Nervenstark: Monika Ebeling trotzt feministischer Randale in Mainz


So gegen 17:30 Uhr betrete ich den Mainzer Campus, lieber ein gutes Stück zu früh als zu spät. Wenn die „Antifa Mainz Wiesbaden“ ihren Protest schon unter anderem damit ankündigt, dass ich bei einem Vortrag im Publikum sitze, will ich natürlich nicht zu spät kommen: Das sähe dann so aus, als würde man die Antifa nicht ganz ernst nehmen, und das wäre politisch vermutlich mal wieder das völlig falsche Signal.

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Monika Ebeling

Ich brauche einen Moment, um mich zurechtzufinden: Hatte es jetzt geheißen, der Hörsaaltrakt befindet sich links oder rechts – kann man ja leicht verwechseln heutzutage? Eigentlich hatte ich gehofft, ich bräuchte nur den „Nazis-raus“-Sprechchören zu folgen, aber: keine Antifa. Vielleicht ist man nicht so überpünktlich in der Branche.

Vielleicht erscheinen sie auch gar nicht, weil es draußen scheißekalt ist, Gonzo einen neuen Kasten Bier und ein paar Pizzas mitgebracht hat oder einem einfällt, dass man blöd aussieht, wenn man im Vorlesungssaal mit übers Gesicht gezogener Kapuze herumhockt? Oder die Antifa Mainz Wiesbaden lässt sich doch nicht so leicht gegen eine Kindergärtnerin aufhetzen wie geplant? 

Ich schaue schon mal in den Hörsaal, in dem Monikas Vortrag stattfinden soll. Gack! Unvermittelt stolpere ich in meinen schlimmsten Alptraum, den ich lange Jahre verdrängt habe: Vor einer Tafel steht einer und erklärt irgendwas zur anorganischen Chemie. Ich mache, dass ich vom Acker komme, schnappe mir einen Stuhl und mache es mir gegenüber dem Eingang gemütlich. Wenig später ziehen die Studenten aus dem Saal ab, ein Neumitglied bei AGENS kreuzt auf und begrüßt mich. Ein Grüppchen neuer Studenten erscheint, weiblich dominiert; eine Studentin trägt eine lila Pudelmütze und ihr Gesicht kommt mir irgendwoher bekannt vor. Jemand anderes trägt eine Umhängetasche mit dem Aufdruck: „Mit dem Betreten des Schulgeländes verlassen Sie den demokratischen Sektor der Bundesrepublik Deutschland.“ Die Leute begrüßen einander, man kennt sich, Plakate werden verteilt: 

ACHTUNG: 

Diese Veranstaltung ist NICHT informativ, sie ist FRAUENVERACHTEND! 

Ebeling verharmlost Gewalt gegen Frauen! 

Ebeling leugnet den Gender Pay Gap von 23%! 

Ebeling dementiert die strukturelle Diskriminierung gegenüber Frauen!

Ebenfalls wird ein Raster zum Spielen von „Bullshit Bingo“ verteilt. Aufgeführt sind darin die Begriffe „Antifeminismus“, „Männerdiskriminierung“, „Gender Mainstreaming“, „Gleichberechtigung“, „Feminismus“, „Häusliche Gewalt“, „Diskriminierung“, „verunsichert“ und „Täter“. Die Spielanleitung lautet: „Bei Erwähnung pfeifen und Wort markieren! Bei Bingo (3 horizontal, vertikal oder diagonal) Bullshit rufen! Dann La Ola des gesamten Publikums.“ Das ist genau die Sorte Zuhörer, die man sich bei einem Vortrag wünscht, bei dem es unter anderem um Probleme beim Sorgerecht und bei häuslicher Gewalt gehen wird. Die Ernsthaftigkeit, mit der junge Feministinnen an diese Themen herangehen, ist bemerkenswert. 

