Wie der Liberalismus eine Zukunft hat

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Vom Liberalismus des Besitzbürgers zum Liberalismus des Staatsbürgers. Eine Denkschrift

Das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag, das in den Medien mit viel Spott und Häme kommentiert wurde, legt den Gedanken nahe, dass der Liberalismus in Deutschland tot sei.

Allerdings ist die FDP noch in einigen Bundesländern in den Parlamenten vertreten, und sie mag sich wieder erholen. Auch wird die neugegründete AfD vielfach als liberale Partei wahrgenommen.

Und es besteht kaum ein Zweifel, dass es in den Unionsparteien und der SPD viele liberal denkende Abgeordnete und Mitglieder gibt, und zwar auch dann, wenn sie sich selber gar nicht als Liberale wahrnehmen. Denn es sollte nicht übersehen werden, dass unsere Verfassungsordnung eine zutiefst liberal geprägte ist: Es geht in ihr fast ausschließlich um Individualrechte, und bei den jüngeren Angriffen auf das Grundgesetz geht es gerade darum, Individualrechte durch zweifelhafte Kollektivrechte zu ersetzen (Gleichstellungspolitik).

Auch in der Frankfurter Erklärung zur Gleichstellungspolitik geht es um die Rettung der bedrohten Individualrechte, und in diesem Sinne versteht sich der Autor tatsächlich und ausdrücklich als Liberaler. Die Beseitigung von Individualrechten zugunsten von Kollektivrechten ist nämlich der Kern eines falsch interpretierten Art. 3 des Grundgesetzes – in Verbindung mit diversen einfachen Gleichstellungs- und sonstigen Gesetzen. Das einzige Kollektivrecht jedoch, welches das Grundgesetz kennt, ist das Koalitionsrecht, also das Recht der Lohnabhängigen, Gewerkschaften zu gründen, Tarifverträge abzuschließen und, falls nötig, Arbeitskämpfe zu führen und zu streiken. Auch der im Grundgesetz festgeschriebene Sozialstaat, der der Eigentumslosigkeit der Lohnabbhängigen und der kollektiven Beseitigung ihrer Existenzunsicherheit geschuldet ist, gehört in diesen Zusammenhang.

Liberalität sollte nicht vorschnell mit Parteien oder Parteizugehörigkeiten verwechselt werden. Sie verweist vielmehr auf eine Denktradition der Politischen Philosophie, die in der Neuzeit von John Locke über John Stuart Mill bis John Rawls reicht. Die Begriffe Freiheit und Eigentum bedingen sich hierbei wechselseitig und schließen sich in der gesellschaftlichen Existenz des Besitzbürgers zusammen.

Recht und Freiheit jedoch betreffen ebenso den Staatsbürger, der zumeist über kein Eigentum als Basis einer selbständigen Wirtschaftsweise verfügt. Daher stellt sich die Freiheitsfrage für den Staatsbürger zwar auch, aber nicht im Hinblick auf Eigentum und dessen ökonomische Verwertung, sondern im Hinblick auf die rechtlich garantierte, gleiche und uneingeschränkte sowie gesellschaftlich ermöglichte und abgesicherte Entfaltungsmöglichkeit des Individuums samt seinen jeweiligen Besonderheiten, Eigenheiten und Unterschieden.

Es geht daher in diesem Artikel nicht zuletzt um die Frage, ob und wie der Liberalismus – im dreifachen Sinne Hegels – „aufgehoben“ werden kann, mit Schwerpunkt auf diejenigen Aspekte, die bleiben und auf eine höhere Entwicklungsstufe gehoben werden sollten. Denn ohne diese positive Aufhebung des Liberalismus wird eine humane Zukunft, auch und insbesondere in einer anderen und neuen Produktionsweise, nicht denkbar und nicht möglich sein; die vorliegenden historischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts haben das erwiesen.

„Liberalismus ist die Denkweise des Bürgertums, genauer: des Besitzbürgertums, der Bourgeoisie, so wie es zu Beginn der Neuzeit entstanden ist und sich aus diesen Anfängen heraus weiter entwickelt hat. Besitzbürger ist, wer über modernes Eigentum verfügt und wer damit wirtschaftlich selbständig auf den Märkten tätig ist, sei es als Kaufmann, oder als Industrieller, als Bankier, als Reeder, als Verleger, als Hotelier usw.

