Können Jungen und Männer in unserer Gesellschaft benachteiligt werden?

Vortrag an der Ohm Hochschule Nürnberg (30. April 2012)

„Jeder von uns muss noch ein bisschen was dazu lernen“ hat Helmut Schmidt einmal gesagt. Das gilt auch für mich. Gern lasse ich mich durch gute Argumente in der Sache eines Besseren belehren. „Die Gedanken sind frei“. Das sind Worte aus einem alten Volkslied, welches ich als Schülerin lernte. Dieser Satz hat mir so gut gefallen, dass ich ihn nie vergessen habe. Er ist quasi mein Lebensmotto geworden. Im Sinne dieser gedanklichen Freiheit habe ich Denkverbote für mich stets ausgeschlossen.

Im Englischunterricht gab es einmal einen Text, der sich mit der ´speakers‘ corner´ im Hyde Park in London beschäftigte. Auch das beeindruckte mich, als junge Schülerin. Ich erkannte schon früh, dass die Meinungsfreiheit ein wichtiges Grundrecht, ein Menschenrecht ist und, dass sie unabdingbar zur Demokratie dazugehört. Wo sonst, wenn nicht in einer Universität, sollte man dazu lernen, seinen Gedanken freien Lauf lassen und diese auch offen mitteilen können?

Auftragsgemäß werde ich in meinem Vortrag, auf mögliche Diskriminierungen von Jungen und Männern in unserer Gesellschaft eingehen. Liebe Frauen, damit will ich die möglichen Diskriminierungen denen Mädchen und Frauen ausgesetzt sein können, nicht schmälern. ´Diskriminierung kennt kein Geschlecht´. Das sagte einmal Goslars Oberbürgermeister Binnewies, zu der Zeit, als ich Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar war. Es sollte uns gelingen in diesen Stunden mit Respekt und Wertschätzung zu diskutieren und dabei nicht darum zu buhlen, welchem Geschlecht es wohl miserabler gehen könnte.

Im Sinne der Männer, könnte man über Männerpolitik, die Männergesundheit, die Bildung der Jungen und Väterrechte sprechen. Welche Fallstricke, Benachteiligungen und Widerstände könnten das Leben von Jungen und Männern schwer machen? Unter welchen Nachteilen könnten Jungen und Männer zu leiden haben, in welche Gesetzeslücken könnten sie fallen? Durch welche Maschen unseres sozialen Netzes könnten sie hindurch rutschen. Lebt der Mann befreit, glücklich, selbstbestimmt?

Die GleichberechtigungsfalleIn meinem Leben habe ich mich ausgiebig mit weiblichen Gleichstellungsbedürfnissen auseinandergesetzt, weil die Gesellschaft in der ich aufwuchs und erwachsen wurde, davon durchdrungen war und heute vielerorts auch noch ist. Ich unterstützte Frauen, wo ich nur konnte. Ich fühlte mich von Frauen besser verstanden, vertreten und versorgt.

Frauen müssten positiv diskriminiert werden, damit sie die Refugien der männlichen Macht erobern könnten. Frauen, so hieß es, müssten mehr dafür tun, um das zu erreichen was Männer erreichen. Frauen an die Macht, war das Motto, dann würde es in unserer Gesellschaft besser aussehen. In einer von Frauen dominierten Welt gäbe es weniger Gewalt und mehr Menschlichkeit, Frieden und Gerechtigkeit. Die Frau, so wurde mir versprochen, sei quasi die Heilsbringerin unserer Gesellschaft und letztendlich der bessere Mensch. Deshalb sei es wichtig und richtig Männer auszuschließen. Frauenzentren, Frauenbuchläden, Frauenfeten, Frauenhäuser, Frauennachttaxis, Frauenparkplätze, Frauenwohngemeinschaften und dergleichen mehr entstanden. Kein Wunder, dass ich mich wohlfühlte bei so viel Protektion und Subvention. Nach und nach bemerkte ich, dass ich irgendwann ungerecht gegenüber Männern geworden war.

