Männer als Zeugungsverweigerer und Empathieverlierer?

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Plädoyer für ein neues Arrangement der Geschlechter

In jüngster Zeit häufen sich die Texte über den Mann. Es folgt eine Betrachtung im Kontext Mann und Frau. 

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Fangen wir mit den Jungens an: ich sehe vor mir Stefan inmitten des Stuhlkreises einer Grundschulklasse. Er muss sich für eine Rauferei auf dem Schulhof rechtfertigen und entschuldigen. Ein Grund für die Lehrkraft, den Jungen in der Mitte zu belehren – im Beisein seiner Mitschüler. Eine solche Demütigung kratzt an seiner Identität. Überhaupt erfahren Jungens in der Schule mittlerweile geringere Empathie, obwohl sie diese mehr als Mädchen benötigen. Mangelnde Empathie reduziert die Leistungsbereitschaft der Jungen. Dann wären Jungens keine Bildungsverlierer, sondern „Empathieverlierer“.

Kommen wir zu den Männern mit einem weiteren Bild: Ein frisch geschiedener Vater – einer von rund 500 Vätern pro Gerichtstag – verlässt das Familiengericht. Mit dem Scheidungsurteil werden Kinder meistens der Mutter zugeteilt, und der Vater? Er hat mit dem Urteil gleichsam sein Kind und… seine Würde verloren. Nicht nur das, aus diesen geschiedenen Vätern – als ehemalige Leistungsträger- werden häufig Leistungsempfänger, mit volkswirtschaftlichen jährlichen Folgekosten im zweistelligen Milliardenbereich, für manche Frauengruppen eine häufig beschwiegene Aussage.

Männer im Zeugungsstreik

Völlig unerwartet kam in den letzten Jahren, als eine Folge der zunehmenden Scheidungsurteile noch das Phänomen „Zeugungsstreik“ junger Männer hinzu. Zum großen Teil reichen Frauen die Scheidung ein. Die Ehe hat damit für junge Männer die Rollengewissheit durch die Familie verloren. Im Gegenteil: es droht nach einer Scheidung die Rolle als Zahlvater ihrer Kinder – obwohl ein Trennungsvater sein Kind nur alle paar Wochen mal sehen darf. Ein Phänomen, was man zunehmend auf Bahnsteigen am Freitagnachmittag beobachten kann: Trennungsväter holen ihr Kind von der Mutter ab. Schaut man in die Gesichter dieser Kinder meint man, eine unendliche Traurigkeit zu spüren.

Entwürdigung der Trennungsväter und Zeugungsstreik: Sind das Folgen einer sich verändernden Gesellschaft oder etwa „Kollateralschäden“ des Feminismus? Zumindest sind es Auswirkungen einer totalitären Staatsideologie. Jetzt spätestens werden politisch korrekte Bürger ihren zurecht weisenden Zeigefinger erheben.

Die neue Galanterie

Noch ebnen Männer den Frauen ihren Weg wie seit undenklichen Zeiten und neuerdings beispielsweise mit der Frauenquote. Diese „fördert“ vermeintlich „DIE“ Frauen, aber nur die, die diese Förderung benötigen.

Eine „Neue Galanterie“ – wie der Soziologe Gerhard Amendt es nennt – zeichnet sich ab, als ob das Beschützerverhalten von Männern immer noch durch ein, zwar virtuelles, „Beschützer-Gen“ gesteuert wird. Das kann sich ändern. Die zunehmende Diskriminierung der Männer könnte sich zu einer Zeitbombe entwickeln, deren Ticken die Gesellschaft noch nicht wahrgenommen hat. Das soll sie wohl auch nicht, der „Mann“ und Männlichkeit sind gemäß der Staatsideologie „Gender“ zu einem Tabuthema verkommen. So spielen häufig Männer in den TV – Medien mittlerweile die „gutmütigen Trottel“ und geben sich damit – nolens volens – der Lächerlichkeit preis. Die dergestalt freiwerdenden Männerrollen wurden unmerklich von taffen, multi-tasking Superfrauen übernommen, die durch ihr demonstrativ männliches Verhalten auffallen.

