Julia Korbik und die Liberalen Männer in der FDP

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Nach der taz und Edition F . hat nun ebenfalls der Vorwärts den Programmentwurf zur Gleichberechtigung der „Liberalen Männer“ in der FDP aufgegriffen und macht ein Problem der Männerrechtler aus, das weit über die FDP hinausgeht.

Der böse Wolf und die 7 unschuldigen Geißlein

Offenbar wittern gewisse Damen in den feministischen Leitmedien Gefahr, und es glühen bereits die roten Lampen auf, die die entsprechenden Protagonisten in Alarmstimmung versetzen, zumal offenbar der böse Wolf im Anmarsch ist und die 7 unschuldigen jungen Geißlein einfach fressen möchte, falls sie sich nicht genügend wappnen.

Dabei ist erst ein Programmentwurf bezüglich Gleichberechtigung auf Genderama veröffentlicht worden, und eine entsprechende Gruppe der Liberalen Männer der FDP muss sich erst noch konstituieren.

Der Titel des Beitrags von Julia Korbik hat es bereits in sich, er lautet nämlich wie folgt:

Wie die „Liberalen Männer“ den Feminismus bekämpfen wollen.

Im entsprechenden Programmentwurf kommt das Wort Feminismus überhaupt nicht vor, und ich kann außerdem keinen Kampf oder ein Gegeneinander feststellen im Sinne von: hier der böse Feminismus und da die guten Liberalen Männer. Das Framing des Titels gibt dementsprechend bereits eine gewisse Sichtweise vor, unter welcher Perspektive (Frame) der Text gelesen werden soll: nämlich die Bekämpfung des Feminismus durch die Liberalen Männer der FDP.

Es geht nicht um Gleichberechtigung, sondern darum, wer wahrhaft benachteiligt ist

Julia Korbik schreibt:

Vor ein paar Tagen hatten ein paar FDP-Männer eine tolle Idee: Sie wollen eine Männerorganisation innerhalb der FDP gründen. „Liberale Männer in der FDP“ soll die heißen und sich für die „tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ einsetzen. So heißt es zumindest in einem entsprechenden Programmentwurf, der auf dem Blog „genderama“ das Männerrechtlers Arne Hoffmann veröffentlicht wurde. Damit ist die Richtung schon vorgegeben – statt um Gleichberechtigung geht es hier eher darum, dass Männer in den Augen der „Liberalen Männer“ die wahrhaft Benachteiligten sind.

Das heißt folgendes: Wenn der Programmentwurf auf dem Blog „Genderama“ von Arne Hoffmann veröffentlicht wurde, gibt dies bereits eine Richtung vor: Es geht dann keineswegs um Gleichberechtigung, sondern darum, dass Männer die wahrhaft Benachteiligten sind. Wie Julia Korbik auf diese Einschätzung kommt, wird leider nicht begründet, sondern einfach mal behauptet ohne irgendwelche Fakten zu liefern. Und wenn nicht die Männer die wahrhaft Benachteiligten sind, sind es dann die Frauen? Oder gibt es überhaupt keine wahrhaft Benachteiligten? Und warum sollte es nicht so sein, dass Frauen in gewissen Bereichen benachteiligt sind und Männer in gewissen Bereichen? Auch bei einer solchen Konstellation würde das Konzept Gleichberechtigung Sinn ergeben.

Ein schlechter Witz: Frauen sind wahrhaft die Opfer

J.K. schreibt:

Unter Punkt 6 „Gleichberechtigung bei häuslicher und sexueller Gewalt“ wird beharrt: „Für die Erforschung und Bekämpfung von gegen Männer und Jungen gerichteter häuslicher und sexueller Gewalt müssen die gleichen öffentlichen Mittel bereitgestellt werden wie für die Erforschung und Bekämpfung der gegen weibliche Opfer gerichteten.“ Angesichts der Zahlen zu sexualisierter und häuslicher Gewalt in Deutschland liest sich das Ganze wie ein schlechter Witz. Es ist nun einmal nicht zu leugnen, dass die überwältigende Mehrheit der Opfer dieser Form von Gewalt Frauen und die überwältigende Mehrheit der Täter Männer sind.