Männer sind jahrzehntelang nicht aktiver, mitbestimmender und mitgestaltender Teil der Geschlechterdebatte gewesen. Warum haben Männer sich nicht eingemischt? Wollten Sie nicht mitreden? Waren sie unerwünscht? Sollte dieser Ausschluss eine Jahrzehnte währende, strukturelle Diskriminierung von Männern gewesen sein?

In der Vergangenheit und heute waren viele gleichstellungspolitische Entscheidungen, die Entscheidungen feministischer Lobbyisten. Zuerst fand ich diese Frauenpower in Ordnung und fühlte mich wohl mit dieser Art einseitig parteilicher Frauenpolitik. Es sei in Ordnung, wenn wir mit zweierlei Maß messen und dabei die Messlatte für die Frau immer etwas niedriger anbringen, als die für den Mann. Diese Ungerechtigkeit begann nicht erst im Sportunterricht, wo ich als Schülerin beim Weitwerfen eines Balles weniger Meter schaffen musste als meine männlichen Klassenkameraden, um die gleiche Note zu erhalten. Dieses Prinzip der Besserstellung von Mädchen und Frauen scheint gängiges Mittel zur Erreichung frauenpolitischer Ziele geworden zu sein. Besserstellung auf der einen, könnte Schlechterstellung auf der anderen Seite zur Folge haben.

Die befreite Frau sei das Beste was einer Gesellschaft passieren könne. Diese Frau könne dem Arbeitsmarkt Vollzeit zur Verfügung stehen. In der Folge werden Kinder in die Ganztagsbetreuung geschickt oder frau verzichtet gleich ganz auf sie. Die durchschnittliche Frau rackert sich ab, all die frauenpolitischen und feministischen Vorgaben und Ziele mit ihrem Leben unter einen Hut zu bringen. Oft betreibt sie dabei Raubbau an ihrer eigenen Person. Nach und nach bemerkte ich, dass wir Doppelstandards zu Gunsten von Frauen implementiert haben. Nicht selten wirken sich diese Doppelstandards negativ auf die andere Hälfte der Gesellschaft, auf die Männer aus. Diese Hypersensibilität für Frauenbelange kann keine gerechte Geschlechterdebatte sein, da in einer solchen Debatte die Gleichstellungsbedürfnisse von Frauen überrepräsentiert sind, während die Gleichstellungsbedürfnisse von Männern, nicht zu Wort kommen können. Ein solch einseitig geführter Monolog repräsentiert auch kaum die Bedürfnislagen der Mehrheit unserer Gesellschaft. Hier bleibt Demokratie auf der Strecke.

Männer, hatte ich von meinen feministischen Schwestern gelernt, sind die Täter, die Frauen Gewalt antun und sie verletzen. Dieser Vorwurf ist ein Damoklesschwert über den Köpfen aller Männer. Männer haben nichts anderes im Sinn, als Frauenleben schwer zu machen, wurde mir vermittelt. Männer stellen sich auf vielerlei Weise in den Weg einer Frau, damit diese nicht vorwärtskommt. Männer sind an der allgemeinen „Schlechterstellung“ der Frau schuld. Allesamt Patriarchen und Beziehungsdilettanten. In der Geschlechterpolitik spielt die Frage nach der Schuld sowieso eine große Rolle. Die Schuld am Leid von Frauen lastet auf den Schultern des Mannes, wie ein Joch. Dieses Joch gilt es abzulegen.

Heute wende ich mich gegen jede Form der Diskriminierung – auch gegen jene Diskriminierungen, die sich gegen Jungen und Männer richten. Ich habe mich für die Situation der Jungen und Männer sensibilisieren lassen. Das fand ich, nach Jahrzehnten einseitiger Parteilichkeit für Frauen, dringend erforderlich. Heute Abend soll es weder schwerpunktmäßig noch reflexartig um die Diskriminierungen von Frauen gehen, auch, wenn das für manch Einen schwer zu ertragen ist. Heute Abend soll es einmal um die Diskriminierung von Jungen und Männern gehen. Ist das für irgendjemanden ein Problem?

