Bei der Frauenquotenpolitik geht es darum, ein Mittel zu finden, um sich auf dem Arbeitsmarkt und in den Personalhierarchien privater Unternehmungen und öffentlicher Organisationen in der subjektiv als übermächtig erlebten Konkurrenz gegenüber Männern Sondervorteile zu verschaffen.
In der Durchsetzung dieser Interessen gibt es bis hin zum offenen Verfassungsbruch kaum Hemmungen. Allerdings muss der feministischen Rechtfertigungsrhetorik, die hierfür entwickelt worden ist („Geschlechtergerechtigkeit“ usw.), Respekt gezollt werden.
Denn soviel Heuchelei auf einmal ist auf seine Weise eine historische Leistung. Aber wir haben es eben nur mit Rhetorik und nicht mit Begründungen zu tun. Begründungen müssen in logischer Hinsicht fehlerfrei und in empirischer Hinsicht gültig sein. Da die empirische Seite bereits hinlänglich kritisiert worden ist, soll hier der logischen Kohärenz Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Gideon Böss hat einen Artikel mit dem Titel „Mit Sexismus für die Frauenquote“ veröffentlicht. Er schreibt u. a. folgendes:
“Die SPD will eine Frauenquote in Führungspositionen. Als Teil der dazugehörigen Kampagne startete gerade #BockAufQuote. Dabei stellen Frauen ein Bild von sich online, auf dem steht: „Ich werde dann mal Chefin“. Dass Quotenregelungen immer automatisch die Diskriminierungen all jener zur Folge haben, die nicht in den Genuss der Quote kommen, scheint sie dabei nicht zu stören. Stattdessen betonen die Befürworter der #BockAufQuoten-Kampagne immer die wichtige Signalwirkung, die mehr weibliche Führungskräfte für die Frauen insgesamt hätten. Damit haben sie sich für die edlere von zwei möglichen Deutungen entschieden.”
“Unabhängig von allem anderem, ist dieser Quoten-Vorstoß natürlich der pure Sexismus. Schließlich soll der prüfende Blick auf die Genitalien darüber entscheiden, wer die Führungsposition bekommt. Die #BockAufQuote-Kampagne würde jedenfalls nichts an Glaubwürdigkeit verlieren, würde sie #BockAufSexismus heißen. Aber das klingt halt einfach zu hässlich.”
Die Kommentatorin Corinne schreibt dazu (ebd.):
“Beim Global Gender Gap Report des World Economic Forum ist Deutschland wieder auf einem hinteren Platz gelandet. Man kann doch nicht ständig so tun, als würden Frauen und Männer mit den gleichen Vorraussetzungen starten, wenn dem nicht so ist. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen ist eine Tatsache. Wenn beide Geschlechter von der gleichen Basis aus starten, kann man all die Argumente oben diskutieren. Bis dahin braucht man die Quote.” (Hervorhebung: GB)
Aber Corinne befindet sich im Irrtum: Die – wie immer in solchen Fällen bloß behauptete – strukturelle Benachteiligung von Frauen ist eben k e i n e Tatsache, sondern ein feministisches Dogma, das ich „Patriarchatsdogma“ nenne. Im übrigen braucht niemand die Ziele und Maßstäbe zu akzeptieren, die dem Global Gender Report des World Economic Forum normativ vorausgesetzt sind. Sie müßten allererst einmal begründet werden, um akzeptiert werden zu können. Fehlanzeige: das Dogma schlägt überall durch.
Der Feminismus behauptet mit der Kategorie gender selbstwidersprüchlich, dass es nicht nur zwei Geschlechter gebe, nämlich Mann und Frau, sondern – soziologistisch gedacht – keines oder nur eines oder viele Geschlechter, und zwar im Sinne eines vermeintlich existierenden Kontinuums von Geschlechtlichkeit überhaupt, während er zugleich mit der Frauenquotenpolitik nach rein biologischen Kriterien nur diese Teilmenge (Frauen) zu Lasten der anderen (Männer) bevorteilen will.
Er ist also mit der ersten Haltung anti-biologisch und soziologistisch, mit der zweiten aber strikt biologisch und anti-soziologisch. Denn soziologisch ist nicht die Geschlechtszugehörigkeit relevant, sondern die Klassen- und Schichtzugehörigkeit von Personen, einerlei welchen Geschlechts. Deshalb gibt es auch in allen Klassen und Schichten notwendigerweise Männer und Frauen. Und deshalb geht die Argumentation von Judith Schoenen fehl; sie ist wie alle anderen Feministinnen gefangen vom falschen Schema der feministischen Dichotomie und sie versteht deshalb die Stratifikation der bürgerlichen Gesellschaft nicht.
Auch gesellschaftliche Klassen und Schichten reproduzieren sich – bei gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen – biologisch, und das heißt, einmal abgesehen von sozialen Auf- und Abstiegen, in sich, und zwar mittels Heterosexualität sowie der gesellschaftlichen Institution der Familie. Erodiert diese, u. a. wegen einer falschen Familienpolitik, dann geht das tendenziell zu Lasten einer gelingenden biologischen Reproduktion.
Wer also im Zusammenhang mit Frauenquoten die Gender-Kategorie benutzt, der befindet sich bereits in einem logischen Selbstwiderspruch, weil gender keinen Geschlechtsdimorphismus – also die Geschlechterpolarität von Mann und Frau – kennt.
Die Forderung nach Frauenquoten ist eine Forderung ausschließlich anhand eines biologischen Merkmals, nämlich der Geschlechtszugehörigkeit als Frau (vgl. dazu auch „Von Natur aus besser? Der Biologismus hinter der Frauenquote in Aufsichtsräten“). Und die Forderung nach Frauenquoten ist nichts anderes als Ausdruck eines nackten verteilungspolitischen Anspruchs, d. h. eines Anspruchs ohne irgendeine tragfähige Begründung, ein Anspruch, der bestenfalls mit dürftigen Rechtfertigungsversuchen bemäntelt wird.
Die machtpolitische Haltung dahinter ist eine nihilistische, weil allein die faktische Durchsetzung zählt. Das erklärt auch die Gleichgültigkeit gegenüber Wissenschaftlichkeit und Wahrheit und die auffällige Gleichgültigkeit und Hemmungslosigkeit von Feministinnen im Umgang mit diesen Eckpfeilern der Aufklärung.
Wer hingegen mit der Gender-Kategorie (Judith Butler, et. al.) operiert, der hat keine Grundlage dafür, für „Frauen“ Subventionen und Privilegien (Quoten z. B., oder Forschungsmittel für Frauenforschung = Gender Studies) einzufordern, denn die Gender-Kategorie suspendiert den Geschlechtsdimorphismus – also die Kategorien Mann und Frau, die es aus dieser Sicht gar nicht gibt, weil die biologische bzw. anthropologische Grundlage der Gesellschaft, der Mensch als Natur, verleugnet wird.
Soviel zur „Logik“ des Feminismus.
Prof. Dr. Güter Buchholz, Jahrgang 1946, hat in Bremen und Wuppertal Wirtschaftswissenschaften studiert, Promotion in Wuppertal 1983 zum Dr. rer. oec., Berufstätigkeit als Senior Consultant, Prof. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Consulting an der FH Hannover, Fakultät IV: Wirtschaft und Informatik, Abteilung Betriebswirtschaft. Seit 2011 emeritiert.