Ein „Manifest für den Mann“ – das müsste doch was für mich sein! Noch dazu ein „notwendiges“. Die erste Forderung, die Ralf Bönt aufstellt, lautet: „Wir brauchen das Recht auf ein karrierefreies Leben.“
Das passt gut zu der Hintergrundmusik, die wir gerade hören: Da singt ein großer Chor von besseren Karrierechancen für Frauen und stimmt das Lob auf die Quote an, weil sie dafür sorgt, dass in Führungspositionen nicht mehr so viele Überstunden gemacht werden. Es passt auch gut zu dem vielstimmigen Klagelied über ehrgeizige Männer, die schon deshalb keine guten Väter sein können, weil sie zu viel arbeiten.
Ein alter Hut. Schon Esther Villar hatte eine Utopie ausgemalt, in der die Arbeitszeit grundsätzlich auf 25 Stunden in der Woche begrenzt ist. Man kann verstehen, wie es zu so einer Wunschvorstellung kommt – und es verträgt sich gut mit der neuen Idee vom bedingungslosen Grundgehalt. Aber ist es mehr als nur eine Wunschvorstellung?
Es erinnert auch an einen Witz: Fragt der Lehrer ein junges Mädchen, was sie später mal werden möchte und sie antwortet: Karriereverzichterin. So witzig ist das nicht. Eine Frau kann sich so einen Lebenslauf finanzieren lassen. Ein Mann auch? Sollte er ein Recht darauf haben?
Die anderen beiden Rechte sind: das „Recht auf Krankheit“ und das „Recht auf eine geehrte Sexualität“. Soweit das Manifest. Mehr nicht. Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass Ralf Bönt eigentlich etwas anderes als ein „Manifest für den Mann“ schreiben wollte. Er hat auch etwas anderes geschrieben – und das muss ja nicht schlecht sein. Ist es aber.
Das Buch wirkt wie ein Zirkusprogramm, bei dem als großartige Ouvertüre die Vorführung der Elefanten kommt und danach in voller Länge die Dressur der weißen Häschen. Zuerst werden riesige Brücken geschlagen, die von der französischen Revolution bis heute reichen, da wird mit großen Begriffen jongliert, da wird theoretisiert und verallgemeinert – und dann wird das Besondere vorgeführt: Es folgt eine detailreiche, anrührende Anekdotensammlung aus seinem Leben, die gekonnt geschrieben ist, manchmal recht belanglos wirkt, aber immerhin wahr ist.
Mehr und mehr lernt man den Autor, dem man keine falsche Bescheidenheit nachsagen kann, persönlich kennen und man erfährt, wie er in Sachen Sex und Vaterschaft alles richtig gemacht hat. Schön für ihn. Weil er so ein vorbildliches Verhältnis zu seinem Sohn hat, hat sich seine Frau gleich noch mal in ihn verliebt. Sprachlich wird das Buch immer besser, je mehr es sich von dem Anspruch entfernt, ein „notwendiges Manifest für den Mann“ zu sein. Wenn es hieße „Wie man sich als guter Vater fühlt“, würde ich 5 Sterne als Bewertung vergeben. Oder sagen wir 4. Mit der Situation der Männer von heute hat es allerdings wenig zu tun. Er beschreibt die Ausnahme, nicht die Regel.
Seine Sätze vom Vaterglück können einem Tränen in die Augen treiben. Da habe ich so manche Stelle angestrichen, die ich mochte (ich bin selber Vater), die mich aber auch aufgewühlt hat, weil er in der Besoffenheit von seinem Glück die tatsächliche Situation der Männer und die Verheerungen, die der Feminismus gebracht hat – gerade im Hinblick auf die Kinder -, aus dem Blick verloren hat. Dabei müsste das sein eigentliches Thema sein. Ein guter Vater ist man nicht, wenn man sich gut fühlt, sondern wenn man sich darum sorgt, dass es die Kinder gut haben.