Vielleicht haben Sie im Vorfeld dieses Vortrages zu meiner Person recherchiert und Unterschiedliches gelesen. Einige wissen vielleicht, dass ich drei Jahre lang kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Goslar war. Mein gleichstellungspolitisches Engagement auch gegen Diskriminierungen des männlichen Geschlechtes ist mir dort zum Verhängnis geworden. Ich wurde abberufen und verlor im Anschluss daran auch noch meinen Arbeitsplatz als Kita Leitung. So kann es kommen, wenn man sich für auch für Männer einsetzt. Heutzutage darf man sich in der Dosis der Zuwendung für Männer eben nicht vergreifen.

Doch das, soll hier nur angerissen sein. Sie können sich über die Vorgänge in Goslar detailliert in meinem Ende Juni erscheinenden Buch informieren.

Parteiübergreifende einseitige Parteilichkeit für Frauen hat in unserer Gesellschaft Geschlechterapartheid zu Lasten von Männern etabliert

Wir tun gut daran, im demokratischen Sinne, den Diskurs der Geschlechter neu zu ordnen. Mir kommt es nämlich oftmals so vor, als wenn die Frauenbefreiungsideologie teilweise autoritär unser Denken und Handeln bestimmen könnte. Vielleicht müssen wir Frauen uns aus einer ideologischen Fremdbestimmtheit befreien? Weg mit den feministischen Scheuklappen? Auf jeden Fall müssen wir die Geschlechterapartheid zu Ungunsten des Mannes öffentlich machen!

Vielleicht braucht es Mut menschlich und politisch die Verantwortung für 40 Jahre Frauenbewegung und Geschlechterkampf zu übernehmen? Machen wir uns nichts vor. Es gab in diesen Jahrzehnten Verluste bei Frauen und Männern. Es gab Fehlentscheidungen, die schwer korrigierbar sind. In einem Krieg kann es nur Verlierer geben, auch in einem Geschlechterkrieg.

Männer haben ein schreckliches Jahrhundert hinter sich. Kanonenfutter in zwei Weltkriegen und die jahrzehntelange Ausbeutung der Manneskraft durch die Industrialisierung, haben bei Männern Schäden hinterlassen. Wir werfen Männern ihren Gefühlspanzer vor und drängen auf mehr Emotionalität. Ihrer Emanzipation machen wir weiblich konnotierte Vorgaben. Sieht so selbstbestimmte männliche Emanzipation aus? Haben vielleicht Ausbeutung und Zurücksetzung Männer zum schwachen Geschlecht werden lassen? Es gibt Menschen, die das glauben.

In der Geschlechterapartheid zu Ungunsten des Mannes geht das Mitgefühl für eine Hälfte der Gesellschaft verloren und das, meine Damen und Herren, kann nicht richtig sein. Die männlichen Opfer von Gestern und Heute finden kaum Gehör und Anerkennung, weil die Claqueure der allseits beschworenen einseitigen weiblichen Opferideologie alles übertönen. Sammeln sie mal einmal Spenden für ein Frauenhaus und im Vergleich Spenden für ein Männerprojekt. Der Mann könnte, durch die sich manifestierende Geschlechterapartheid, in eine äußerst prekäre Lage gebracht worden sein. Männer sind heute zutiefst verunsichert. Es gibt Männer, die es nicht mehr wagen eine Bindung mit einer Frau einzugehen. Die Arbeitslosigkeit unter jungen Männern ist hoch. Von Obdachlosigkeit sind im überwiegenden Maße Männer betroffen. Es gibt signifikante Bereiche, in denen es Männern überaus schlecht geht.

Täterschaft und Schuld ist menschlich, nicht männlich.

Insbesondere das männliche Rollenstereotyp müsse aufgebrochen werden, heißt es seit Jahren. Da solle man am besten gleich bei den kleinen Jungen beginnen und sie verunsichern. Denn Männer seien triebgesteuerte, potentielle Vergewaltiger und hätten tendenziell pädophile Neigungen. Deshalb muss die männliche Gesellschaft überwunden werden, wenn man eine menschliche Gesellschaft will. So lautet eine immer noch aktuelle Formulierung im SPD Parteiprogramm. Die Grünen in Goslar formulierten im Vorfeld meiner Abberufung, dass es nicht ihr politischer Wille sei, Benachteiligungen von Männern zu erkennen und zu beseitigen. Von dort schimpfte man mich Männerbeauftragte. Aber, hätte ich als Gleichstellungsbeauftragte Männer abweisen sollen?