Auch die ersten Trillerpfeifen werden verteilt, dann weitere Blätter. Natürlich nicht an uns; wer nicht erkennbar feministisch ist, wird mal wieder übel diskriminiert. An diese Bögen heranzukommen, erweist sich insofern als etwas schwierig, aber lösbar. „Argumentationshilfe gegen Maskulinisten“ steht als Überschrift auf dem eng bedruckten Zettel, darunter jeweils eine „antifeministische Behauptung“ und deren „Widerlegung“. also beispielsweise als antifeministische Behauptung: „Frauenquoten sind ungerecht – Uninteressierte und unfähige Frauen werden gefördert und Männer benachteiligt.“ Widerlegung: „Geringe Frauenanteile lassen sich nicht auf individuelle Wahlentscheidungen von Frauen zurückführen.“ Antifeministische Behauptung: „Gleichstellungspolitik ist lesbische Interessenspolitik!“ Widerlegung: „Die Behauptung ist lesbenfeindlich“. Antifeministische Behauptung: „Gleichstellungspolitik basiert auf ideologischen Vorannahmen über Geschlecht – wahre wissenschaftliche Erkenntnisse werden ignoriert.“ Widerlegungen: „Wissenschaft ist nie neutral“ sowie „Der wahre Streitpunkt ist nicht die Qualität von Wissenschaften, sondern sind Geschlecht und Feminismus.“ Das ist doch alles fleißig vorbereitet; ich frage mich, woher nur der Eindruck kommt, dass der Feminismus intellektuell am Ende sei. 

Monika Ebeling kreuzt auf. Wir betreten den Hörsaal. Der feministische Pulk und viele andere Zuhörer nehmen die hinteren Bankreihen ein; ich und unser AGENS-Neuzugang eine Reihe, die sich auf mittlerer Ebene zwischen Monika und dem Großteil ihres Publikums befindet. Irgendwie fühlt sich das richtig an, denn auch wenn das für den einen oder anderen Leser überraschend klingen mag, spüre ich eine emotionale Nähe zu beiden Seiten: zu Monika natürlich sowieso, aber die meisten Zuhörer sind linke Mainzer Studenten, und rein vom Gefühl her ist das auch über 15 Jahre nach meinem Examen noch immer mein natürliches Umfeld. Und natürlich denkt man dann „Oh Scheiße, ich hoffe, meine Immer-noch-irgendwie-Kommilitonen werden die Mainzer Uni nicht allzu sehr blamieren“, während man gleichzeitig genau weiß, dass solche innerlichen Stoßgebete umsonst sind: Es wird megapeinlich werden für die Mainzer Uni. Sebastian Bauer vom „AStA-Elternreferat“ immerhin tritt souverän und freundlich auf, als er Monika offiziell begrüßt. Die ersten Trillerpfeifen werden getestet. 

Und dann steht Monika alleine vorne am Pult und hält einen Vortrag über Themen, die nicht ganz einfach sind und die ein Minimum an Einfühlung und Differenzierungsvermögen erfordern. Sie wird von Konflikten in Partnerschaften sprechen, dem Sorge- und Umgangsrecht, häuslicher Gewalt, dem Aufbrechen von Geschlechterklischees und einer Rollenfreiheit auch für Männer, den negativen Konsequenzen einer Abtreibung und anders mehr. (Ich hoffe, Monika wird den Vortrag bald auf ihrem Blog online stellen, aber zumindest den Genderama-Stammlesern ist die grobe Linie ja bekannt.) Aber kaum hat sie die ersten zwei, drei Worte gesagt, schon geht es mit den Zwischenrufen los. So wie die Männerrechtler immer wieder im radikalfeministischen Lager phantasiert werden, führen sich die Feministinnen wie selbstverständlich auf. Die nächste Dreiviertelstunde über glänzt dieser Teil des Publikums durch dazwischenschreien, trällern, schiefe Witze reißen, gelegentliche Schnarchgeräusche. Motto: Alles mal ausleben, was man sich in der Vorlesung nie trauen würde; nur ja niemandem ernsthaft zuhören, der eine andere Meinung vertritt als man selbst. Sobald Monika über Benachteiligungen oder Opfererfahrungen von Männern zu sprechen kommt, zieht ein höhnisches „Oooooch!“ durch die Reihen. Dasselbe passiert, wenn sie von ihrem Engagement für und ihrer Sorge um Kinder berichtet. Die Atmosphäre wirkt, als würde in einem bayrischen Bierzelt in den fünfziger Jahren ein Schwuler einen Vortrag über die Diskriminierungserfahrung von Homosexuellen halten. Der Unterschied: Die Leute, die hier randalieren, halten sich allen Ernstes für die ethische und intellektuelle Elite unserer Gesellschaft. Vermutlich niemand in diesem Volk hätte die Traute, sich, um seine Überzeugungen zu vertreten, einer derartigen Situation auszusetzen, wie Monika Ebeling das tut, aber in der Meute fühlen sie sich stark. 

