Der Alleinerziehendenverband untergrabe systematisch das neue Sorgerechtsgesetz, stellt das Magazin PAPA-YA in einer Mitteilung fest.
„Darin berichtet das Magazin über Informations-Veranstaltungen, auf denen der VAMV Müttern exakte Anweisungen zum ,Kampf`gegen Väter gebe.
(…) Scharfe Vorwürfe richtet ‚PAPA-YA‘ im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung an die VAMV-Vorsitzende Edith Schwab, Berufskolleginnen und – zum Teil inkognito – auftretende Verbandsmitglieder. So hetze eine Fachanwältin für Familienrecht auf Veranstaltungen mit fragwürdigen Tipps alleinerziehende Mütter gegen die Väter ihrer Kinder auf. Einige dieser ‚Hinweise‘ können nach Ansicht des Magazins als strafbare Handlungen eingestuft werden. Dazu zählen den Angaben zufolge Aufrufe zu Falschaussagen hinsichtlich des Kindeswohls und ‚Anleitungen‘ für eine dauerhafte, wörtlich als ‚Entsorgung‘ bezeichnete, Trennung des Kindes vom Vater.“ Angesichts offizeller schriftlicher Stellungnahmen des Alleinerziehendenverbands sind diese Vorwürfe völlig glaubwürdig. Eine im Internet erhältliche Handreichung des VAMV zum neuen Sorgerecht gibt beispielsweise Tipps, wie Mütter angesichts der veränderten Gesetzeslage gegen eine gemeinsame Sorge argumentieren könnten. Da heißt es zum Beispiel: „Offenbar scheint der Gesetzgeber Eltern, deren ‚ablehnende Haltung sich verfestigt‘ hat, die gemeinsame Sorge nicht in jedem Fall zumuten zu wollen. Hier dürften langjährige Gerichtsverfahren, beispielsweise den Umgang betreffend, einschlägig sein, weil sie die Unfähigkeit der Eltern, ohne Hilfe Dritter gemeinsame Entscheidungen zu fällen, schwarz auf weiß vor Augen führt.“ (sic!, S. 8) Im Klartext: Nach der Darstellung des Verbands lohnt es sich für Mütter, den Umgang zwischen Vätern und Kindern über lange Zeit so zu erschweren, dass der Vater-Kind-Kontakt nur über Gerichtsverfahren gesichert werden kann – weil eben diese Gerichtsverfahren sich als Argument gegen eine gemeinsame Kommunikationsbasis und also gegen eine Beteiligung der Väter an der Sorge werten ließen. Wenn der Verband schon in leicht erhältlichen schriftlichen Stellungnahmen Müttern so unverblümt ein destruktives Verhalten gegen Väter und Kinder nahelegt, dann ist tatsächlich davon auszugehen, dass Repräsentantinnen dieses Verbands in mündlichen öffentlichen Stellungnahmen und erst Recht in vertraulichen Beratungssituationen noch viel deutlicher werden.
Wie das Familienministerium die Sabotage von Gesetzen finanziert
Jörg Mathieu fordert daher als Chefredakteur der PAPA-YA vom Familienministerium: „Im Interesse des gesamtgesellschaftlichen Friedens, vor allem aber im Interesse der Kinder muss das Ministerium seine jährliche Förderung für den Verband in Höhe von mindestens 500.000 Euro von der Einstellung solcher Kampagnen abhängig machen“. Besser noch wäre es, die Förderung des VAMV gleich ganz einzustellen. Es ist ein erkennbares Interesse dieses Verbands, dass möglichst viele Kinder bei Alleinerziehenden aufwachsen – eben das stärkt schließlich seine Position. Dieses nachvollziehbare Verbandsinteresse widerspricht jedoch offenkundig sowohl Kindes- als auch Gemeininteressen – mittlerweile hat sich längst bis in die Mainstreammedien hinein herumgesprochen, dass die sogenannte „Alleinerziehung“, die im Regelfall nichts weiter als eine Erziehung unter den Bedingungen des Vaterentzugs ist, unter pädagogischen, entwicklungspsychologischen und auch ökonomischen Gesichtspunkten denkbar ungünstige Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern bereitstellt. „Für die Kinder (…) wäre es bis auf ganz wenige Ausnahmen besser, die Eltern blieben zusammen.“ (so der Entwicklungspsychologe Kurt Kreppner im Spiegel) Es gibt für die Förderung des Alleinerziehendenverbands aus Steuermitteln also keinen vernünftigen Grund – eher wäre es vernünftig und legitim, Gegenpositionen zu fördern.