Der öffentliche Diskurs zur Häuslichen Gewalt wird von dem Bild des gewalttätigen Mannes beherrscht. Es gibt aber keinen Grund auszuschließen, dass auch Männer Gewalt durch eine Frau oder ihre Partnerin erleben können. Wir müssen uns an dieser Stelle gar nicht über Zahlen streiten. Egal, ob ein geschlagener Mann oder einhundert, jedem Opfer gebührt Schutz. Die Frau als Täterin und der Mann als Opfer müssen erkannt werden, denn sie beide brauchen Hilfe.

Männer können halb staunend, halb beschämt vor der Tatsache stehen, durch eine Frau Gewalt erlitten zu haben. Das kann geschehen, wenn es eine Abhängigkeit von der Frau gibt und die eigene Verletzungsoffenheit groß ist. In Berlin sind von den polizeilich angezeigten Fällen häuslicher Gewalt über 20 % von Frauen begangen worden. Im Falle der physischen oder psychischen Gewalt durch die Partnerin steht das männliche Opfer zu oft allein auf weiter Flur. Der durch eine Frau seelisch unter Druck gesetzte und körperlich geschädigte Mann kann auf ausreichende Helferstrukturen in unserem Land nicht zurückgreifen. Er kann auf geschlechtersensible Fachkräfte nur hoffen. Er hat kaum Jemanden, mit dem er über das Geschehene sprechen kann. Das ist ein Unglück im Unglück für den Mann.

Häusliche Gewalt ist immer eine Beziehungstat. Sie sollte systemisch, nicht ideologisch und keinesfalls geschlechterhierarchisch und einseitig parteilich betrachtet werden. Letzteres ist in den Netzwerken häuslicher Gewalt fast immer die Regel. Ausschließlich Männer zu Tätern zu machen ist fatal und wird der Problematik und den von häuslicher Gewalt betroffenen Familien in keinster Weise gerecht. Im Gegenteil schadet diese Sichtweise möglichen Täterinnen, dem männlichen Opfer und den dazwischenstehenden Kindern. Die Zerstörung, nicht der Erhalt der von Gewalt betroffenen Familie oder Beziehung ist, was in den Netzwerken gegen häusliche Gewalt am Ende immer noch gefordert wird.

Bundesweit sollten wir uns im Kontext häuslicher Gewalt um mehr Ausgewogenheit und Geschlechtsneutralität bemühen. Staatliche Programme, wie der „Aktionsplan der Bundesregierung gegen Gewalt gegen Frauen“ oder neuerdings die Einrichtung einer „bundesweiten Hotline für von Gewalt betroffene Frauen“ sind einseitig und parteilich. Ich fordere gendergerechte Aktionspläne gegen Gewalt, eine bundesweit kostenlose Hotline, die geschlechtsunabhängig jedes Opfer häuslicher Gewalt berät und nicht ausschließlich Frauen. Ich fordere geschlechtsneutrale Formulierungen von den staatlichen Organisationen und der Politik und ebensolche Berichterstattung in den Medien.

Nachteile von Vätern und Kindern nimmt die derzeitige Gleichstellungspolitik billigend in Kauf

Auf die Nachteile, die sich für die Frau aus Mutterschaft und Familienleben ergeben, wird im gesellschaftlichen Mainstream heftig fokussiert. Das es auch Nachteile durch Vaterschaft und Familienleben für Männer geben könnte, wird zu oft vernachlässigt, bagatellisiert oder ignoriert. Zum Beispiel ist selten die Rede von der ´Ernährerfalle´ in die Männer geraten können. Es ist auch keine Rede von Kuckuckskindern, die Männern untergeschoben werden. Ungewollte Vaterschaft wird aus Perspektive des betroffenen Mannes kaum empathisch diskutiert. Es ist sehr leicht, den Mann aus den Bereichen Vaterschaft und Familie auszuschließen und ihn über den Tisch zu ziehen.

