Arne Hoffmann: Du bist der Präsident des Schweizer „Vereins verantwortungsvoll erziehender Väter und Mütter“. Viele wesentliche Informationen über diesen Verein gehen aus eurer Website hervor, aber könntest du dich und den VeV trotzdem einmal zusammenfassend vorstellen? Welche Ziele habt ihr und welche Geschichte habt ihr auf dem Weg dorthin hinter euch?
Oliver Hunziker: Ich bin 46 Jahre alt, von Beruf Informatiker, und habe zwei Söhne im Alter von 16 und 17 Jahren. Seit 2004 lebe ich getrennt von meiner Familie, seit 2009 bin ich auch geschieden. Dazwischen lag eine lange Auseinandersetzung um die Zuteilung der Kinder, um das Sorgerecht und um Fragen der Kindererziehung.
Ich hatte mich 2004 von meiner Frau getrennt, mit der Idee, dass die Kinder bei mir bleiben würden und sie das Haus verlassen müsste. Ich hatte viele gute Gründe dazu, auch etliche Drittpersonen, die dies bestätigten, auch Fachpersonen. Ich war überzeugt, dass dies der richtige Weg ist und hatte ausserdem im Sinn, meiner Frau zu ermöglichen, die Kinder hälftig mit zu betreuen.
Doch weit gefehlt – der Richter brauchte gerade mal 45 Minuten, um zum Schluss zu kommen, dass ich das Haus binnen drei Tagen zu verlassen hätte, Haus und Kinder der Mutter zugewiesen wurden und meine ganzen Argumente und Zeugenaussagen nichts weiter als Spam waren. Dieser Moment hat mich politisiert. Als ich dann relativ rasch herausfand, dass dies nicht etwa ein bedauernswerter Einzelfall war, sondern vielmehr gängige Praxis an Schweizer Gerichten, war mein Weg klar: Ich musste etwas dagegen tun. Ich musste schon um mir selber Willen mich dagegen wehren, konnte nicht zulassen, dass eine solche Ungerechtigkeit einfach so jeden Tag stattfindet.
Rasch merkte ich aber auch, dass die allermeisten Väterorganisationen sich primär darauf beschränkten, sich gegenseitig die Hucke voll zu jammern oder aber, sich in platter Frauenfeindlichkeit zu ergehen. Ein, zwei solcher Treffs genügten mir, um zu merken, dass dies nicht der Weg sein konnte. Ich schloss mich dem VeV an, obwohl es dort auch nicht anders lief. Bereits im Herbst 2004 wurde ich Vorstandsmitglied und im Frühling 2005 Co-Präsident. 2006 trat dann der bisherige Vorstand zurück und ich machte mich mit einem neuen Team daran, die Zukunft umzubauen. 2008 gelang es mir, die bestehenden drei Untervereine zu fusionieren, sodass der neu entstandene VeV Schweiz nun in den drei zentralen Regionen Zürich, Mittelland und Zentralschweiz präsent war.
Zur Vorgeschichte des Vereins findest Du hier noch mehr:
Verein und Vorstand wuchsen seither stetig. Heute zählt der VeV rund 300 Mitglieder und der Vorstand (aktive Mitarbeiter) setzt sich aus über 25 Personen zusammen. Der Frauenanteil im Verein liegt noch immer unter 10%, dies hauptsächlich weil betroffene Frauen halt sehr selten sind. Hingegen liegt der Frauenanteil im Vorstand bei über 40%, was mich sehr freut.
2008 gründete der VeV federführend zusammen mit einigen anderen Organisationen den Dachverband für gemeinsame Elternschaft GeCoBi, dessen Präsidium ich seither innehabe.
2009 erfolgte der erste grosse Coup mit der Gründung des Väterhaus ZwüscheHalt, ein ehrgeiziges Projekt welches uns aber einiges an Aufmerksamkeit bescherte.
2011 stand der VeV in vorderster Linie beim Protest gegen die Verzögerungstaktik beim gemeinsamen Sorgerecht. Die Aktion SchickEnStei wurde massgeblich vom VeV getragen und finanziert.
Heute umfasst der VeV 7 Beratungstreffs in 7 Regionen. Wir begleiten Väter zu Amtsstellen, stehen ihnen bei der Erstellung von Schriftstücken bei und helfen ihnen bei den Kinderübergaben.