Es ging dem Liberalismus in kritischer Absetzung von geschichtlich älteren feudalen oder absolutistischen gesellschaftlichen Verhältnissen anfänglich darum, die wirtschaftliche und politische Freiheit des Besitzbürgers mit Argumenten der politischen Philosophie zu begründen und zu sichern, um diesem zu erlauben und zu ermöglichen, seine Kräfte frei und möglichst ungestört auf die wirtschaftliche Mehrung seines privaten Eigentums lenken zu können. Hierbei bewährt sich der Besitzbürger als Individuum und Wirtschaftssubjekt – oder eben nicht.“ (aus Günter Buchholz: „Liberalismus und Neoliberalismus“)

Die Besitzbürger begriffen sich somit aufgrund ihrer ökonomischen Position notwendigerweise als autonome Individuen, weil sie sich als Wirtschaftssubjekte auf Märkten gegenübertraten und untereinander konkurrierten. Diese gesellschaftlich bedingte Vereinzelung war die sozioökonomische Grundlage des säkularen Individuierungsprozesses der Neuzeit, in dessen Verlauf auf dem Kontinent die Bindungskräfte der Stände und der Kirchen erodierten und schließlich in einer Kette von sozialen und politischen Revolutionen (1789 bis 1918) weitgehend aufgehoben wurden (Vgl. hierzu ergänzend: Stefan Sasse, „Eine kurze Geschichte des Liberalismus, Teil 1“).

Dieser Individuierungsprozess hat, während er Freiheitsgrade und Handlungsspielräume der Besitzbürger faktisch erweiterte, notwendigerweise und zugleich einen erweiterten inneren, psychischen Freiheitsraum im Sinne eines Autonomiebewusstseins konstituiert. Der Prozess historisch-gesellschaftlichen Wandels veränderte die Rahmenbedingungen des individuellen Handelns und mündete in die Selbsterfahrung des Einzelnen. Daraus folgend entwickelte sich das Konzept des autonomen Individuums als Subjekt, so wie es geistesgeschichtlich mit verschiedenen Akzentuierungen von Kant, Schiller und Fichte sowie von Kierkegaard, Jaspers und Sartre philosophisch und praktisch aufgefasst und vorgelebt worden ist. Das autonome Individuum als Subjekt ist zugleich die Formel des Intellektuellen, der sich kritisch bis widerständig zur Gesellschaft zu verhalten in der Lage ist, auch wenn diese Lage sich nicht selten als eine höchst gefährdete erweist.

Auf der gesellschaftlichen Ebene erscheint 1789 der zwar individuierte, aber gleichwohl gesellschaftliche Mensch als Citoyen, als Staatsbürger. Vollgültig als Staatsbürger galt zwar im schon bürgerlichen, aber noch ständisch geprägten 19. Jahrhundert nur, wer Steuern zahlte, aber die Durchsetzung des Prinzips des allgemeinen Wahlrechts (1918), wonach jeder Erwachsene über eine Stimme verfügt, verallgemeinerte die Staatsbürgerschaft auf die ganze Bevölkerung.

Damit wurden die eigentumslosen Bevölkerungsmassen, die auf abhängige Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter angewiesen waren, prinzipiell politisch gleichberechtigt in die Bürgerschaft des Staates eingeschlossen. Und diese Bürgerschaft war im Sinne eines republikanischen Gesellschaftsvertrages Träger der politischen Demokratie. Jeder Erwachsene war nun ein Citoyen, ein Staatsbürger. Aber nur eine Minderheit der Citoyen waren zugleich Bourgeois, nämlich jene eher wenigen mit großem Eigentum (Großbürger) und jene zahlreicheren mit kleinem Eigentum (Kleinbürger).

Dieser Widerspruch drückte sich soziologisch in sozialen Klassenspaltungen zwischen Bourgeoisie und Proletariat, ökonomisch als Kapital und Arbeit, sowie, in Verbindung mit Ideologien der damaligen Zeit wie z. B. dem Nationalismus, in entsprechenden politischen Parteibildungen aus.