Es heißt da: „Frauen, die ihren Mann gar nicht zuhause haben wollen, weil das ihr Reich ist, sind nicht akzeptabel. Frauen, die nur auf ihre Kinder fixiert sind, die ihre ganze Liebe auf das Kind konzentrieren, sind nicht akzeptabel. Frauen, die ihre eigene Sexualität allein für etwas schon Ehrbares ansehen, während die ihres Mannes noch domestiziert werden muss, für deren Erfüllung der Mann ansteht, bettelt, wartet und hungert, mit anderen Worten: passive, ablehnende, in ihrer Weiblichkeit geizig badende Frauen? Nein danke.“
Das klingt gut – oder? Oder auch nicht. Die Formel „nicht akzeptabel“ kam mir gleich verdächtig vor. Die kennt man, wenn man gelegentlich Texte von Feministen liest, die irgendeine Handlungsweise, irgendeine Formulierung oder irgendeinen Witz „nicht akzeptabel“ finden. So reden sie. Sie maßen sich an, etwas nicht akzeptabel zu finden, weil sie es können, weil sie die entsprechende Rechtssprechung und Mehrheitsmeinung im Hintergrund haben. So aufzutreten – das muss man sich leisten können. Männer können das nicht. Man stelle sich vor, ein Vater, dem sein Kind entzogen wird, erklärt dem Richter, dem Anwalt und der Ehefrau, dass er das „nicht akzeptabel“ findet. Und dann?
Es stimmt ja, wenn Ralf Bönt sagt, dass es Männer zugelassen hätten, dass ein Vater heute nichts mehr „wert“ ist; er sagt aber nicht, wie es dazu kommen konnte und was man daran ändern kann. Er gibt jedoch unfreiwillig Beispiele für eine Haltung, die so eine Schieflage ermöglicht und befördert hat – und zwar immer dann, wenn er die Feministen über den grünen Klee entschuldigt und ihre Falschheiten als notwendige Reaktionen rechtfertigt.
Das „Manifest für den Mann“ verbleibt in vornehmer, aber auch feiger Distanz zur Realität der Familienzerstörung. Ralf Bönt versucht, sich die hässliche Wahrheit, dass gerade der Feminismus an diesem Elend einen gewaltigen Anteil hat, schön zu trinken und berauscht sich daran, dass er nicht betroffen ist.
Wie weit er danebenliegt, offenbart dieser Satz: „Der Feminismus hat mir das größte Geschenk gemacht, das ich in meinem Leben erhalten habe: ein intaktes emotionales Verhältnis zu meinen Kindern.“ Da kann ich jeden entsorgten Vater verstehen, der an dieser Stelle an die Decke geht. Man sollte Herrn Bönt endlich mal verraten – auch wenn es bitter ist -, dass nicht der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Der Feminismus macht solche „Geschenke“ nicht. Das will er gar nicht. Hier spricht jemand, der sein Vaterglück nicht so recht in Worte fassen kann und der keine Ahnung vom real existierenden Feminismus hat, von seinen Intentionen und Auswirkungen. Dabei könnte man das leicht erforschen, es ist alles da, there is nothing hidden anywhere.
Richtig wäre, wenn er sagen würde: Der Feminismus hat mich verschont, er hat mir nicht das angetan, was er tausenden von Vätern angetan hat, die nun verzweifelt und vergeblich Prozesse führen, um ihre Kinder sehen zu dürfen. Ralf Bönt kommt mir vor wie Asterix in einer Zeit, in der ganz Gallien von den Römern beherrscht ist. Heute – um im Bild zu bleiben – ist flächendeckend ein familienfeindliches Regime installiert. Ganz Gallien? Nein, es gibt noch eine Insel der Seligen. Von so einer Insel berichtet er. Er merkt aber nicht, dass die Männer heute keinen Zaubertrank haben, der es ihnen ermöglicht, ruckartig so stark zu werden, dass sie mit solchen Formulierungen wie „nicht akzeptabel“ auftrumpfen könnten. Man muss auch die Macht haben, so reden zu können. Er hat den Zaubertrank in Wirklichkeit auch nicht. Er hat nur Glück gehabt – das Glück, dass die gesetzlichen Regelungen, die auch ihn stürzen könnten, nicht auf ihn angewendet wurden. So kann er anderen Männern keine Ratschläge geben.
„Sie hat ihm ein Kind geschenkt“ – nein, der Satz steht nicht in dem Buch. Er erscheint uns sowieso wie ein Knochenfund aus einer versunkenen Welt. Feministen schenken nicht, sie stellen Rechnungen. Je weniger Nachwuchs eine Gesellschaft hat, desto teurer wird er. Ich habe das nur geschrieben, weil ich auch mal einen Satz bilden (oder zitieren) wollte, in dem „geschenkt“ im Zusammenhang mit Kindern vorkommt, und weil man daran sehen kann, wie weit die Welten auseinander liegen.