Der VeV ist politisch sowohl auf kantonaler wie auf nationaler Ebene sehr aktiv und beeinflusst die Debatte zu allen Themen rund um Eltern-Kinder in Trennung/Scheidung wo immer möglich.
Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit unzähligen Fachpersonen und Fachstellen, halten Vorträge und nehmen an Podiumsdiskussionen teil. Wo nötig, organisieren wir auch Kundgebungen oder öffentliche Veranstaltungen. Der VeV wird darum als Organisation immer stärker wahrgenommen und hat sich einen positiven, neutralen Ruf geschaffen. Unsere Ziele sind noch immer die selben wie eh und je: Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder beide Eltern haben und behalten können. Unsere Leitsätze: „Allen Kindern beide Eltern“, „Kinder brauchen beide Eltern“ und „Fehlt ein Elternteil, fehlt die halbe Welt“ sind nur einige Beispiele dafür.
Auf unserer 2012 neu gestalteten Website findest Du bei Interesse auch nähere Angaben über unsere Ziele, unser Leitbild und über unsere Vernetzung.
Arne Hoffmann: Was hat es mit dem Väterhaus Zwüschehalt auf sich? Viele deutsche Männerrechtler wissen vermutlich, dass es exisitiert, aber nähere Informationen fände ich spannend.
Oliver Hunziker: Im Zwüschehalt können hauptsächlich Väter mit oder ohne Kinder eine notwendige Auszeit von der Familie nehmen. Es dient zum einen als Asyl für Väter, die von Gewalt durch ihre Partnerin betroffen sind und es vielleicht auch nicht verantworten können, ihre Kinder in der Obhut einer solchen Frau zu lassen. Zum anderen können dort Väter unterkommen, die auf richterliche Verfügung innerhalb von zwei bis vier Tagen ihre Wohnung räumen müssen und es schwer haben, in diesem Zeitraum eine geeignete neue Wohnung zu finden. Wir nennen es aber nicht „Männerhaus“, was sich als Gegenstück zu den zahlreichen Frauenhäusern anbieten würde, sondern „Familienhaus“, weil für uns die Familie im Vordergrund steht.
Da Opferhilfe in unserer Gesellschaft sonst weitgehend mit Frauenhilfe gleichgesetzt wird, mussten wir eine solche Wohnung auf eigene Faust bereitstellen. Diese Einrichtung stellt natürlich für alle eine Provokation dar, die es nicht wahrhaben möchten, dass auch Frauen ihre Angehörigen gefährden können. Leider gibt es immer noch einige „bewegte“ Frauen, die glauben, jedes Engagement für Männer sei automatisch gegen Frauen gerichtet und müsse deshalb aufs schärfste bekämpft werden. Im Jahr 2010 allerdings konnten wir uns mit den Frauenhäusern Zürich-Oberland und Luzern sowie mit diversen kantonalen Fachstellen häuslicher Gewalt bereits vernetzen und wurden ausserdem Mitglied im Fachbeirat für häusliche Gewalt des Kantons Bern.
Wir sind jetzt im dritten Jahr unterwegs (Gründung November 2009) und konnten im Februar endlich eine Teilfinanzierung erreichen durch halböffentliche Gelder (Kirche). Davor lag die Finanzierung vollumfänglich auf den Schultern des VeV. Insofern sieht es jetzt sehr gut aus und wir sind mit neuer Kraft und Mut unterwegs.
Arne Hoffmann: Was hat es mit der Aktion SchickEnStei auf sich? Wie habt ihr sie organisiert und wie sahen die Erfolge aus?
Oliver Hunziker: In der Schweiz ist das gemeinsame Sorgerecht für beide Eltern noch immer nicht gesetzlich festgeschrieben. In der Regel teilt es das Gericht stattdessen der Mutter zu. Im Dezember 2009 versprach uns die damalige Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, dass eine Neuregelung bis Ende 2010 ins Parlament kommen würde. Stattdessen gab im Januar 2011 die Nachfolgerin Widmer-Schlumpfs, Simonetta Sommaruga, bekannt, sie wolle die fertige Vorlage zur Neuregelung zurückstellen und sie um unterhaltsrechtliche Fragen erweitern. Alle waren überrascht: Väterorganisationen, Parteien, Politiker. Wir veröffentlichten eine Medienmitteilung, in der wir diesen Schritt der Regierung scharf verurteilten, und gaben verschiedene offene Briefe an die Bundesrätin heraus. Das Medienecho darauf blieb aber zunächst verhalten.