Monika allerdings hält allen Aggressionen und dem ständigen Tumult mit geradezu bewundernswerter Geduld stand, und natürlich gelingt ihr das nicht zuletzt aus einem Grund: Sie hat jahrzehntelange Erfahrung als Kindergärtnerin und genau diese Situation, die sie hier erlebt, stellt ihren beruflichen Alltag dar. Ich schäme mich für die Mainzer Studentenschaft in Grund und Boden. Fast könnte man unken „Die Braunhemden-Kollektion 2013 ist da, hat aber einen deutlichen Stich ins Lila“. Aber natürlich würde das die Situation auch grotesk überhöhen: Ja, es wird hier eine Veranstaltung des politischen Gegners aufgemischt, und Andreas Kemper oder Hinrich Rosenbrock würden im umgekehrten Fall wohl sofort Vergleiche zur SA ziehen, aber das träfe weit daneben: Es ist Kindergarten. Gewaltbereite Antifaler sind zu Hause geblieben. Wenn es anders gewesen wäre und sich tatsächlich eine immer aggressivere, schließlich pogromartige Stimmung aufgebaut hätte und einige Leute handgreiflich geworden wären – wären wir anderen damit fertig geworden? In einem Nachgespräch werden wir zu dem Urteil finden: Vermutlich schon. 

Nach dem Vortrag findet eine Diskussion des Publikums mit Monika Ebeling statt, die eher zu einem Kreuzverhör mutiert. Die Männer innerhalb der feministischen Reihen versuchen, sich durch besondere Schärfe zu profilieren. Auch nachdem Monika klargestellt hat, dass sie keine Akademikerin ist, sondern eine Frau aus der Praxis, wird sie wieder und wieder dafür niedergemacht nicht aus dem Effeff die Titel der Studien nennen zu können, die ihre Erfahrungen stützen. Immer klarer wird, dass bei den feministischen Gästen bereits ein Feindbild von Monika Ebeling existiert, das dazu führt, dass die betreffenden Leute alles, was sie sagt, so missverstehen, dass es in dieses Raster passt. Wenn man sich allerdings Mühe gibt, auch diesem reichlich chaotischen Haufen so empathisch wie möglich zuzuhören, wird auch immer wieder starke Angst hinter all diesen Aggressionen spürbar: Angst, dass Gewalt an Frauen tatsächlich verharmlost wird. Angst, dass Abtreibungen plötzlich wieder verboten werden könnten, wenn „die Maskulinisten“ politischen Einfluss gewinnen würden. (Nein, niemand hier hat sich wirklich ernsthaft mit der Literatur der Männerrechtsbewegung befasst.) Angst, dass ein ganz schlimmer, übler Backlash über Deutschland hereinbricht, wenn nicht-feministische Männer in der Geschlechterdebatte auf einmal zu Wort kommen. Was macht man mit dieser Angst? 