Positive Diskriminierung

Eine herablassende Haltung spiegelt sich auch in den täglichen Diskriminierungen der Männer wieder. Männer werden – von der Öffentlichkeit wenig bemerkt – in einem kaum vertretbaren Maße bei Bewerbungen, Beförderungen, usw. benachteiligt, nach dem Motto bei gleicher Befähigung gilt „in dubio pro femina“. So werden Männer in der Summe strukturell diskriminiert, um das, so die Begründung, in der Vergangenheit angeblich von ihnen an Frauen begangenem Unrecht wieder gut zu machen. Der Euphemismus „positive Diskriminierung“ begründet das frauenfördernde Verhalten. Welche menschenverachtende Formulierung! Und die betroffenen Männer? Sie schweigen. Ist es wieder das Beschützer-Gen, was sie von Empörung und Protest abhält, oder noch schlimmer: Selbstaufgabe?

Gleichstellungsbeauftragtinnen

Brauchen wir also doch Männerbeauftragte? Nein. Männerbeauftragte müssten in Konkurrenz zu den unzähligen Gleichstellungsbeauftragtinnen treten, die eigentlich auch für Männer da sein sollten. Tun sie aber nicht. Dürfen sie auch nicht, sie sind budgetmäßig – im Widerspruch zu ihrer Bezeichnung – auf Frauenförderung festgelegt. Ein Männerbeauftragter müsste also erst einmal für sein Budget kämpfen. Das wäre bei der jetzigen, finanzstarken, etablierten Infrastruktur der Gleichstellungsbeauftragten ein hoffnungsloses Unterfangen.

Eine neue Geschlechterpolitik braucht keine Geschlechtsvertreter, das wäre eine Clientelpolitik besonderer Güte. Was das gebracht hat, zeigt ein Jahrzehnt Gleichstellerei: rund 2000 Gleichstellungsbeauftragtinnen in der öffentlichen Verwaltung. Ergebnis? Eine Verwaltung für Frauenförderung par Excellence.

Work-Life Balance: die Einstiegsdroge

Und dennoch: Die ausgeglichene Work-Life Balance benötigt eine (Paar-) Politik für Mann UND Frau“ im Verbund. Mit dem Eintritt der Frau in die Arbeitswelt geriet die Work-Life außer Tritt. Der Mitverdienst der Frau fand häufig nicht freiwillig statt, sondern ging einher mit der kontinuierlichen Reduzierung des Nettoeinkommens der Familien von Staats wegen. Der Mitverdienst der Frau brachte der Frau die Doppelbelastung Familie und Beruf und für den Mann einen Rollenverlust. Er verlor die Rolle des Haupternährers der Familie. Es traf uns Männer ziemlich unvorbereitet, denn zukünftige, „irgendwie männliche“ Rollen-Alternativen waren nicht in Sicht.

Da kam die Stunde der Frauenpolitikerinnen:

Immer mehr, immer mehr

Unterstützend propagieren die Frauenpolitikerinnen immer wieder mantrahaft die Aussage : „Immer mehr Väter wollen mehr Zeit für die Familie haben“! Ein banaler Spruch, will das nicht theoretisch jeder Vater? Aber je nach Gesellschaftsordnung ist dieser Wunsch mehr oder weniger umsetzbar. Dieses „Immer mehr“ vermittelt aber Scheinwahrheiten, schafft durch Wiederholung gewollte Trends und am Endes des Tages die gewünschten Bilder zukünftiger Rollen. Ähnliches gilt für die ideologisch gewollten Frauenrollen, wie beispielsweise „Frauen in die Vollzeit„.

Und die Männer? Die Bilder des „Neuen Mannes“ bereichern zusehends das Bild in den Fußgängerzonen: Vater mit Baby im Brustbeutel, zu Hause: immer zuhörend, familienorientiert, kommunikativ und sich selbst zurücknehmend, also frauenfördernd. Sie sollen – so das Frauenministerium – an die Stelle der obsoleten, „stereotypen“ männlichen Eigenschaften wie kämpferisch, risikobewusst, wettbewerbs- und zielorientiert treten. Die heutige Geschlechterpolitik stellt das Hinterfragen dieser klassischer Rollen in den Vordergrund . Sie unterstützt damit medial und auch förderpolitisch den „Neuen Mann“ beziehungsweise den „Neuen Vater“.