Genau einen Monat später aber prangte unser Konterfei auf der Titelseite der größten Pendler-Gratiszeitung der Schweiz, die von 1,8 Millionen Schweizern gelesen wurde. (Man bedenke: Die Schweiz hat eine Gesamtbevölkerung von rund 7 Millionen.) In dem entsprechenden Bericht ging es um unsere Aktion SchickEnStei (sende einen Stein); die dazugehörige Website ging am selben Morgen online. Deren Konzept war genial: Man registriert sich und kann anschliessend der Bundesrätin einen Pflasterstein schicken, zusammen mit einem persönlichen Brief. Dank der Medienpräsenz wurden wir daraufhin vollkommen überrollt. Schon um 9.00 Uhr hatten wir die ersten 100 Steine zusammen. Gegen Mittag kam die Website ein erstes Mal ins Wanken, doch sie hielt durch. Am Abend des ersten Tages hatten wir die 500er-Marke überschritten und kein Ende war in Sicht.
Die Medien überschlugen sich fast mit Anrufen und Kontakten. Unsere Handys und unsere Websites brachen zeitweise fast zusammen. Am folgenden Montagmorgen begann der Versand der Steine. Jeder Stein wurde eingepackt, der Brief drauf geklebt und dann wurden die Pakete palettiert. Gleichzeitg startete Phase 2: Ich hatte zuvor bereits mit Markus Theunert, dem Präsidenten von männer.ch, Kontakt aufgenommen, um eine gemeinsame Aktion zu planen. Männer.ch, sonst eher auf der gleichstellungsorientierten Seite, war einverstanden. Ziel dieses Schulterschlusses war es, der Öffentlichkeit klar zu machen, dass das gemeinsame Sorgerecht nicht eine Marotte einiger frustrierter Scheidungsväter ist, sondern ein Thema, das ALLE Männer angeht und darum auch für eine Organisation wie männer.ch wichtig ist. Das gemeinsame Projekt war eine Mahnwache, welche vor dem Bundeshaus stattfinden sollte – und zwar solange, bis sich etwas ändert.
An einer Medienkonferenz in Bern gaben wir um 16.00 Uhr unsere Position und unsere Forderungen bekannt. Wir forderten den Bundesrat auf, die Verzögerung umgehend zu beenden und die Vorlage wie versprochen sofort ins Parlament zu bringen. Um 17.00 begannen wir mit der ersten Mahnwache. Bereits um 17.15 öffnete sich die Tür des Justizministeriums und Frau Bundesrätin Sommaruga, begleitet von ihrer Referentin, trat zu uns. In einem kurzen Gespräch erklärte sie sich bereit, möglichst zeitnah einen runden Tisch einzuberufen, wo die interessierten Organisationen ihre Meinung kundtun könnten. Im Gegenzug erklärten wir uns bereit, den weiteren Versand der Steine zu stoppen und die tägliche Mahnwache zu beenden.
Wir einigten uns darauf, dass wir ihr am Mittwoch einige symbolische Steine sowie einen grossen Teil der beeindruckenden Briefe übergeben würden und anschliessend jeweils am 14. des Monates eine Mahnwache durchführen würden. Am 14. März waren wir rund 50 Personen, am 14. April dann bereits rund 80. Am 15. April fand dann der runde Tisch statt. 20 Organisationen waren eingeladen worden, darunter Frauen-, Kinder- und Väterorganisationen. Außerdem war es uns gelungen, die Politik zu aktivieren. So reichten diverse Abgeordnete Interpellationen und Motionen basierend auf unseren Vorschlägen ein, welche über das Parlament enormen Druck auf die Justizministerin ausübten, ihre Position zu revidieren. Es wurde ihr praktisch angedroht, dass das Dossier aus ihrem Departement direkt ans Parlament übergehen würde und sie damit jeglichen Einfluss darauf verlieren würde.