Eine ziemlich kleine, ziemlich laute Frau, sichtlich mit Migrationshintergrund, empört sich darüber, dass eine weiße Person wie Monika den Begriff wie „Geschlechterapartheid“ verwendet. Die Critical-Whiteness-Fraktion ist also auch auf dem Mainzer Campus angekommen. Zum dritten Mal ruft irgendwer, dass Monika Ebeling ja auch das „Antifeministentreffen“ besucht hätte. Monika Ebeling erwidert, dass sie es sehr spannend findet, auch vor Leuten zu erscheinen, deren Meinung sie in vielen Punkten nicht teilt und dass sie sich vorgenommen habe, sich mit allen zu unterhalten und mit jedem zu sprechen, der bereit ist zuzuhören. „Auch mit der Jungen Freiheit?“ tönt es aus einem halben Dutzend Münder, was beinahe einen hübschen Chor ergeben hätte. Denn die Frage, ob man diesem Blatt ein Interview gibt oder nicht, ist es ja, woran das ethische Bewusstsein einer bestimmten Klientel den Unterschied von Gut und Böse festmacht – Kindergartenniveau eben. (Man sollte hinzufügen, dass die JF-Keule nur gegen Leute eingesetzt wird, die ohnehin eine Minderheiten- oder Außenseiterrolle einnehmen und in Wahrheit wegen ganz anderer Dinge angegriffen werden sollen. Kein Roman Herzog und keine Charlotte Knobloch mussten Randale überstehen, weil sie sich von der JF interviewen ließen, kein Oswald Metzger und kein Franz Alt dafür, dort regelmäßig zu schreiben. Auch die stolzen „Antifaschisten“ treten grundsätzlich nur nach unten.) Monika jedenfalls ist nicht bereit, die geforderte Abscheu und Distanzierung zu leisten. Worauf in den nächsten Momenten die Kacke im Hörsaal C-03 ein ganz klein wenig am Dampfen ist. 

Der Volkszorn brodelt inzwischen nicht nur; er kocht über. Wir anderen, die an einer ernsthaften Sachdiskussion interessiert sind, versuchen, die allzu sehr überschnappenden Eiferer ein wenig zu bremsen, aber natürlich ist das aussichtslos. Die tumultartigen Ausbrüche, die stattfinden, lassen einen schon überlegen, ob es nicht allein deshalb die Sache wert wäre, dieser Zeitung mal wieder ein Interview zu geben – einfach nur, weil einige Bratzen tatsächlich glauben bestimmen zu dürfen, wem ein wildfremder Mensch ein Interview zu geben hat und wem gefälligst nicht. Man kann sich das eigentlich nur so erklären, dass diese Leute in ihrem Elternhaus extrem verwöhnt wurden, und immer wenn sie nicht sofort bekamen, was sie wollten, mit dem Fuß aufstampften und zu plärren bekamen, womit es ihnen regelmäßig gelungen ist, ihren Willen durchzusetzen. Ich bin mir auch sicher, zumindest einige dieser Leute hätten nicht das Geringste dagegen, wenn wir alle in einer Diktatur leben würden, solange diese Diktatur nur exakt ihren eigenen politischen Vorstellungen entspräche. In dieser Veranstaltung jedenfalls waren inzwischen die ersten Leute aufgesprungen, manche geradezu tobten vor Wut, die ziemlich kleine, ziemlich laute Frau schrie etwas über unmenschliche Abschiebebedingungen… womit sie ja durchaus Recht hatte, aber in einer Veranstaltung über Gleichberechtigung bei Müttern und Vätern wirkte sie damit trotzdem wie das linke Gegenstück zu all den nervigen Leuten, die bei jeder x-beliebigen Diskussion zu welchem Thema auch immer darauf zu sprechen kommen wollen, wie sehr der Islam Deutschland mit der Einführung der Scharia bedroht. 

Passenderweise war zu diesem Zeitpunkt bereits exakt 20 Uhr, das offiziell angesetzte Ende der Veranstaltung war gekommen, und der feministische Pulk konnte seine lautstarke Empörung spontan in einen ebenso lautstarken Aufbruch übergehen lassen. Das feministische Zentralkomitee scheint sein Personal auf die Minute genau zu buchen. Vielleicht wollten sich die Störer auch lediglich ihre Bestätigung abholen, dass diese Ebeling eine Nazibraut war, womit diese Leute ihre eigene Unfähigkeit zu jedem vernünftigen Dialog vor sich selbst rechtfertigen konnten, und so war das für sie alles in allem doch ein gelungener Abend geworden. Morgen geht man dann wieder in eine Veranstaltung über die Wichtgkeit von Toleranz in unserer Gesellschaft. Nach dem Abzug der Krakeeler blieb das übrige Publikum allerdings zurück, und von da an konnte man dann doch noch eine längere konstruktive Diskussion führen. 