Da aber tatsächlich nichts dafür spricht, die (in aller Regel: mütterliche) Alleinerziehung gegenüber der Erziehung durch beide Eltern zu privilegieren, muss der VAMV seine Position eben mit etwas anderem untermauern als mit Argumenten. Dadurch begründet sich die Verbandspolitik, auf Konflikte und Kommunikationsstörungen zwischen Eltern zu setzen und Mütter regelrecht dazu zu ermutigen, Konflikte mit den Vätern zu schaffen, aufrechtzuerhalten und möglichst auch die Kinder zu involvieren. Denn wenn die Beziehung der Eltern rettungslos konfliktbeladen und eine Kommunikation nicht möglich ist, dann scheide die Möglichkeit einer gemeinsamen Sorge aus – ob sie nun prinzipiell wünschenswerter wäre oder nicht. Warum aber eigentlich die einzige Alternative zur gemeinsamen Sorge die mütterliche, aber nicht die väterliche Alleinsorge sei, lässt der Verband selbstverständlich offen.
Wie Gerichte die Verweigerung von Gesprächen belohnen
Wie erfolgreich das Kalkül ist, zeigt sich auch an Gerichtsurteilen. Im vergangenen Jahr hatte das Amtsgericht Köln beispielsweise einem Vater die gemeinsame Sorge verweigert, obwohl es das Interesse des Vaters am Wohlergehen und an einer guten Sorge für das Kind ausdrücklich einräumte – es mangele den Eltern aber nun einmal an „Kommunikationsfähigkeit“. Das spreche auch dann gegen ein Recht des Vaters auf Sorge für sein Kind, wenn man davon ausgehe, „dass die Schwierigkeiten in der Kommunikation im Wesentlichen von der Antragsgegnerin zu vertreten sind“. Das bedeutet: Der Vater kann das Sorgerecht nur erhalten, wenn er nachweist, dass die Kommunikation mit einer Mutter gelingt, die ihrerseits zur Kommunikation nicht bereit ist – und die vom Gericht soeben mit einem weiteren starken Motiv ausgestattet wurde, die Kommunikation mit dem Vater auch in Zukunft zu verweigern. Wenn das Gericht dann die Perspektive einer „Aufarbeitung der Probleme auf der Paarebene“ als Bedingung für eine andere Entscheidung skizziert, dann schafft es damit zugleich die Grundlage dafür, dass es eine solche „Aufarbeitung“ niemals geben wird. Der Richter drückt der Mutter gleichsam eine Waffe in die Hand, macht den Vater dafür verantwortlich, dass sie die Waffe nicht benutzt – und imaginiert sich dabei selbst als distanzierte, „unabhängige“ Instanz, die im Namen des Volkes und im Interesse des Kindeswohls Recht gesprochen hat. Das wäre Stoff für eine Komödie, wenn die Folgen nicht so bitter wären. Die Kosten dieses so sinnvollen Verfahrens, 3000 Euro, trägt der Antragsteller.
Das sei sicherlich ungerecht gegenüber dem Vater, argumentieren nun einige Verfechter solcher Verfahren, aber im Interesse des Kindeswohls sei leider keine andere Lösung möglich, wenn doch die Eltern nunmal nicht miteinander reden könnten. Das ist offenkundig vorgeschoben. Schließlich kann es nicht im Interesse des Kindeswohls sein, zwischen den Eltern Regeln zu etablieren, die ein ziviles Verhältnis erschweren und die einen Bruch ziviler Erwartungen belohnen. Es ist grundsätzlich fragwürdig, Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Eltern als Argument gegen eine gemeinsame Sorge ins Feld zu führen – immerhin geht es nicht um liebevolle, innige Gespräche, sondern um eine zivile Kommunikation, die etwa am Arbeitsplatz ganz selbstverständlich von Menschen verlangt wird. Würden Eltern für sich in Anspruch nehmen, dass sie es zu eklig fänden, ihre Babys zu wickeln, oder dass sie nicht bereit wären, ihre Kinder zu füttern, weil man sich dabei ja das Hemd dreckig machen könnte – dann würde niemand auf die Idee kommen, diese Weigerung schlicht zu akzeptieren. Wenn aber eine Mutter nicht bereit ist, mit dem Vater ihres Kindes zu kommunizieren, dann wird ihr das nicht nur als gutes Recht zugestanden, sondern sie kann sogar kalkulieren, dass sich diese Weigerung für sie lohnt. Wenn also überhaupt Kommunikationsprobleme zwischen Eltern ein Grund für eine Verweigerung gemeinsamer Sorge sein sollten, dann müsste die Alternative dazu nicht die mütterliche Alleinsorge sein – sondern eine gleich große Möglichkeit mütterlicher und väterlicher Alleinsorge. Nur so nämlich könnte niemand kalkulieren, dass sich die Verweigerung der Kommunikation bezahlt macht.
