Vertreterinnen der Gender Studies illustrieren vor breitem Publikum (einmal mehr) ihre Unwissenschaftlichkeit
Sabine Hark und Paula Villa haben im Tagesspiegel einen neuen Angriff gegen alle Personen getätigt, die sich fragen, worin die Wissenschaftlichkeit von Gender Studies oder auch nur deren Nutzen bestehen soll.
Die Autorinnen des Textes “Das dubiose Gender”, von dem wir auf ScienceFiles bereits berichtet haben, zeigen mit ihrem Text auf eindringliche Weise, was sie vermutlich gerade zurückweisen wollten: wie dubios nicht “gender”, sondern die Gender Studies sind, jedenfalls dann, wenn sie als Kandidat für ein wissenschaftliches Fach gelten wollen.
Und dies zeigt sich in vielen Hinsichten in ihrem Text. Ich werde im Folgenden nur auf einige von ihnen eingehen können, von denen ich meine, dass sie die Unwissenschaftlichkeit der Gender Studies bzw. ihrer Vertreter (hoffentlich aber nicht ALLER Ihrer Vertreter!) besonders deutlich erkennen lassen, die wir aber in unserem ersten Text über das outing von Sabine Hark und Paula Villa als wissenschaftlich unbedarft nicht hinreichend würdigen konnten.
Hier also vier Punkte, anhand der die wissenschaftliche Unbedarfheit der Autorinnen besonders deutlich wird:
Punkt 1: Die Diffamierung von Kritik statt die Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten, oder: der Fehlschluss ad hominem – zum x-sten Mal!
Der erste Teil des Textes, der beiden genannten Autorinnen, beide Lehrstuhlbesetzerinnen an deutschen Universitäten, besteht allein aus Beschimpfungen und Unterstellungen gegenüber denen, die sie als Kritiker der Gender Studies wahrnehmen. Da ist die Rede von “Anwürfen”, von “Antifeministen”, von “misogyne[n], sexistische[n] und auch [! es gibt nur “und” oder “auch”, aber nicht “und auch”!] Positionen” und davon, dass die Gender Studies “diskreditiert” würden. Die Kritik der Kritiker wird als solche keines Wortes gewürdigt; sie wird einfach in Bausch und Bogen verworfen, weil sie von Leuten kommt, die die Autorinnen in der Weise verunglimpfen, in der sie es tun, und die Verunglimpfung von Personen oder Auffassungen für sie anscheinend dasselbe ist wie eine vernünftige Gegenargumentation.
Wie jeder mehr oder weniger regelmäßige Leser von Sciencefiles weiß, ist das der alte Hut vom Fehlschluss ad hominem und daher eben das: ein nicht ernstzunehmender Fehlschluss, denn (um es wieder einmal zu erklären):
selbst dann, wenn eine Kritik geäußert würde, weil derjenige, der sie äußert, misogyn, sexistisch, antifeministisch oder sonst irgendetwas unflätiges wäre, würde das über die Kritik als solche überhaupt nichts aussagen. Auch, wenn es Vertreterinnen von Gender Studies schwerfällt, es zu verstehen oder zu akzeptieren: auch jemand, der misogyn oder sexistisch … [Beliebiges einsetzen!] ist, kann eine berechtigte Kritik äußern oder eine sachlich berechtigte Frage stellen!
Und die Kritik bzw. die Frage stehen weiter im Raum – mit oder ohne Diffamierung derer, die die Kritik äußern oder die Frage stellen.
Entweder Frau Hark und Frau Villa sind in ihrer Bildungsbiographie noch nicht soweit vorgedrungen, dass sie logische Schlussfolgerungen von Fehlschlüssen zu unterscheiden gelernt hätten [aber was haben Sie dann als Dozierende an einer Hochschule verloren?], oder sie greifen auf diesen plumpen Täuschungsversuch zurück, weil sie damit die Tatsache verdecken wollen, dass sie nicht im Stande sind, der Kritik inhaltlich zu begegnen, also keine Gegenargumente vorbringen können, keine Argumente auf ihrer Seite haben.