Hat es der aufmerksame Leser bemerkt? Ralf Bönt nennt es nicht nur ein „Geschenk“, oder ein „großes“ Geschenk, sondern das „größte“, und er wirft obendrein sein ganzes Leben in die Waagschale, um den Superlativ noch mehr aufzublähen. Alice Schwarzer redet so. Siegmar Gabriel. Teenager tun es. Narzisstisch gestörte Patienten tun es. Immer im XXL-Modus. Die können vermutlich nicht mehr anders. Für die ist der Superlativ die Grundform. Da fragt man sich schon: Was mag ihm der Feminismus wohl sonst noch für Geschenke gemacht haben? Kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft.
Auch den nächsten Satz nehme ich ihm herzlich übel (er schließt an das „intakte Verhältnis“ zu den Kindern an): „Die Männer in der Generation meines Vaters träumten davon nicht, nicht einmal ohne sich am Morgen noch daran zu erinnern …“
Mein Vater ist Pädagoge, ich könnte auch etwas über die Männer dieser Generation sagen. Mein Vater hat mir Jean Paul nahegebracht – allein durch seine eigene Begeisterung für diese einfühlsame Art, das Glück der Kindheit zu beschreiben. Da scheint eine Herzlichkeit auf, die einem fremd bleiben muss, der mit der Sensibilität einer Planierraupe über die Träume einer ganzen Generation urteilt und sogar noch über das Gefühl am Morgen spottet wie jemand, der einem, der am Boden liegt, noch einen Tritt verpasst. Wenn die Ehre noch den Wert hätte wie im neunzehnten Jahrhundert – was sie natürlich im Zeitalter des „entehrten Geschlechts“ nicht hat -, müsste ich ihn wegen Beleidigung meines Vaters im Namen seiner ganzen Generation zum Duell herausfordern. Ich hätte den ersten Schuss.
Das Dilemma liegt darin, dass er keine Bestandsaufnahme macht. Damit meine ich nicht nur Zahlen, Fakten und Fälle (außer seinem eigenen Fall und dem von seinem Freund), sondern auch einen Überblick darüber, wie sich die Gesetze geändert haben. Und so bleibt es bei dem Versuch, Wolkenbilder zu malen und allgemeine Befindlichkeiten zu beschreiben. Im Anhang finden sich drei Quellenangaben, die zugleich die Fundamente seines Manifestes sind: Es sind drei feministische Standardwerke, eins davon – richtig! – ist von Simone des Beauvoire. Ich hätte ihm da noch ein paar Tipps geben können. Zu spät. Es fehlt ihm einfach der Stoff. Und die Aktualität. Seine drei Ikonen des Feminismus sind tot, eine davon schon lange.
Leider verfällt er auch den heillosen Übertreibungen, die so charakteristisch sind für zwei Drittel von seinen Grundlagentexten. Da fragt man sich schon: Wie kann jemand, der sich als Schriftsteller versteht und nicht etwa als Praktikant in einem Propagandaministerium, freiwillig mit solchen Dokumenten von Verständnislosigkeit auftrumpfen? Und das in einer Sprache, die so laut ist, dass man sich wünscht, das Buch hätte an einigen Stellen einen Lautstärkeregler? Er kann.
„Die Revolution der Frauen hat sich am Ende so viel Zeit genommen, dass sie als solche gar nicht mehr wahrnehmbar ist. Ihre Existenz und ihr Erfolg sind aber nicht zu leugnen. Nicht nur sind die Frauen jeden Alters durchdrungen von der Kenntnis ihres Loses und gestalten ihr Leben bewusst …“
Ist dem aufmerksamen Leser die kleine Formulierung „jeden Alters“ aufgefallen? Damit will er hervorheben, dass selbst zweijährige Mädchen und demenzkranke Rentnerinnen kurz vor ihrem Tod „durchdrungen“ sind von der „Kenntnis ihres Loses“ und dass sie ihr „Leben“ „bewusst“ „gestalten“ – lost in exaggeration. Noch eine Kostprobe:
„Trotz noch immer ungleichem Lohn für gleiche Arbeit und der Niederlage Hillary Clintons gegen Barack Obama: Frauen sind auf ihrem Weg der Gleichberechtigung sehr weit.“
Oh Schande des Kitsches! Hier spricht ein Autor, der nicht mit der gefürchteten Genitiv-Metaphorik umgehen kann, dem Pickel der Peinlichkeit: „Weg der Gleichberechtigung“ – was soll das denn sein? Da denken wir doch gleich an den „Platz des himmlischen Friedens“, an die „Nacht der reitenden Leichen“, und an „des nackten Wahnsinns fette Beute“ – was so eine Stilfigur eben hergibt.