So schlecht ist dieser Witz eben nicht, wie wir gleich noch sehen werden. Was mir beim Programmentwurf der Liberalen Männer der FDP fehlt, ist, dass nur häusliche und sexuelle Gewalt genannt werden und nicht alle Formen der Gewalt: also beispielsweise psychische Formen der Gewalt oder eben gerade schwere Straftaten gegen Leib und Leben wie Mord, Totschlag, Raub, Körperverletzung, bei denen Männer 1.5 mal häufiger Opfer sind als Frauen .

Den Fokus bloß auf häusliche und sexuelle Gewalt zu richten, verstellt den Blick auf das Ganze, wo eben Männer insgesamt häufiger Opfer schwerer Straftaten gegen Leib und Leben sind als Frauen.

Kommen wir zur sexuellen Gewalt. Neuere Studien kommen hier zu folgendem Schluss:

· Bei sexueller Gewalt sind im europäischen Vergleich, was die Opfer anbelangt, Unterschiede zwischen Männern und Frauen kaum vorhanden .

Kommen wir zur häuslichen Gewalt: Da mache ich es mir heute einfach:

· Ich verweise auf folgendes Buch:   Weibliche Gewalt in Partnerschaften: Eine synontologische Untersuchung . Zumindest was die Quantität anbelangt, haben wir bei häuslicher Gewalt bei Frauen und Männern quasi Gleichstand, was die Täter- und Opferrolle anbelangt. Und ja, es gibt offenbar große Unterschiede zwischen Hell- und Dunkelfeld. Männer sind offenbar im Hellfeld unterrepräsentiert in Relation mit den tatsächlichen Vorkommnissen.

Männerrechtler sind das Problem und nicht nur in der FDP

J.K schreibt:

In der FDP rauft man sich angesichts dieses vermeintlichen Einsatzes für Gleichberechtigung die Haare, und das zu Recht. Doch Männerrechtler sind kein FDP-spezifisches Problem, sondern ein gesellschaftliches. Männerrechtler finden in den letzten Jahren immer mehr Gehör: Der Feminismus ist für sie eine Ideologie des Männerhasses, deren Ziel es ist, die Gesellschaft nach feministischen Leitbildern umzubauen. Die Gleichberechtigung, glauben Männerrechtler, ist nun wirklich zu weit gegangen – so weit, dass nun Jungs und Männer die wahrhaft Benachteiligten sind.

Hat Julia Korbik einen direkten Draht zur FDP, zumal sie offenbar genau weiß, dass sich diese die Haare rauft? Ich selbst habe diesbezüglich noch nicht viel vernommen. Gibt es überhaupt d i e Männerrechtler? Und gibt es d e n Feminismus? Und was genau ist eigentlich ein Männerrechtler und wer genau gehört dazu? Und was ist daran so schlimm, wenn gewisse Männerrechtler den Eindruck haben, dass „der“ Feminismus eine Ideologie sei, die Männer hasst und die Gesellschaft nach ihren Leitbildern umbauen möchte? Könnte man es nicht auch umdrehen und sagen: Es gibt gewisse Feministinnen, die glauben, dass Männerrechtler eine Ideologie betreiben, die Frauenhass auf ihre Fahne geschrieben haben und die Gesellschaft nach ihren Leitbildern modifizieren möchten? Also hüben wie drüben dasselbe? Und gewisse Feministinnen denken doch sicherlich desgleichen, dass Frauen die wahrhaft Benachteiligten sind und dass die Gleichberechtigung noch längst nicht abgeschlossen sei?!

Wie wäre es, wenn man sagen würde: Es gibt bei Frauen noch gewisse Benachteiligungen und Problemlagen, und es gibt bei Männern noch gewisse Benachteiligungen und Problemlagen, die angegangen werden müssen. Ich sehe den Programmentwurf der Liberalen bis jetzt unter diesen Prämissen.