Ein spezielles Thema beim Nachgespräch waren die feministischen Männer, die sich so besonders heftig ins ideologische Zeug gelegt hatten. „Sie versuchen, alles besonders gut und besonders korrekt zu machen“, versuchte sich jemand mit einer Erklärung. „Sie denken, wenn sie sich doch dermaßen stark für die Sache der Frau eingebracht haben, passiert ihnen nichts im Geschlechterkonflikt. Einige von ihnen werden damit noch sehr unsanft aufwachen – und dann wird es zu spät sein.“ 

Natürlich greift man sich bei diesen Männern aus heutiger Sicht an den Kopf. Und gleichzeitig kommt man um die Frage nicht herum: War ich mit Mitte 20 nicht ganz genauso? Natürlich waren nicht nur ich selbst, sondern auch so einige andere bekannte Männerrechtler in diesem Alter noch auf dem feministischen Trip. Gut, ich bin jetzt nicht extra auf Veranstaltungen gegangen, um den Redner niederzupfeifen, ganz egal, was er gerade sagt … okay, bis auf dieses eine Mal als Helmut Kohl in Mainz war, aber der hatte auch einen Sicherheitskordon von zig Metern und eine sehr lautstarke Mikrofonanlage, die sowieso alles übertönte … nee, vielleicht ist man in diesem Alter politisch einfach noch zu leidenschaftlich, nicht sehr abwägend und nicht allzu bereit, mehrere Seiten einer Frage zu beleuchten oder gar mehreren Seiten Gültigkeit zuzusprechen. Es erfordert eine bewusste Anstrengung, darüber nachzudenken, ob die Dinge auch ganz anders sein könnten, als man ständig eingetrichtert bekommen hat. Als ich das erste Mal in Warren Farrells Werk „Mythos Männermacht“ in einer Fußnote erwähnt fand, dass Männer genauso häufig Opfer häuslicher Gewalt werden wie Frauen, was er aber erst in einem späteren Buch näher ausführen wollte, dachte ich mir: „Jetzt hat er aber wirklich ein Rad ab. Das schafft er nie.“ Und weil ich nicht auf sein nächstes Buch warten wollte, machte ich mich selbst auf die Suche – und war bald extrem erstaunt. Wieviele dieser Studentinnen und Studenten machen sich mal eben selbst auf die Suche zu recherchieren, ob vieles nicht falsch sein könnte, was man selbst, seine Freunde, Kommilitonen und politischen Mitstreiter bisher mit absoluter Gewissheit geglaubt hatten? Warum sollte jemand die Mühe einer Aufgabe auf sich nehmen, die erst das eigene Weltbild erschütterte und danach gut und gerne in der eigenen Ausgrenzung enden konnte? Auf der anderen Seite könnte man allerdings argumentieren: Hatte man nicht immer wieder allein den Rechten die Neigung zugeschoben, alles niederzugeifern, was sie nicht verstanden? Was sagen Abende wie dieser über den intellektuellen und moralischen Zustand der Linken aus? 

Als sich der Saal endgültig leert, kann ich ein paar private Worte erst mit Monika und dann auch mit Sebastian Bauer sprechen. Er berichtet, sich an einige meiner Texte gegen rechts zu erinnern, weshalb er sich bei dem Versuch, auch mich ins rechte Lager zu schieben, besonders entnervt an den Kopf gegriffen habe. Ja, klar, das ist ein wesentlicher Grund, warum ich diese Vorwürfe in meinem Blog, auf Facebook und andernorts immer wieder präsentiere: Die Zahl der Leute, die mein jahrelanges Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus kennen, ist nicht gerade klein. Wenn sie lesen, dass mich ein Thomas Gesterkamp, ein Andreas Kemper oder eine „Fiona Baine“ ins rechte Spektrum stecken wollen, wissen sie sofort, was vom geistigen Nährwert auch ihrer anderen Ergüsse zu halten ist. Sowas kürzt oft ungemein ab. Ich glaube, die Skrupellosigkeit und gleichzeitig Idiotie dieses Lagers, über praktisch jeden Männerrechtler mal eben mit dem braunen Pinsel drüberzugehen, rächt sich für diese Leute öfter als man denkt. Denn Sebastian Bauer berichtete mir auch etwas anderes: Das Thema „Männerrechte“ ist auf dem Mainzer Campus zwar noch nicht wirklich angekommen. Dass man jedem, der auch nur ein Iota vom feministischen Glaubensbekenntnis abweicht, sofort mit der Nazikeule eins überbrät, allerdings schon. Vielen Studenten gefällt dieser Fundamentalismus ganz und gar nicht: Sehr oft greift bei ihnen dann Godwin’s Law