Die meisten Väter lieben ihre Kinder. Sie wollen Zeit mit ihren Kindern verbringen, sie aufwachsen sehen und sich an ihrer Erziehung beteiligen. Sie wollen sich auch mit ihrer Liebe und ihrer Persönlichkeit in die Beziehung zum Kind einbringen können. Kinder brauchen ihren Vater für eine gesunde Entwicklung. Wer mag das heute noch in Frage stellen und die Mutterschaft hochjubeln?

Von Frauen geht überwiegend der Wunsch auf Trennung einer Beziehung oder Ehe aus. Mit diesem Wunsch setzen Mütter die gemeinsamen Kinder einem großen Risiko aus. Viel zu viele Kinder sehen ihren Vater nach Trennung und Scheidung selten und dann bald gar nicht mehr. Diese ist leider oft rechtlich und behördlich abgesichert. Jeder kennt entsorgte Väter, die still leiden, sich zurückziehen oder aggressiv vorgehen, weil sie sich von Müttern dominieren lassen müssen, um den Kontakt zum Kind nicht zu verlieren. Väter, denen die finanziellen aber auch emotionalen Ressourcen ausgehen, die demoralisiert sind und im schlimmsten Fall sogar mit ihrem Kind den Freitod wählen. Das Leid der Väter sollte endlich öffentlich wahrgenommen werden und wir müssen gesamtgesellschaftlich darauf angemessen reagieren. Ich meine, hier brauchen auch Männer Hilfe!

Wenn Eltern schon nicht mehr unter einem Dach miteinander leben können oder wollen, dann müssen sie unbedingt dafür sorgen, dass die Kinder in beiden Familiengemeinschaften umfängliche Lebenserfahrungen sammeln können. Kindern eine ganze Familienkultur bewusst und gezielt zu entziehen, ist in höchstem Maße kinderfeindlich und verletzt Kinder- und Menschenrechte. Unser Blick muss in diesen Zusammenhängen noch deutlicher auf die betroffenen Kinder gerichtet sein. Nicht nur ‚Frauenrechte’ und ´Männerrechte´, sondern insbesondere die Gesundheit und das Wohl unserer Mädchen und Jungen stehen bei Trennung und Scheidung auf dem Spiel. Die Folgen der sogenannten Elternentfremdung (Parental Alienation Syndrome PAS) sind als großes Problem erkannt worden. Das Bundesjustizministerium hat zum Beispiel festgestellt, dass 22 % der Mütter den Kontakt zwischen Vater und Kind ablehnen, selbst dann wenn der Vater sorgeberechtigt ist.

2011 hat sich im Interesse der Kinder die Internationale Medizinisch-Juristische PAS-Gesellschaft (IMJPG) gegründet. Trennung und Scheidung können Kinder traumatisieren. Man vermutet unter anderem ein hohes Risiko für die Entwicklung von Hirnreifungsstörungen bei Kindern. In Folge könnten Verhaltensauffälligkeiten, wie ADHS, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, regressives, impulsiv-aggressives, sowie dissoziales Verhalten der von Trennung und Scheidung betroffenen und von einem Elternteil entfremdeten Kinder auftreten. Einem Kind einen Elternteil gezielt zu entfremden, sollte auch in Deutschland ein juristisches Nachspiel haben. Es gibt bereits Länder, wie etwa Brasilien und Frankreich, die ein solches Verhalten eines Elternteiles unter Strafe stellen.

Uneheliche und eheliche Väter müssen mit unehelichen und ehelichen Müttern gleichgestellt werden. Bislang steht unehelichen Vätern das Sorgerecht nicht automatisch zu. Die Sozialgesetzgebung sollte Mütter nicht bevorzugen, nur weil die Kinder bei ihnen mit Wohnsitz gemeldet sind. Deren Väter, die umfänglich Umgang mit ihren Kindern pflegen, müssen um Sozialleistungen noch viel zu oft betteln.