Es gibt da keinen „Weg“. Die „Gleichberechtigung“ ist nicht in Bewegung. Man hat ein Recht oder hat es nicht. Man ist nicht auf dem Weg dahin. Frau Clinton hat das passive Wahlrecht, sie hat das Recht, sich aufstellen zu lassen, sie hat aber nicht das Recht zu gewinnen. Man unterscheidet da zwischen Chancengleichheit und Ergebnisgleichheit. Die Problematik scheint ihm fremd zu sein.
Voll auf den Leim gegangen ist er der Legende vom ungleichen Lohn bei „gleicher“ Arbeit. Das hatte zwar Ursula von der Leyen auf einer Seite der Regierung verbreitet, sie hat es aber wieder zurückgenommen, weil es nicht stimmt. Das hat er wohl nicht mitgekriegt. Er hätte es aber ohne große Mühe (wenn er schon mal ein Buch zu dem Thema schreibt) recherchieren können. Außerdem ist er Wissenschaftler, er müsste mit Statistiken umgehen können und müsste den Schwindel schnell durchschauen. Das ist keine Kleinigkeit. Hier haben wir ihn nicht etwa bei einer lässlichen Schlamperei erwischt. Hier verbreitet er vorsätzlich Desinformation. Dabei tun das schon andere. Das muss er nicht noch in einem „notwendigen Manifest für den Mann“ wiederkäuen, um den Marsch zu blasen für Frauen, die auf ihrem „Weg der Gleichberechtigung“ siegreich voranschreiten.
So viele gelbe Karten, wie man für stilistische Fouls vergeben müsste, haben wir gar nicht in der Brusttasche. Wenn man den Blick scharf gestellt hat und auf die angeberischen Superlative achtet und darauf, wie selbstverständlich er von „den“ Männern und von „den“ Frauen spricht und dabei immer noch einen Zahn zulegt, dann hat man kein Vergnügen mehr an dem Buch:
„Heute kommt der werdende Vater zur Geburt seiner Kinder mit, aber sonst hat sich zwischen Biertrinken und Fußballgucken, diesen beiden effizientesten Zeitvernichtern, zu wenig verändert. Zeitvernichter werden von Menschen benötigt, die überflüssig sind. Offenbar ist der Mann am Wochenende und am Abend überflüssig.“
Offenbar bemüht sich der Autor nicht um ein Verständnis von dem Gegenstand, über den er schreibt, sondern versucht, den Preis für das ‚Großmaul des Monats’ zu gewinnen. Bei dem von ihm selbst ausgerufenen ‚Wettbewerb um die effizienteste Zeitvernichtung’ hat er gleich zwei Goldmedaillen vergeben. Immerhin werden falsche Erwartungen zurechtgerückt. Falls hier einer gedacht hat: Au, prima, Recht auf karrierefreies Leben, das will ich, dann kann ich endlich in Ruhe Bundesliga gucken und Bier trinken – der sieht sich enttäuscht. Enttäuscht sieht sich auch, wer dachte, in einem „Mannifest für den Mann“ ginge es auch mal ohne primitives Männer-Bashing.
Er hat die Elefanten nicht im Griff. Er zeichnet krakelige Verbindungslinien, die bedeutungsschwer sein wollen, und blufft: „Sie (die Frauen) stiegen zunächst auf das kurzschlüssige Niveau herab, auf dem Männer wie Rousseau oder Fichte ihnen begegnet waren, um ihre Position zu verteidigen …“
Ach was! Von wegen „kurzschlüssiges Niveau“. Um auch mal mit Rousseau zu kommen, der in diesem Jahr seinen dreihundertsten Geburtstag hat: Rousseau wendete sich gegen eine „glatte Sprache als Maske“, die den Kontext zur Wirklichkeit verloren hat und nur in der Einbildung besteht. Gegen eine Sprache wie die des Manifestes. Als hätte er das Unglück vorausgeahnt.
Es fängt mit einem Paukenschlag an, Ralf Bönt zitiert die Schrift einer Bürgerin an die Königin zur Zeit der französischen Revolution: „Wunderlich, blind, aufgebläht und entstellt von seiner Wissenschaft, fällt er (der Mann) in diesem Jahrhundert der Aufklärung und Vernunft in gröbste Unwissenheit zurück und glaubt despotisch über ein Geschlecht (die Frau) verfügen zu können, das alle intellektuellen Fähigkeiten besitzt.“
Ralf Bönt meint, dass heute „niemand“ mehr dieser Rede widerspricht, das darin „aufgebotene Männerbild“ sei inzwischen „Konsens“, die Verfasserin habe sich „vollständig durchgesetzt“. Doch: „Das Problem ist immer noch das alte: der Mann. Er macht bei der ganzen Sache nicht richtig mit.“
Nun kriegt das Kind auch einen Namen, den es zur Zeit der französischen Revolution noch nicht hatte, es wird nachträglich umgetauft, es heißt jetzt: Sexismus. „Eine Bewegung gegen den ganzen Sexismus kann sowieso nur mit dem engagierten Mann zustande kommen.“ Er definiert es so: „Sexismus ist die behauptete Minderwertigkeit von Menschen eines Geschlechts“.