In dieser konfortablen Lage gingen wir am 15. April an den runden Tisch, wissend, dass wir nicht mehr kämpfen müssen, da die Entscheidung eigentlich bereits gefallen war. Nach dem runden Tisch gab Frau Justizministerin Sommaruga den Medien gegenüber bekannt, dass sie die vorgesehene Koppelung fallen lassen werde. Die Sorgerechtsvorlage soll nun vorgezogen und rasch umgesetzt werden. Gleichzeitig sollen auch die weiteren Themen angegangen werden, in Zusammenarbeit mit den involvierten Organisationen. Zum ersten Mal war es uns damit gelungen, unseren Einfluss geltend zu machen und uns als konstruktive Organisation einzubringen. Alle grossen Medien berichteten über unser Thema, etliche davon sogar auf dem Titelblatt. Etablierte Organisationen wie Kinderschutz und Pro Familia zeigen sich interessiert, unsere Positionen kennen zu lernen. Sechs Jahre harte Arbeit, sechs Jahre des Marsches durch die Institutionen haben sich diesen Frühling ausbezahlt.
Inzwischen wurde die Botschaft zum gemeinsamen Sorgerecht veröffentlicht. Zeitgleich hat Frau Bundesrätin Sommaruga in der Nähe von Bern mit uns zusammen einen Spielplatz eingeweiht, der aus den Pflastersteinen gebaut wurde. Insgesamt war die Aktion SchickEnStei ein grosser politischer Erfolg. Sie hat uns viel Wohlwollen eingebracht bei Leuten die unsere Positionen eher bejahen. Bei den „Gegnern“ hat sie für Respekt gesorgt. Mit dem Grad an Vernetzung, den wir heute haben (nicht zuletzt dadurch), können es sich unsere „Gegner“ nicht mehr leisten, uns zu ignorieren. Wir sind nun angekommen und in die Entscheidungsprozesse involviert. Waren wir früher meist nur die Rufer vor dem Tore, meist wenn es eh schon fast zu spät war, so können wir heute direkt in die Entscheidungsprozesse eingreifen und mitwirken.
Arne Hoffmann: Von Deutschland aus hat mancher den Eindruck, dass durch die Interessensgemeinschaft Antifeminismus (IGAF) weiterer frischer Wind in die Schweizer Geschlechterdebatte eingezogen ist und Schweizer Männer jetzt sehr viel mehr Unterstützung durch engagierte Aktivisten erhalten …
Oliver Hunziker: Dieser Eindruck täuscht meiner Meinung nach. Unser Erfolg war nicht davon abhängig, sondern eher davon, dass wir uns in den letzten acht Jahren erfolgreich vom Image der kruden Frauenhasser gelöst haben. Wir haben stattdessen angefangen, mit politisch vertretbaren Argumenten und mit frischen Ideen und konstruktiven Vorschlägen an der Politik teilzunehmen, anstatt nur dagegen zu sein. Das Auftauchen der IGAF hat meiner Ansicht nach nur bewirkt, dass der Unterschied zu uns deutlich sichtbar wurde.
Die Berichterstattung über den ZwüscheHalt oder die Gründung von GeCoBi 2008 oder aber die Aktion SchickEnStei war sicher ebenso umfassend wie diejenige über die IGAF. Zudem wurde die IGAF mehrheitlich leicht belächelt – ein Effekt den wir auch jahrelang beobachteten, bis wir anfingen, Positionen zu vertreten, statt einfach dagegen zu sein.
Arne Hoffmann: Du hattest mir im Vorgespräch zu unserem Interview berichtet, dass dir der Rechtsrutsch der Männerbewegung große Sorgen bereitet und du den Eindruck hast, als sei hier ein wichtiges Thema einfach gekidnappt worden, um ganz andere Themen zu bearbeiten. Magst du diese Sorge ein bisschen ausführen?
Oliver Hunziker: Wie eben beschrieben betreibt zum Beispiel die IGAF eine ziemlich rechtslastige Politik. Ihre Argumente und die Art des Auftrittes erinnern stark an die SVP, oder auch weiter rechts stehende Gruppierungen. Ihr Gründer René Kuhn war Mitglied der SVP und davor auch der Schweizer Demokraten, einer rechtsnationalen Partei.
Die Argumente der IGAF sind grösstenteils monothematisch, sie sind in der Hauptsache einfach gegen die Frauen, gegen die Frauenbewegung, sie stilisieren den Mann zum Opfer und sprechen damit all die vielen Männer an, die glauben, benachteiligt zu sein. Sie spielen mit der Geschlechterfrage. In der Sache (Sorgerecht/Väterrechte etc.) haben sie bislang keinen einzigen konkreten Vorschlag gebracht, der nicht irgendwo gestohlen wurde. Sie haben auch keine konkrete Aktionen unternommen, bis auf ihre beiden Treffen.