Die Zerstörung der Familiengemeinschaften der Kinder und Enkelkinder schreitet mit riesigen Schritten voran. Die Begriffe „Vater und Mutter“ seien rollenstereotyp und müssten abgeschafft werden, wird heute sogar schon gefordert. Es gibt auch viele traurige Großeltern in Deutschland, die ihre Enkel nicht sehen dürfen. Im Interesse dieser Kinder entsteht der Wunsch, Männer noch deutlicher in die der-zeit praktizierte Gleichstellungspolitik zu inkludieren und Männerrechte gesellschaftlich zu stärken.

Männer wollen sich den Gedanken gar nicht ausmalen, dass eine Frau die Pille einfach mal so vergisst, eine Abtreibung verschweigt oder ihn nach der Geburt des gemeinsamen Kindes in die Wüste schickt. Männer wollen in der Regel gleichberechtigt an diesen sie auch betreffenden wesentlichen Lebensentscheidungen beteiligt werden. Vor 40 Jahren haben Frauen die Erneuerung des § 218 erstritten. „Wir haben abgetrieben“ hieß es damals in der Zeitschrift „Stern“. Es ist einer Frau seither möglich, ungestraft ein ungeborenes Kind bis zur 12. Schwangerschaftswoche abtreiben zu lassen. Männer, die werdenden Väter, sind aus dieser Entscheidung ausgeschlossen. Sie müssen darüber nicht in Kenntnis gesetzt oder gar gefragt werden.

Seitdem gibt es einen medizinischen Fortschritt und gesellschaftlichen Wandel. Wir können kleinste Frühchen retten, bedienen uns der pränatalen Diagnostik und zeugen Leben durch künstliche oder andere Formen der Befruchtung. Ausreichende Verhütungsmöglichkeiten für beide Geschlechter sind vorhanden. Gleichberechtigung in und nach der sexuellen Partnerschaft, oder dem sexuellen Ereignis ist unabdingbar, wenn ein Kind unterwegs ist. Kann es in diesem Zusammenhang noch richtig sein, eine 12 Wochen Frist zur Abtreibung einzuräumen, oder sollte sie kürzer sein? Wie können die väterlichen Interessen in diesem Kontext besser berücksichtigt werden? Sollten wir gesellschaftlich in der Lage sein, die vor 40 Jahren abgebrochene Diskussion respektvoll und gendergerecht fortzusetzen?

Weder sollte Mutterrecht vor Vaterrecht gehen noch umgekehrt, denn vor dem Gesetz sind doch alle gleich. Es ist leider keine Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Vater und Mutter, wenn die Wünsche des werdenden Vaters stets ohne Berücksichtigung bleiben. Sollten die Interessen von Kindern wirklich nachrangig sein? Woher kommt diese Einstellung, dass ein Kind auf seinen Vater ohne Probleme verzichten kann, nicht jedoch auf die Mutter? Folgt dieser Einsicht, dass ein Kind Eltern insgesamt nicht braucht, solange irgendeine Bezugsperson sich kümmert?

Ich möchte anmerken, dass staatliche Kinderbetreuung in der Geschichte der Menschheit sehr oft ein Mittel zur Sicherung der Macht autoritärer Staaten war. Es darf also die Frage erlaubt sein, ob staatliche Ganztagskinderbetreuung und die zunehmende Herabwürdigung der Familie tendenziell auch ein Indiz für eine Verschlechterung der Demokratie in unserem Lande sein könnten.

Ist es gewollt, dass die weibliche Arbeitskraft sich den Anforderungen des Arbeitsmarktes genauso unterwirft, wie es der Mann seit der Industrialisierung bereits tut. Der Ausbeutung der männlichen Arbeitskraft könnte so die Ausbeutung der weiblichen Arbeitskraft in der modernen Dienstleistungsgesellschaft folgen.