In jedem Fall gehen Wissenschaftler genauso mit Kritik NICHT um, denn für Wissenschaftler ist Kritik etwas Produktives und für den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt Notwendiges.
Punkt 2: Und noch ein Fehlschluss: der Schluss von sich auf andere, und die Verwechslung von Entdeckungs- und Begründungszusammenhang
Möglicherweise sind sich Hark und Villa selbst nicht ganz sicher, ob der plumpe Trick mit dem ad hominem funktioniert. Also setzen sie noch eins drauf: Kritiker sind misogyn, sexistisch etc, aber die Autorinnen unterstellen ihnen gleichzeitig – doppelt gemoppelt hält bekanntermaßen besser, oder!? – “Statusangst”. Da die Autorinnen schwerlich als ausgewiesene Psychologinnen gelten können und m.W. keinerlei entsprechende empirische Forschung betrieben haben, muss man sich fragen, wie sie auf die Idee kommen, ihren Kritikern “Statusangst” zu unterstellen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es ein solches Konstrukt in der Psychologie überhaupt gibt, und so scheint es naheliegend als Quelle der Idee von der “Statusangst” die Gefühlslage der Autorinnen zu vermuten.
Wenn das zutrifft, so muss die Angst der Autorinnen vor dem sozialen Abstieg oder dem Verlust des “warm glow” der Wissenschaftlichkeit als der Entdeckungszusammenhang der “Statusangst” gelten. Aber wie jeder Wissenschaftler weiß, sind Entdeckungszusammenhang und Begründungszusammenhang unabhängig voneinander! D.h. wenn die Autorinnen aufgrund ihrer eigenen Ängste auf die Idee kommen, es könne so etwas wie “Statusangst” geben, das eine Person andere Auffassungen irrational und ungeprüft ablehnen lässt, dann kann das Anlass sein zu prüfen, ob es sich vielleicht nicht nur bei ihnen selbst, sondern auch bei den Kritikern so verhält, aber es ersetzt nicht die entsprechende Prüfung!
Einfach zu behaupten, andere Leute hätten “Statusangst” und jeden Beleg hierfür oder auch nur eine Plausibilisierung dieser Unterstellung anzubieten (wie ich das gerade mit Bezug auf die Autorinnen getan habe), ist vollkommen unwissenschaftlich. Kein Wissenschaftler würde statt mit Belegen mit schlichten Unterstellungen argumentieren wollen, und vor allem wissen Wissenschaftler gewöhnlich, worin sie kompetent sind und worin nicht. Oder anders gesagt: es scheint, dass Hark und Villa sich nicht darüber im Klaren sind, dass sie zumindest in Sachen Psychologie keine Kompetenzen haben, sonst würden sie sich wohl kaum zu einer psychologischen Hobby-Analyse ihrer Kritiker versteigen.
Punkt 3: Fehschlüsse, Fehlschlüsse und noch mehr Fehlschlüsse: diesmal der Fehlschluss ad auctoritatem zur Verschiebung von Verantwortung und zur Vermeidung von Begründungen
Wenn man sich den Text von Hark und Villa zumutet, dann fällt einem auf, dass er eine positive Argumentation durch die Berufung auf andere Leute, die auch schon gesagt haben, was man selbst gerne sagt, ersetzt. Schon der allererste Absatz des Textes enthält einen solchen Versuch, statt einer Begründung ein argumentum ad auctoritatem zu bringen: wir erfahren, dass im Jahr 1902 eine Schriftstellerin, Intellektuelle und Aktivistin aus Berlin ihre Kritiker beschimpft hat und ihnen “Furcht vor dem weiblichen Geschlecht” unterstellt hat, die deren Position als “dümmliche Verteidigung von Machtansprüchen” entlarve.