Aus meiner Sicht haben sie das Thema gekapert, weil sich hier sehr viele unzufriedene Männer abholen lassen. Die IGAF-Mitglieder denen ich bislang begegnet bin, konnten mir wenig konstruktive Argumente liefern, für die Verbesserung der Zustände für Väter und ihre Kinder. Nur dagegen zu sein genügt leider nicht.
Arne Hoffmann: Von den linken Parteien bist du allerdings auch nicht sehr angetan. Warum nicht?
Oliver Hunziker: In der Schweiz kommt der grösste Widerstand gegen Väteranliegen und Männeranliegen traditionell von der SP – also von links. Innerhalb der SP sind es insbesondere die SP-Frauen, zumindest diejenigen über 45.
Mit dem klassischen Links-rechts-Schema hat die Männer- und auch Väterbewegung eigentlich gar nichts zu tun. In meinem speziellen Fall kann ich mit dieser Polarisierung nicht viel anfangen, da ich sowohl beruflich als auch menschlich lösungsorientiert bin. Grundsätzlich war ich schon immer eher liberal-bürgerlich eingestellt, mehr liberal als bürgerlich. Ich sehe mich als Mitglied der Mitte, vielleicht eher auf der bürgerlichen Seite der Linie, wohl aufgrund meiner Herkunft aus einer Unternehmerfamilie. Meine Position deckt sich aber mit keiner Partei – mit ein Grund weshalb ich politisch ausserhalb des Väterthemas praktisch nicht aktiv bin. Ich habe sowohl grüne wie auch linke, aber eben auch bürgerliche Ideen und daraus ergibt sich ein Mix, mit welchem ich in keine Partei und kein Lager passen würde. Wenn die Linke eine gute Idee zu einem Thema hat, dann her damit. Wenn aber die SVP eine wirklich gute, praktikable und ethisch vertretbare Lösung für ein Thema vorschlägt, dann eben auch her damit … Ich bin Pragmatiker.
Arne Hoffmann: Welche Chancen siehst du in der Schweiz für Männerrechtlergruppen, die ähnlich erfolgreich sein können wie der VeV, mit ihren Anliegen aber über das Väterthema hinausgehen?
Oliver Hunziker: Schwer zu sagen. Ich glaube, Männerrechtler wie AGENS, MANNdat hätten es in der Schweiz eher schwer. Auch reine Frauenrechtlerinnen kamen nicht sehr weit. So gab es beispielsweise mal eine Frauenpartei, die wurde aber nicht alt. Der Trend in der Schweiz geht generell immer zur Mitte, auch wenn die beiden Polparteien dies verneinen. Die Schweizer wählen wenn immer möglich den Mittelweg, egal in welchem Thema. Polarisierende Gruppierungen haben zwar Zulauf, werden aber von der grossen Mehrheit eher skeptisch betrachtet. Zwar hat die SVP 30% Stimmanteil, aber eben nur 30%. Das heisst: Die überwiegende Mehrheit ist nicht dabei.
Männer.ch versucht sich ja schon länger als Männerorganisation mit Themen über das Väterthema hinaus. Der Erfolg ist politisch durchaus da, an der Basis aber fehlt er. Die einzigen Männer, die sich aktiv engagieren, sind die geschiedenen Väter, weil denen der Arsch brennt. Und die sind eben bei uns. Männer.ch lässt sich mit dem deutschen Bundesforum Männer vergleichen. Politisch eher links, gleichstellungsorientiert, thematisch breit, dafür weniger tief. Und doch geben sie Themen abseits von Trennung/Scheidung vor, und das machen sie nicht schlecht.
Arne Hoffmann: Wohin entwickelt sich die Geschlechterpolitik in der Schweiz?
Oliver Hunziker: Die Debatte sollte sich weg vom Geschlechtergraben hin zur Lösungsorientierung entwickeln. Zumindest werde ich alles daran setzen, dass das so geschieht.
Arne Hoffmann: Herzlichen Dank für dieses Gespräch. Gute Nacht und viel Glück!