Die lebenslange Vernachlässigung männlicher Gesundheit ist inakzeptabel

Seit neuestem gibt es einen ersten Männergesundheitsbericht. Der ist leider nicht von der Bundesregierung finanziert, wie es die Frauengesundheitsberichte sind. In diesem ersten Männergesundheitsbericht in Deutschland kann man von einer hohen Selbstmordrate, von einem höheren Berufsrisiko, von schlechterer Partizipation am Gesundheitswesen, vom frühen Tod des Mannes lesen. Es gibt Berufe, die es Männern unmöglich machen, ihre Rente über einen längeren Zeitraum zu genießen, weil diese Berufe so krank machen, dass der frühe Tod garantiert ist. Das Alter ist weiblich heißt es, der frühe Tod ist männlich.

Überwiegend männliche Säuglinge sterben den plötzlichen Kindstod und kleine Jungen verunfallen häufiger. Die Selbstmordrate von Männern ist deutlich erhöht. Machen uns solche Fakten nachdenklich? Warum leiten wir daran kaum Handlungsbedarf ab? Fühlen wir uns zum Handeln veranlasst, wenn wir erfahren, dass Männer fast doppelt so oft unter chronischen Erkrankungen leiden als das andere Geschlecht und durchschnittlich 6 Jahre früher sterben? Winken wir müde ab, wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass Männer deutlich an ihre körperlichen und seelischen Grenzen gehen? Es werden bei Männern beispielsweise 74,3 % tödliche Wegeunfälle gemeldet. Die Problematik der Depression des Mannes ist seit Robert Enke´s Selbstmord endlich ins öffentliche Bewusstsein gedrungen.

Im Männergesundheitsbericht heißt es, dass nicht erfüllbare Leitbilder Männergesundheit genauso belasten, wie mangelnde Work-Life-Balance. Nur 8,6 % der Männer arbeiten in Teilzeit. Viele Männer gehen berufliche Gesundheitsrisiken ein und verdienen damit den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie. So ist es zum Beispiel bei der Berufsfeuerwehr, den Industriekletterern, Dachdeckern und vielen anderen Berufen der Fall. Die Anzahl der Spermien im Ejakulat des Mannes ist seit Jahren rückläufig. Der Kinderwunsch der Frau fällt häufig in eine Altersphase, in der erste gesundheitliche Probleme und die berufliche Belastung auch die Vaterschaft erschweren. Prostatakrebs ist eine ernsthafte Bedrohung für die männliche Gesundheit und steht in Verbindung mit dem Hodenhochstand bei kleinen Jungen.

Der Gebrauch von Viagra dient nicht nur der Behebung der erektilen Dysfunktion älterer Männer. Bereits junge Männer greifen auf dieses Medikament zurück, um über Versagensängste und ein mangelndes Selbstwertgefühl hinwegzukommen. Mitunter ist es die junge Frau, die den Mann zu der blauen Pille drängt. Männer stehen vielfältig unter Druck, auch durch Forderungen und Wünsche von Frauen. Männerkrankheiten sind weitgehend tabuisiert. Ein riskantes Gesundheit schädigendes Verhalten von Männern könnte aber ein Indiz für den Bewältigungsdruck sein, der auf ihren Leben lastet.

Mit Recht sind es Männer leid, pauschal mit Grobschlächtigkeit, Gewalt und dem Wunsch nach Herabwürdigung der Frau in Verbindung gebracht zu werden. Sie wollen nicht länger so einfach auf das böse und hässliche Gesicht unserer Gesellschaft reduziert werden können. Männer – und Frauen – sehen mit Sorge auf den Lebenslauf ihrer Jungen. Eltern wollen gleiche Chancen für Söhne, keine Herabsetzung ihrer Leistungen, keine Entwürdigung ihrer Person, keine strukturelle Bildungs- und Gesundheitsbenachteiligungen. Jungen haben unbestritten Probleme, aber sie sind nicht das Problem! Die Bildungsmisere von Jungen sollte endlich beendet werden. Könnte diese Bildungsmisere der Jungen auch ein Resultat der Geschlechterapartheid sein und damit ein Ergebnis der Frauenbewegung?