Das sind Kunstrollen, die nicht das Ergebnis eines ideologiefreien gesellschaftlichen Prozesses sind. Sie sind das Ergebnis einer genialen Propaganda, initiiert von relativ kleinen, aber finanzstarken Frauengruppen zur Durchsetzung ihrer frauenorientierten Work-Life Balance. Da teilen sich junge Mütter mit den Vätern den Haushalt, mit ihrem Kind notwendigerweise in Fremdbetreuung. Ob diese Rollenteilung immer freiwillig vom Manne übernommen wurde, sei mal dahingestellt. Aber die Sehnsüchte des Kleinkindes nach seiner Mutter werden zugekleistert mit dem Erwachsenen-Mantra „Bildung statt Bindung“. Eine nicht verzeihliche Arroganz unseren Kindern gegenüber.

Das neue Arrangement

Für eine ideologiefreie Entwicklung der Rollen von Mann und Frau müssen sie sich vom genderpolitischen Ballast wie einseitiger „Gleichstellung“, sprich Frauenförderung und angeblicher Gleichheit von Mann und Frau befreien. Dieser Ballast stört den notwendigen offenen gesellschaftlichen Prozess, der die individuelle Wahlfreiheit der Lebensmodelle ermöglicht, das reicht dann von den klassischen Modellen bis hin zu den individuellen, aushandelbaren Rollen in einer Lebens-Partnerschaft.

Also: Weg frei für eine Geschlechterpolitik, die von der Natur des Menschen ausgeht, von dem Miteinander von Mann und Frau, gleichsam einem neuen Arrangement der Paarbeziehung zwischen Mann und Frau. Die Modelle dafür sind Jahrhunderte alt: das chinesische (Yin Yang) und auch das biblische Modell: Mann und Frau ergänzen sich gegenseitig – dank ihrer Verschiedenheit und sie benötigen einander. „ Keines der beiden Geschlechter ist besser als das andere. Das ist nicht sexistisch , sondern klug“ (Martenstein).

Das Ergänzungsmodell geht von eigenständigen Individuen aus, die einander bedürfen und ergänzen. Daraus können diese Individuen auf Grundlage ihres innewohnendes Wertebildes selbstbestimmt ihr gegenseitiges Miteinander entwickeln. Ein Gefühl einer Abhängigkeit kann in diesem Kontext erst gar nicht aufkommen.

Die Idealvorstellung der Komplementarität mündet in einer ausgewogenen Geschlechterbalance, die die Fremdbestimmtheit des Paares in Grenzen hält. Sie lässt vor allem die feministisch orientierte Dominanzdebatte erst gar nicht aufkommen. Mit anderen Worten: die Themen „Patriarchat“ und „Matriarchat“, bzw. Geschlechterkampf spielen in einer solchen Geschlechterbalance kaum eine Rolle.

Erste positive Anzeichen für einen Wandel zeigen einige Texte und Bücher von Männern und Frauen der 30+ Generation nach dem Motto „ Danke, emanzipiert sind wir selber!“ – so der Titel eines Buches der ehemaligen Familienministerin Kristina Schröder. Emanzipierte Frauen und Männer benötigen kein Hinterfragen ihrer Rollen, sie leben einfach ihre Rollen – ohne vermeintlich trendige Rollenbilder. Das tägliche Arrangement der Paare vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen ergibt erst in der summarischen Rückschau das sich verwandelnde Rollenbild der Frau und des Mannes.

Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Mann und Frau beschreiben ein Spannungsfeld , das Verlangen nach Liebe und Nähe des Anderen entstehen läßt. Eine solche Beziehung Mann-Frau ist gleichermaßen verbunden mit der Beziehung hin zum Kind. Mit der Geburt des Kindes vollendet sich das Miteinander: Das Kind erfüllt die „Sehnsucht des Lebens nach sich selbst“ (Gibran).

Der Beitrag erschien ebenfalls bei AGENS.

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