen, ihre Forderungen und Wünsche an die Frauen genauso deutlich und laut zu formulieren, wie das die Frauen schon seit Jahrzehnten tun.

Der Artikel erschien zuerst bei MANNdat.

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