Hat er wirklich nicht gemerkt, was er da für eine fragwürdige Stimme aufgerufen hat? Das Zitat stammt von Olympe de Gouges – sie ist auch die Nummer 1 seiner 3 Quellenangaben -, sie hat außerdem den folgenden Satz geschrieben (den er nicht zitiert, aber den kennt man auch so): „Von Paris bis Peru, von Japan bis Rom, das dümmste Tier, meiner Meinung nach, ist der Mann.“
Wenn das nicht Sexismus im großen Stil ist – was dann? Eigentor. Er dachte, er ruft die Feuerwehr – und es kam eine Pyromanin. Ralf Bönt kann es kaum überlesen haben, denn das berühmte Zitat findet sich gleich auf der ersten Seite ihrer Schmähschrift. Es ist auch kein Ausrutscher, der gesamte Text von Olympe de Gouges ist „durchdrungen“ von so einer Maßlosigkeit (wie er es auch bei Yoko Ono feststellt, aber im selben Atemzug entschuldigt), sie ist durchdrungen von Aggressivität, durchdrungen von vorausflatternder Ungerechtigkeit, von einem absichtlichen Wehe-tun-Wollen, von pauschalen Falschbeschuldigungen – von Sexismus eben.
Man hätte es schon merken können, als sie von den Männern sprach, die „despotisch“ über Frauen „verfügen“, da brachte sie es erstaunlicherweise fertig, „Unwissenheit“ zu steigern und sprach von „gröbster“ Unwissenheit. Frauen wiederum verfügen ihrer Meinung nach über „alle“ intellektuelle Fähigkeiten. Sie selbst jedoch nicht über die, sich differenziert auszudrücken. Kein Wunder, wenn „der“ Mann bei der „ganzen Sache“ nicht richtig mitmacht. Warum sollte er auch mitmachen bei dem Versuch, einen vermeintlichen Sexismus mit einem echtem auszutreiben?
Ralf Bönt dazu: „Tatsächlich sieht er (der Mann) im Feminismus meist aber noch immer bloß einen Feind. Jemanden, der ihm etwas wegnehmen will. Das ist zwar nicht ganz falsch, denn Feministinnen wenden sich natürlich gegen ihn, gegen wen denn sonst?“
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Hier stehen „meist“ und „immer“ so nah beieinander, dass die leidige Verwischung der Mengen deutlich wird, die man so oft in der unsauberen Sprache des Feminismus findet: Ja, was denn nun? Ist „meist“ gemeint oder „immer“? Sind „alle“ gemeint oder „viele“? Oder vielleicht nur „wenige“? Er weiß es selber nicht.
An anderer Stelle kann ihm aber geholfen werden: Die Frage „gegen wen denn sonst?“, mit der er sich dümmer stellt, als er tatsächlich sein kann, lässt sich leicht beantworten: Sie sollen sich an die wahren Verursacher ihrer Probleme wenden und nicht blindwütig auf einen Sündenbock einprügeln wie die Witwe Bolte, die den armen Spitz schlägt, obwohl es Max und Moritz waren, die ihr die Hähnchen aus der Pfanne geangelt haben.
Genau das tut der Feminismus: Er sieht „den“ Mann als Feind und bekämpft den Mann im allgemeinen, der nur ein Phantom ist, und tut damit den vielen Einzelfällen von Liebhabern, Vätern, Freunden und Partnern etwas an – und bestraft die Falschen. Grundsätzlich. Ohne Unrechtsbewusstsein. Der Sündenfall ist die bösartige, grandiose Verallgemeinerung, die dem Geist der Aufklärung widerspricht – wie es sich gut bei Olympe de Gouges nachweisen lässt. Die Sprache ist verräterisch. Die Fehler bringen es an den Tag. Durch die Risse dringt das Licht. Ralf Bönt erliegt leider auch dem Rausch der sexistischen Schmuddelsprache.
Für ein „Manifest für den Mann“ ist das nicht akzeptabel.