Wie unter Punkt 2 erklärt wird natürlich nichts dadurch als “dümmliches” Irgendetwas “entlarvt”, also ein Begründungszusammenhang aufgeklärt, dass jemandem irgendeine Furcht unterstellt wird, also – bestenfalls – auf den Entdeckungszusammenhang rekurriert wird. Das bemerken Frau Hark und Frau Villa aber gar nicht. Sie übernehmen es unkritisch und – noch schlimmer – sie meinen anscheinend, dass die Tatsache, dass jemand, den sie mögen, einmal ähnliche Beschimpfungen und Unterstellungen geäußert habe wie sie, gleichzeitig dieser Person und ihnen selbst Recht gäbe – in was genau auch immer.
Es handelt sich hier um den Fehlschluss ad auctoritatem, bei dem die Autorinnen meinen, das, was sie selbst nicht begründen, sondern nur unterstellen können, dadurch begründen zu können, dass sie auf jemanden verweisen, der auch schon nur unterstellt, aber nicht begründet hat. Das ist eine besonders dumme Form des Fehlschlusses ad auctoritatem. Der “einfache” ad auctoritatem soll eine Art Kurzformel für eine Begründung sein: man verweist auf jemanden, den man als eine Autorität ansieht und lastet sozusagen ihm die Begründung für den eigenen Standpunkt an, bleibt die Begründung aber selbst schuldig (obwohl sie doch angebbar sein muss, wenn man angeblich von jemandem weiß, der so überzeugende Gründe vorgebracht hat; man müsste sich doch dann an diese Gründe erinnern können).
Der sagen wir: degenerative Fehlschluss ad auctoritatem, den Frau Hark und Frau Villa begehen, bezieht sich aber gar nicht auf eine Begründung, die man selbst nicht geben kann, weshalb man an die Autorität weitervermittelt, sondern bloß auf Beschimpfungen und Unterstellungen, die jemand anders auch schon geäußert hat, sozusagen eine Autorität in Ausfälligkeiten.
Zumindest in dieser verschärften Form unterläuft der Fehlschluss ad auctoritatem sicherlich keinem Wissenschaftler.
Das soll nicht heißen, dass die Autorinnen nicht auch den einfachen Fehlschluss ad auctoritatem pflegen. So verweisen Sie, um eine Einschätzung von jemandem, den sie zu den eigenen Reihen zählen, zu begründen, auf einen Naturwissenschaftler, der das auch sage (oder Ähnliches), was in den Augen der Autorinnen anscheinend bedeuten muss, dass das auch richtig so sein müsse.
Dummerweise wirft das die folgende Frage auf: wenn es Naturwissenschaftler und Philosophen gibt, die all das gesagt haben, was die Vertreter von Gender Studies (gewöhnlich in weit unklarerer Sprache) zu sagen haben, wozu sollte dann das Fach “Gender Studies” noch notwendig oder nützlich sein?
Das ist der Fallstrick des Fehlschlusses ad auctoritatem: er verweist immer zurück auf die Überflüssigkeit der eigenen Person – man verkündet ja bloß das. was man für Erkenntnisse anderer Leute hält. Das ist die klassische Tätigkeit des Wasserträgers oder wie man heute so schön sagt: des Multiplikatoren, wissenschaftliches Arbeiten hat aber etwas mit Eigenleistung zu tun!
Punkt 4: Erkenntnistheorie und inhaltliche Einsichten: Verirrungen und Verwirrungen zwecks “name dropping”!?
Frau Hark und Frau Villa benutzen in ihrem Text das Wort “erkenntnistheoretisch”, was ein Wort ist, das normalerweise in wissenschaftlichen Zusammenhängen vorkommt und von ihnen vermutlich adaptiert wurde, um Wissenschaftlichkeit zu suggerieren. Im Zuge der Diffamierung ihrer Kritiker finden die Autorinnen sogar die eigene Einsicht, “[w]as Natur ist und welche Rolle sie für die menschliche Identität und Gesellschaft spielt”, – zu Recht – “völlig trivial”, allerdings nicht einfach so, also inhaltlich besehen, sondern “erkenntnistheoretisch völlig trivial”. Eine inhaltliche “Einsicht” ist also nicht “trivial”, weil offenkundig, sondern “erkenntnistheoretisch” trivial – aha!
