Hochschulen, Kommunen, Ministerien und Betriebe fluten die deutsche Sprache mit Vorgaben zur „wertschätzenden“ und „geschlechterumgreifenden“ Kommunikation. Die Stadt Köln stellt sich mit einem 56 Seiten-„Leitfaden“ an die Spitze des Wahnsinns.
Ist es nicht bewundernswert, was Deutschland umtreibt? Da rackern sich – vom Steuerzahler oder vom GEZ-Zwangsgebührenzahler üppig finanziert – Tausende an Sprach-„Wissenschaftlern“, Gleichstellungsbeauftragten, Duden-Beratern, Talkshow-Ladies, ARD/ZDF-Moderatoren ab, um dem Volk gouvernantenhaft endlich die Sprache zu entreißen. Hochschulen, Kommunen, Ministerien und Betriebe, die etwas auf sich halten, fluten das, was einst deutsche Sprache war, mit „Leitfäden“ zur „wertschätzenden“ und „geschlechterumgreifenden“ Kommunikation.
Getoppt hat das die Stadt Köln, angeführt von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (am Rande: Das war die mit der „Armlänge Abstand“). Frau Reker firmiert nun als Herausgeberin für 56 Seiten „Leitfaden“, erarbeitet vom „Diversity Arbeitskreis“. Apropos „Arbeitskreis“: Hier werden sich die Verfasser schon ein zweites Mal untreu, schließlich heißt es ja „der“ Leitfaden und nun auch „der“ Arbeitskreis. Buh, das geht doch gar nicht. Aber es ist ernst: Der „Leitfaden“ gilt seit 1. März 2021 und ist bis Ende 2022 umzusetzen. Köln folgt damit der kommunalen Gender-Avantgarde Hannover, wo man Entsprechendes seit 2018 pflegt.
Klar, dass die Oberbürgermeisterin bei so viel Revolution das Vorwort an das „liebe Kollegium“ beisteuert. „Kollegium“ heißt immerhin: Der Bürger Normalo ist (noch?) nicht gemeint. Gemeint ist die Stadtverwaltung mit ihren rund 17.000 Mitarbeitern. Insofern sind wir ein wenig beruhigt. Auch weil man mit dem neuen Leitfaden an die 10,6 Prozent LSBTI-Personen in Köln (so der „Leitfaden“) denkt. In den Jahren 2019 und 2020 haben sich immerhin ganze zwei Personen in Kölns Standesämtern das Geschlecht „divers“ eintragen lassen.
„Vater“ und „Mutter“ sollen auch vermieden werden. „Elternteil“ ist angesagt. Denn es gebe ja auch Regenbogenfamilien mit „Vater/Vater“ oder „Mutter/Mutter“.
Im Leitfaden liest man dann unter anderem: 75mal den Gender-Asterisk etwa in Kölner*innen, Expert*innen, Kolleg*innen, Einwohner*innen, Freund*innen, Medienmacher*innen, jede*r. Und: Türsteher*innen (sic!). Oder: „Frau X mit ihrem Mann“ soll zukünftig heißen „Frau X mit Partner*in“. Als Anrede ist zukünftig zum Beispiel vorgesehen: „Sehr geehrt*e Kim Schmitz“.
Das Ganze ist angeblich auch aussprechbar: mit einem „glottalen Stopp“. Letzterer wird wie folgt erklärt: „Dabei handelt es sich um eine kurze Sprechpause … Diese Pause ist ähnlich wie die kurzen Pausen bei den Wörtern be-inhaltet oder The-ater“. Logopäden werden einiges zu tun haben, sofern sie nicht von den Anne Wills, Claus Klebers oder Petra Gersters in Beschlag genommen sind.
Aber es soll auch Möglichkeiten geben, den Gender-Asterisk (oder Obelisk oder Idefisk oder Mirakulisk oder Troubadisk?) zu vermeiden: Aus Mitarbeitern werden Mitarbeitende, aus Antragstellern Antragstellende, aus Bewerbern Bewerbende, aus Studenten Studierende. Damit werden Konstruktionen möglich wie die folgenden: „Im Hörsaal sitzen schlafende Studierende“ Ja, was denn nun, schlafen sie oder studieren sie? Oder betreiben sie Hypnopädie? Oder nehmen wir den makabren Satz: „In unserer Stadt hatten wir letztes Jahr drei tote Radfahrende.“ Also doch nicht tot oder auferstanden? „Studierend“ und „radfahrend“ ist ein Partizip Präsens: Da tut eine Person gerade eben etwas. Also kann sie nicht schlafend oder tot sein. Außerdem gibt es in Köln ab sofort „Einwohnende“! Klingt dummerweise ein wenig nach dem bekannten “Einsitzende“.
Leider fangen nun auch immer mehr Unternehmen an, „gendersensible“ Sprache zu verwenden. Audi entwickelte Anfang 2021 einen 13-seitigen Leitfaden mit dem Titel „Vorsprung beginnt im Kopf“. Audi hat sich für den sogenannten „Gender Gap“ entschieden, den Unterstrich. Beispiel: „Audianer_innen“. Bei der Entwicklung des Leitfadens arbeitete Audi mit der „Prout at Work“ zusammen; das ist eine Stiftung, die LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz sichtbar machen will. Klar, man spielt sich die Bälle oder (Bäll*_:/Innen?) zu. Interessant ist jedenfalls, dass sich die Stadt Köln beim Pharmaunternehmen Boehinger-Ingelheim dafür bedankt, dass man deren bereits vorhandene Gender-Fibel hatte nutzen bzw. abkupfern dürfen.
Dürfen wir dennoch hoffen? Goethe schrieb 1817 in seinen „Schriften zu Literatur und Theater“: „… die Zeit wird kommen, wo der Deutsche wieder fragt: auf welchen Wegen es seinen Vorfahren wohl gelungen ist, die Sprache auf den hohen Grad von Selbständigkeit zu bringen, dessen sie sich jetzt erfreut.“ Aber das war vor 204 Jahren – lange vor der Gender-Pandemie und lange vor der Dekadenz deutscher Sprache.
Der Artikel erschien zuerst auf Tichys Einblick.