Das Problem hierbei war ein doppeltes: Erstens konnten die ökonomisch dominanten Besitzbürger versuchen, ihre politische Minderheitsposition durch Umwandlung von Reichtum in politische Macht zu kompensieren oder die Übermacht zu erlangen, und die abhängig Beschäftigten mussten deswegen versuchen, dies durch Selbstorganisation auszugleichen. Zweitens verfügten die Besitzbürger über einen exklusiven Zugang zur Bildung. Und da Wissen und Urteilsfähigkeit in Verbindung mit der gesellschaftlichen Praxis wesentlich für die politische Bildung und Handlungsfähigkeit sind, ergab sich auch daraus eine Asymmetrie zugunsten der Besitzbürger.

„Die Industrielle Revolution, die um 1780 in England einsetzte und sich von da aus erst auf den europäischen Kontinent und dann auf den gesamten Planeten ausweitete, brachte in sozialer Hinsicht die Arbeiterschaft hervor, eine soziale Klasse, die in doppelter Hinsicht „frei“ war. Zum einen nämlich war sie frei von älteren feudalen oder ständischen Bindungen, wie sie für Leibeigene typisch waren, und zum andern jedoch war sie frei von Eigentum, mit dem sie ihr Überleben selbst hätte sichern können. Daraus ergab und ergibt sich die Notwendigkeit, das eigene Arbeitsvermögen, oder die Arbeitskraft, auf dem Arbeitsmarkt interessierten Käufern anzubieten. Dieser Verkauf der Arbeitskraft gelingt aus logischer Sicht nur dann, wenn, aus Sicht des Käufers, der erwartete Nutzen der angekauften Arbeitskraft größer ist als die Kosten, die sie ihm verursacht.

Diese bedeutende gesellschaftliche Veränderung der Sozialstruktur stellte sich im Bewusstsein der Zeitgenossen offiziell als „Soziale Frage“ dar. Diese konnte ersichtlich nicht mehr aus der Perspektive des Liberalismus gedacht und beantwortet werden, weil dieser ein Privateigentum voraussetzt, das für die Arbeiterklasse nicht existent ist. Daraus ergab sich die Marxsche Kritik der Politischen Ökonomie, die dazu beitrug, dass die liberale ökonomische Theorie einen Neuanfang suchen und finden musste.“ (aus Günter Buchholz: „Liberalismus und Neoliberalismus“)

In einer sozial grundsätzlich abhängigen bzw. unselbständigen und prekären Existenz zu leben, das hat ebenso Auswirkungen auf die Ausbildung des inneren Autonomiebewusstseins wie auf die Art und Weise der Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhangs. Für die abhängigen Massen stellt sich dieser nämlich ganz anders dar als für die Besitzbürger. Nicht die ökonomisch begründete individuelle Autonomieerfahrung der Besitzbürger im ökonomischen Feld der Konkurrenz, sondern die kollektive Abhängigkeitserfahrung der Arbeiterschaft (i. w. S.) von diesem Feld stellt hier die Grundlage der Bewusstseinsbildung dar. Die Abhängigkeit als Ausdruck einer prekären sozialen Lage kann zwar gelegentlich individuell durchbrochen werden, aber die sozialen Klassenverhältnisse bleiben durch jeglichen individuellen sozialen Aufstieg unverändert.

Ein Liberalismus der Besitzlosen?

Wegen der außerordentlichen Begrenztheit individueller Strategien reagierte die Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert in Deutschland rational mit mehreren kollektiven Strategien auf ihre Klassenlage.

Erstens sollten mit gewerkschaftlicher Organisation und mit gewerkschaftlichem Kampf die Lebensrisiken der Lohnabhängigen verringert werden. Das führte von der gesetzlichen Unfallversicherung (unter Otto von Bismarck) bis zur gesetzlichen Pflegeversicherung (unter Norbert Blüm) zur Ausbildung des – im Grundgesetz festgeschriebenen und doch umkämpften – Sozialstaats.