Wichtig wäre es also, das gemeinsame Sorgerecht schlicht vorauszusetzen und davon auszugehen, dass für beide Eltern auch eine Bereitschaft zum Gespräch miteinander zur Sorge gehört. Für das Gericht zäumt das jedoch das Pferd von hinten auf: „Erst wird das gemeinsame Sorgerecht begründet, dann wird durch Beratungsauflagen versucht sicherzustellen, dass dies dem Wohle des Kindes entspricht.“ Das bedeutet umgekehrt: Zuerst müsste der Vater in Beratungsprozessen eine Kommunikationsebene hergestellt haben, dann könnte er das Sorgerecht erhalten. Das etabliert eine destruktive Logik in der Elternbeziehung und schiebt die Auflösung dieser Logik dann in Beratungsinstitutionen ab.
Wie Elternberatungen Väter von ihren Kindern wegberaten
Dass Elternberatungen dieser sinnwidrigen Aufgabe überhaupt gewachsen sind, ist zudem sehr zweifelhaft. Evaluationen und Qualitätskontrollen gibt es in solchen Beratungssituationen selten – und nur dann, wenn die entsprechenden Institutionen freiwillig Befragungen dazu durchführen. Oft wird dabei eine Zufriedenheit der Beratenen festgestellt, „obwohl sich ihre Probleme nicht immer in gleicher Weise verbessert haben“, schreibt Andreas Vossler in einem Text zur „Evaluation von Erziehungs- und Familienberatung in Deutschland“. Die dort aufgeführten wenigen Studien seit Mitte der Achtziger Jahre sind punktuell: Ganz offenkundig ist das Interesse sehr gering, ob die Beratungsinstitutionen das Gewicht, das Gerichte ihnen auferlegen, überhaupt tragen können – oder wollen.
Meine persönlichen Erfahrungen mit Elternberatungen sind überaus ernüchternd, und ich weiß, dass andere Väter ähnliche Erfahrungen machen (da meine Ex-Partnerin schon mehrmals umgezogen ist, konnte ich selbst gleich in mehreren Städten Elternberatungen, nun ja, untersuchen). Typisch ist es, Beratungstermine über Monate hin zu verschleppen – dass nur drei bis vier Beratungstermine im Jahr möglich sind und trotzdem von einem „Beratungsprozess“ geredet wird, ist durchaus normal. Eine Beraterin einer Evangelischen Familienberatung vom Diakonischen Werk riet mir offen, ich sollte mich doch nicht auf unser Kind konzentrieren, sondern einfach mit einer anderen Frau noch ein anderes Kind bekommen. Eine andere Beraterin bei der Caritas machte mir ohne erkennbaren Anlass grundsätzlich klar, dass ich mir gut überlegen müsste, was ich in der Beratung ansprechen wolle – wenn sie vor Gericht aussagen würde, dass die Kommunikation zwischen den Eltern erschwert sei, hätte ich nämlich keine Chance auf eine gemeinsame Sorge. Es ist kein bösartiges Gerücht einiger übelwollender Vätergruppen, dass das Ziel der Elternberatung oft nicht die Kommunikation, sondern die Verhinderung der Kommunikation und das endlose Aufschieben von Veränderungen ist – Väter werden aus der Beziehung zu ihren Kindern regelrecht hinausberaten. Die Teilnahme an einer Elternberatung ist also oft unwürdig und nötig eben nur deshalb, weil Gerichte die Verweigerung der Teilnahme – bei Vätern, nicht bei Müttern – als Beleg für ein Desinteresse am Kindeswohl werten.
So also wird die Elternbeziehung restlos in staatliche und andere Institutionen überführt, die gar nichts damit anfangen können: Der Gesetzgeber greift massiv in die Rechtsgleichheit der Eltern ein und schafft so Regeln, die auf Seiten der Mutter einen Bruch ziviler Erwartungen regelrecht belohnen – und bei den Beratungsinstitutionen, in die dann die verbleibenden Reste der Elternbeziehung verschoben werden, interessiert sich niemand allzu genau dafür, ob sie eigentlich bereit und in der Lage sind, ihre Aufgabe im Interesse der Kinder (und auch der Eltern, nämlich beider Eltern) wahrzunehmen.
Eine Änderung der Situation wäre nur dann möglich, wenn eine rechtliche Gleichheit der Eltern garantiert würde – und wenn niemand mehr davon profitieren könnte, die Kommunikation zwischen Eltern zu verhindern, seien es nun einzelne Personen oder mit Steuermitteln gefütterte Verbände.
Dieser Text passt gut in die kleine Serie Prima Gründe, Väter loszuwerden, als No. 3: Kommunikationsschwierigkeiten. Die ersten beiden Folgen finden sich hier:
Prima Gründe, Väter loszuwerden. No. 1: Konflikte
Prima Gründe, Väter loszuwerden. No. 2: Kontinuität und Bindung (Schmerzensmänner, ungebunden)
Der Artikel erschien zuerst auf man tau.