Eigentlich kann es sich unsere Gesellschaft nicht leisten, das Potential männlicher Kinder verrotten zu lassen. Es ist verwerflich, wie mit der Bildungsmisere von Jungen umgegangen wird. Sehenden Auges lassen wir täglich weitere Jungs den Bildungsabhang hinunterrutschen und nehmen ihre Blessuren und Wunden wissentlich in Kauf. Überwiegend Jungen bleiben sitzen. Jungen werden für gleiche Leistung schlechter bewertet. Jungen müssen sich weiblichen Lernstrategien unterwerfen. Jungen finden kaum männliche Rollenvorbilder in den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen. Jungen bekommen ADHS und Ritalin.

Können auf diese Weise junge Männer vollwertige und attraktive Mitglieder unserer Gesellschaft werden? Bildungsstarke und gesunde Jungen erleichtern auch das Leben der Mütter und Väter. Bildung ist der Schlüssel für ein zukünftiges partnerschaftliches und gleichberechtigtes Miteinander von Frauen und Männern. Auch deshalb sollte man die Bildungschancen von Jungen dringend optimieren!

Männliche Gleichstellungsbedürfnisse müssen öffentlich und politisch unterstützt werden

Wer die Gleichberechtigung von Mann und Frau möchte, der muss auch Jungenarbeit, Männergruppen, Vätervereine und Männerverbände anerkennen, fordern und fördern. Der muss Männern Verletzlichkeit zubilligen und Männer auch schützen wollen. Wer findet, dass die Emanzipation des Mannes eine gesellschaftliche Notwendigkeit und Bereicherung sei, der darf Männerrechte nicht als überzogene Forderung wirrer und politisch unkorrekt handelnder Kreise verdammen. Diskriminierung kennt kein Geschlecht, deshalb muss der diskriminierte Mensch im Focus moderner Gleichstellungsarbeit stehen

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Diskriminierung universell und keine Frage des Geschlechtes ist. Zur Diskriminierung braucht es jemanden, der eine Überheblichkeit und Überlegenheit an den Tag legt und diese gegen Einzelne oder eine Gruppe ausspielt. Es braucht jemanden, der Doppelstandards einführt und es womöglich schafft, diese auf undemokratische Weise, politisch und rechtlich zu legitimieren.

Wer erkennt, wann ein Mensch herabgewürdigt und schlecht gemacht wird und sich genau in diesem Moment der Diskriminierung, auf die Seite des Schwächeren stellt, handelt menschlich. In der christlichen Religion würde man wohl von ´Nächstenliebe´ sprechen. Dieser mögliche Zuwachs an Menschlichkeit und Nächstenliebe in der Geschlechterfrage ließe hoffen, dass der Kampf der Geschlechter nicht durch die Kapitulation des Mannes, sondern einvernehmlich befriedet werden könnte.

Männer können inzwischen qua Geschlecht diskriminiert werden. Nicht mehr aber auch nicht weniger. In einigen Bereichen könnte teilweise sogar von einer systematischen und systemimmanenten Diskriminierung von Männern die Rede sein. So beklagen es jedenfalls Männer- und Väterorganisationen. Ignorant wäre, die Diskriminierung von Jungen und Männern kategorisch auszuschließen. Diskriminierung kann einen Menschen an Leib und Seele krank und sein Leben schwer machen. Der diskriminierte Mann braucht unsere Unterstützung. Die staatliche aber auch die persönliche Hilfe. Er braucht das emanzipierte Vorbild im eigenen Geschlecht, ein männliches Netzwerk und eine Männerlobby in der er sich sicher fühlen kann. Uns Frauen hat das alles sehr gut getan. Statt ausschließlich auf Frauenrechte zu pochen, sollte in der sog. Geschlechterfrage mehr von Menschenrechten die Rede sein.

Die wichtigste gleichstellungspolitische Frage unserer Zeit, ist auf keinen Fall, wie wir Frauen in die Vorstandetagen bekommen, sondern, wie wir die Gleichstellungsbedürfnisse von Jungen und Männern politisch, gesellschaftlich und persönlich integrieren können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Dieser Text entspricht einem am 30. April 2012 an der Ohm-Hochschule Nürnberg gehaltenen Vortrag. Siehe hierzu auch „Fachhochschule Nürnberg: Redefreiheit für Monika Ebeling durchgesetzt“

Bildnachweis: Speakers‘ Corner Hyde Park

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