Zweitens sollte mit einer eigenen Partei, einer Arbeiterpartei, damals der Sozialdemokratie, eine Möglichkeit eröffnet werden, die politischen Interessen, wie sie sich aus der abhängigen Lebenslage der Arbeiterschaft (i. w. S.) ergaben, zur Geltung zu bringen, und zwar im Hinblick nicht nur auf die gewerkschaftspolitischen Ziele, sondern mehr noch im Hinblick auf die historische Perspektive der Überwindung der Abhängigkeit vom bürgerlichen Eigentum und seinen Besitzern.

Dies setzte die Durchsetzung der Demokratie und die Anerkennung der Menschenrechte voraus, und damit das, was den Liberalismus des Citoyen, des Staatsbürgers ausmacht, weil nur durch sie eine Möglichkeit bestand, die Interessen der lohnabhängigen Massen im politischen Feld überhaupt dauerhaft geltend zu machen.

Die Einführung der Demokratie gelang erst durch die Novemberrevolution von 1918, mit der – abgesehen von nicht ganz unbedeutenden Restbeständen des Adels – zugleich die schon bürgerliche, aber noch konservativ-ständisch dominierte Ordnung des „langen 19. Jahrhunderts“ (Hobsbawm) geschichtlich zu Ende ging. Den Roman dieser halb gescheiterten und dennoch bedeutenden Revolution hat Alfred Döblin geschrieben (November 1918: Eine deutsche Revolution).

Drittens sollte durch eine kollektive Bildungsanstrengung der Arbeiterschaft in Arbeiterbildungsvereinen die eigene Unwissenheit und die Exklusivität bürgerlicher Bildungseinrichtungen überwunden werden, um eine geistige Unabhängigkeit der Arbeiterschaft und die Möglichkeit einer Auseinandersetzung tendenziell auf Augenhöhe zu schaffen. Leben und Werk von August Bebel sind hierfür ein Beispiel. Es ging – und es geht – weniger um einen bürgerlichen Bildungskanon, als vielmehr um das, was als politisches Urteilsvermögen und politische Handlungsfähigkeit zu bezeichnen ist.

Wären diese drei sich ergänzenden Strategien vollständig aufgegangen, dann wäre es im Kontext durchgesetzter demokratischer Verhältnisse womöglich gelungen, nicht nur die soziale, sondern auch die psychische und bewusstseinsmäßige Subalternität der Lohnabhängigen so weitgehend zu relativieren und aufzuheben, dass diese als selbstbewusstes und selbsttätiges Klassensubjekt in die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft eingegriffen hätte.

Aber diese Strategien waren zum einen nur teilweise erfolgreich, und zum anderen gab es neben folgenreichen internen Spaltungen der Arbeiterbewegung klassenpolitische Reaktionen. Zu nennen sind klein- und großbürgerliche reaktionäre Fraktionen, die sich am Ende der Weimarer Republik, nachdem die freien Märkte bereits durch Kartelle ersetzt worden waren, politisch von rechts kombinieren und instruieren ließen, und zwar unter antiliberalen, pseudosozialistischen, antisemitisch-rassistischen und militaristischen Vorzeichen.

So gewannen sie zwar knapp, aber hinreichend die machtpolitische Oberhand in der Gesellschaft (1933). Die rechte Repression traf zuerst KPD, SPD, die Parteien der Arbeiterbewegung sowie die Gewerkschaften (1934). Demokratie, Menschenrechte und individuelle Freiheitsrechte sind, wie man nicht nur an der Geschichte seit 1929, sondern ebenso an der Geschichte seit 2001 („9/11“) und ab 2007 (Finanzkrise) erkennen kann, etwas, was stets mit Herrschaftsansprüchen im Konflikt liegt, sei es latent, sei es manifest.

Die Zukunft des Liberalismus im Postbürgertum

Den Liberalismus der Staatsbürger, der Citoyen, zu stärken, ist deshalb besonders wichtig, weil ohne ihn überall (!) die tendenziell totalisierende Herrschaft sich durchsetzt. Deshalb ist der Citoyen-Liberalismus eine gesamtgesellschaftliche historische Errungenschaft, die unbedingt vollständig ausgestaltet und jetzt und zukünftig bewahrt werden muss, und zwar insbesondere auch in einer denkbaren und möglichen postbürgerlichen Gesellschaftsformation.