Oft stellen die, die am lautesten krakeelen, nicht die Mehrheit der Gruppe dar, die sie zu vertreten vorgeben. „Gleichstellungspolitik wird von der jungen Generation überwiegend als Reparatur- und Subventionspolitik für Frauen wahrgenommen“, hieß es beispielsweise in einer Pressemitteilung des Bundesfrauenministeriums vom 26.9.2007, „nicht als Politik für beide Geschlechter. In ihrer Wahrnehmung werden Männer von der Gleichstellungspolitik nicht berücksichtigt.“ Im selben Jahr hatte das Ministerium die Studie „20jährige Frauen und Männer heute“ herausgegeben, die zu einem ähnlichen Ergebnis führte. Dort heißt es: „Die jungen Männer betonen die Ambivalenz der Emanzipation. Sie betonen die Wichtigkeit, wollen aber auch auf Kehrseiten für sie selber hinweisen. Sie sehen die Verbesserung für Frauen – aber keine positiven Aspekte für Männer. Im Gegenteil: Männer sind heute nicht mehr nur in Bezug auf Berufswahl und Arbeitsmarkt verunsichert, sondern auch im Privaten haben sie alle Sicherheiten verloren.“ Junge Männer äußerten sogar die Befürchtung, bald gesellschaftlich überflüssig zu werden. Solche Dinge müssen auch und gerade an unseren Universitäten immer wieder angesprochen werden, und wenn das radikalfeministische Lager noch so sehr dagegen polemisiert. 

Der einzige gangbare Weg für unsere Bürgerrechtsbewegung besteht nun einmal darin, sich dieser Polemik immer wieder aufs Neue auszusetzen und ungerührt immer wieder seine Haltung zu vertreten. Grund zum Selbstmitleid gibt es auch nur begrenzt: Die schwarzen und die schwulen Bürgerrechtler wurden zusammengeschlagen, manchmal totgeprügelt. Bei uns Männerrechtlern bleibt es heute beim Rufmord. Die Erfahrung an der Uni Mainz hat ebenso wie die an der Uni Düsseldorf gezeigt, womit man bei solchen Vorträgen hier und heute schlimmstenfalls rechnen muss: mit etwa zwanzig aufgehetzten Studentinnen mit Trillerpfeifen. Bestenfalls läuft es so wie an der Hochschule Nürnberg

Wir können uns an den Bürgerrechtsbewegungen orientieren, die Schlimmeres überstanden haben. Als etwa die die Bewegung der Homosexuellen in die Gänge kam, wurden Wörter wie „queer“ noch als Beschimpfung gegen sie verwendet. Die Homosexuellen reagierten darauf mit Slogans wie 

We are here. We are queer.  Get used to it.

Bis auf das „we are queer“, das nur auf eine Minderheit von Männerrechtlern zutrifft, können wir diese Haltung auch für unsere Bewegung übernehmen. Wir Maskulisten mischen inzwischen in der Geschlechterdebatte mit, Ausgrenzung funktioniert nicht, also gewöhnt euch besser daran. Als wir den Saal verlassen, berichtet mir Monika, wo sie ihren nächsten Vortrag halten wird, und das wird mit Sicherheit kein solcher Hexenkessel werden wie hier an der Uni Mainz. Feministinnen und die besonders dogmatischen Linken werden sicher die letzten sein, die bereit sind, neuen Gedanken und Sichtweisen zuzuhören, aber es gibt genügend andere Menschen in unserer Gesellschaft, die dafür erreichbar sind. Auf diese Menschen sollten wir bauen.

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