Was mag das bedeuten? Frau Villa, an der Fakultät für Philosophie, Wissenschaftstheorie und Religionswissenschaft Ihrer Universität, vertritt man eine Auffassung von “Erkenntnistheorie”, die – fast, die Ausnahme sind anscheinend Frau Hark und Frau Villa – uneingeschränkt geteilt werden dürfte. Sie lautet:
“Die Erkenntnistheorie verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die Natur, der Ursprung und der Umfang menschlicher Erkenntnis aufgeklärt werden, zum anderen soll die Möglichkeit von Erkenntnis erklärt und verteidigt werden.”
Als “erkenntnistheoretisch” ist also zu bezeichnen, was sich auf die Möglichkeit der menschlichen Erkenntnis bzw. die Erkenntnisfähigkeit und den Vorgang der Erkenntnisgewinnung (oder -konstruktion, für die, die’s lieber mögen) bezieht. Eine erkenntnistheoretische Einsicht könnte daher z.B. sein, dass Menschen die Realität niemals direkt wahrnehmen können, sondern sie nur eben durch ihren Wahrnehmungsapparat gefiltert wahrnehmen oder erschließen können.
Die Autorinnen schreiben:
“Was Natur ist und welche Rolle sie für die menschliche Identität und Gesellschaft spielt, ist eben historisch wandelbar. Diese erkenntnistheoretisch völlig triviale Einsicht stellt allerdings für viele … eine schwer zu schluckende Kröte dar”.
Verstehen Sie das? Ich nicht.
Wenn jemand der Meinung ist, dass die Rolle, die Natur für die menschliche Identität spielt, wandelbar ist, dann ist das erstens keine Einsicht, sondern eine These, zweitens ist die “Einsicht” anscheinend doch nicht trivial, denn sie ist doch nach Aussage der Autorinnen eine “schwer zu schluckende Kröte”, und drittens ist sie keine erkenntnistheoretische “Einsicht”; die “Einsicht” hat mit Erkenntnistheorie überhaupt nichts zu tun. Eine “Einsicht” wie die folgende hätte vielleicht etwas mit Erkenntnistheorie zu tun: “Was Natur ist und welche Rolle sie für die menschliche Erkenntnisfähigkeit spielt, ist nicht historisch wandelbar, aber empirisch prüfbar”, aber das ist es eben: hier ginge es um die Möglichkeit und Praxis menschlicher Erkenntnis(findung). Just darum geht es den Autorinnen aber offenkundig nicht.
Das Adjektiv “erkenntnistheoretisch” wird hier also völlig falsch und ohne erkennbaren Anlass benutzt. Es ist anscheinend ein eher hilfloser Versuch, sich wissenschaftlichen Vokabulars zu bedienen, um zu suggerieren, man hätte irgendeine Ahnung von Wissenschaft, man könnte wissenschaftliche Begründungen formulieren, wenn man nur wollte. Gerade die falsche Verwendung von unverstandenen Konzepten macht aber deutlich, dass es sich um Wissenschaftslaien handelt.
Fazit
Um die Autorinnen – frei – zu zitieren: Selbst dann, wenn Gender Studies in irgendeiner bislang unentdeckten Hinsicht tatsächlich wissenschaftlich sein sollten, würden die “Kultur”, das “Volk”, die “Familie” oder welche Dinge auch immer den Autorinnen heilig sind, nicht und sicherlich auch nicht die Wissenschaft untergehen, wenn Gender Studies komplett aus dem Universitätsbetrieb ausgeschlossen und vielleicht in die Volkshochschulen transferiert würden.
Nur wer Statusangst hat, lehrt lieber an einer Universität als einer Volkhochschule, oder!?!
Der Artikel erschien zuerst auf ScienceFiles.