Wir brauchen hier und heute, aber eben auch grundsätzlich und dauerhaft mehr und nicht weniger individuelle Rechte, mehr und nicht weniger Demokratie, insbesondere in der Europäischen Union und in der Wirtschaft, und mehr und nicht weniger Partizipation auf allen Ebenen, angefangen bei den Kommunen.

Und schließlich brauchen wir, das sei im Hinblick auf erstarkende rechtspopulistische Tendenzen in Europa angemerkt, keine Rückwendung zum Nationalismus, der im 20. Jahrhundert und ebenso im 21. Jahrhundert, nämlich auf dem Balkan, bereits größtes Unheil angerichtet hat, sondern eine Weiterentwicklung hin zum Kosmopolitismus, wie er bei den Vertretern der „Geldmacht“ (Krysmanski) in streng exklusiver Form bereits besteht.

Mit der neoliberalen Globalisierung und dem Kosmopolitismus der „Geldmacht“, die sich wechselseitig entsprechen, liegen bereits die exklusiven Muster vor, die ihrer Exklusivität entkleidet, modifiziert und verallgemeinert werden müssten, um eine zukünftige demokratische und planetare politische Einheit zu stiften, und in diesem Sinne, jenseits des Empire, die United Nations, die ihre jeweilige Besonderheit mit ihrer allgemeinen und gleichberechtigten Zuhörigkeit zur Weltpopulation verbinden.

Nur so kann dem heute laufenden Prozess einer fortschreitenden Aushöhlung der Demokratie und der Rechte der Individuen entgegengewirkt werden. Und das ist leider bitter notwendig. Was unter der Herrschaft der „Geldmacht“ (Krysmanski) und ihres Instruments, der NSA, z. B. aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung geworden ist, das ist durch den großen Mut Edward Snowdens allgemein bekannt geworden.

In einer umfassenden Demokratisierung der Gesellschaft läge eine historisch progressive Funktion eines zeitgemäßen „Liberalismus der Staatsbürger“, der den beschränkten und einseitig ökonomisch geprägten Liberalismus der Besitzbürger überwinden sollte, mit voll entwickelter politischer Urteilskraft und Handlungsfähigkeit, und ohne in die nicht nur „grünen“ Infantilismen eines paternalistischen Staates (oder der EU) zu verfallen, wie sie heute zu beobachten sind; siehe hierzu die linkspopulistische und doch parteiübergreifende Strategie des Gender Mainstreaming bzw. der Gleichstellungspolitik, die ebenso regressiv ist wie der wieder zunehmende Nationalismus auf der rechten Seite des politischen Spektrums.

In einer im doppelten Sinne sich bildenden Gesellschaft, die gelegentlich als Wissensgesellschaft bezeichnet wird, führt das private Eigentum, der Hebel der Aneignung des gesellschaftlichen Überschusses, des Surplus, zunehmend zu einer Verzerrung, Hemmung und Blockierung einer durchaus ganz anders möglichen geschichtlichen Entwicklung. Was das bezüglich der Machtfrage in globaler soziologischer Sicht bedeutet, das hat Hans-Jürgen Krysmanski in Umrissen dargelegt.

Wir alle sollten nicht den Fehler begehen, mit dem Finger auf andere zu zeigen, wie berechtigt das hier oder dort auch immer sein mag. Nicht nur, weil das mit Blick auf die Leitmedien übel penetrant wirkt, sondern vor allem, weil wir allen Grund haben, die Entwicklung unserer eigenen Gesellschaft und unserer eigenen Staatenwelt kritisch zu betrachten. Erkenne Dich selbst!

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guenter buchholz
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Prof. Dr. Güter Buchholz, Jahrgang 1946, hat in Bremen und Wuppertal Wirtschaftswissenschaften studiert, Promotion in Wuppertal 1983 zum Dr. rer. oec., Berufstätigkeit als Senior Consultant, Prof. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Consulting an der FH Hannover, Fakultät IV: Wirtschaft und Informatik, Abteilung Betriebswirtschaft. Seit 2011 emeritiert.