Es gibt eigentlich keine Benachteiligungen und Problemlagen von Männern

J.K. schreibt:

Aus einzelnen Punkten und Fakten leiten Männerrechtler gerne eine flächendeckende Benachteiligung von Männern ab. Wie der ehemalige Schweizer Männerbeauftragte Markus Theunert prägnant zusammenfasste: „Man wähle ein beliebiges, in Ziffern fassbares Merkmal und brandmarke den Unterschied zwischen den Geschlechtern als gewollte Benachteiligung und Diskriminierung von Männern.“

Dieser Satz von Markus Theunert lässt sich ebenfalls analog auf Frauen übertragen:

Man wähle ein beliebiges, in Ziffern fassbares Merkmal und brandmarke den Unterschied zwischen den Geschlechtern als gewollte Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen .

Das heißt: Aus einzelnen Fakten leiten gewisse Frauen/Feministinnen eine intentional flächendeckende Benachteiligung bzw. Diskriminierung der Frauen ab. Hierfür gibt es ausserdem ein umfangreiches Arsenal von Begrifflichkeiten und Konzepten wie Gender-Pay-Gap, Gläserne Decke, Altersarmut der Frauen, Rape Cultur etc., usw, usf.

Bundesforum Männer = gut vs. MANNdat = böse

J.K. schreibt:

Nun ist der Einsatz für die Rechte von Jungen und Männern nicht per se abzulehnen oder zu verdammen. Das Bundesforum Männer beispielsweise versteht sich als Interessenvertretung „für Jungen, Männer und Väter“ und hinterfragt kritisch gesellschaftliche Geschlechternormen und Rollenerwartungen in Bezug auf Männer und Jungen. Eine solche Männerarbeit hat tatsächlich den Anspruch, zu einer geschlechtergerechteren Gesellschaft beizutragen – anders als Vereinigungen wie MANNdat, die nur damit beschäftigt sind, die vermeintliche Diskriminierung von Männern zu beweisen.

Da haben aber die Jungen und die Männer noch Glück gehabt, dass der Einsatz für ihre Rechte nicht per se abzulehnen ist, sonst wären sie ja vollständig auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen von Julia Korbik abhängig gewesen. Das mag sein, dass das Bundesforum Männer sich als Interessenvertretung für „Jungen, Männer und Väter“ versteht, die Frage stellt sich jedoch, ob sich alle „Jungen, Männer und Väter“ von diesem Bundesforum repräsentiert fühlen und ob es deren Anliegen, Interessen, Benachteiligungen und Problemlagen auch genügend vertritt?! Da würde ich zumindest ein großes Fragezeichen dahinter setzen. Setzt sich das Bundesforum energisch dafür ein, dass medizinische, psychische, psychosoziale, soziale, bildungspolitische oder rechtliche Problemlagen und Benachteiligungen von Jungen, Männern und Vätern vermehrt einer nachhaltigen Verbesserung zugeführt werden? Wie steht es mit der höheren Selbstmordrate bei Jungen und Männern, bei Bildungs-, Ausbildungs- und beruflichen Problemen der Männer? Bei Problemlagen, bei denen Männer viel öfter davon betroffen sind als Frauen wie Alkoholerkrankungen, Drogenabhängigkeit, Spielsucht, Obdachlosigkeit, Doping und Aufputschmittel, schweren Gewalttaten wie Mord, Totschlag, Raub, Körperverletzung, Arbeitsunfälle und Berufserkrankungen, Väterrechte, Lebenserwartung, härterer Bestrafung bei Straftaten etc., usw. usf. Wie viele Hilfsangebote für medizinische und psychosoziale Problemlagen gibt es wohl insgesamt für Frauen und wie viele für Männer? Das Verhältnis dürfte vermutlich bei mindestens 10:1 liegen.

Bei MANNdat geht es nicht bloß darum, „vermeintliche Diskriminierungen“ zu beweisen, sondern auf Problemlagen von Männern, Jungen und Vätern hinzuweisen, die das Bundesforum teilweise außen vor lässt. Wer Problemlagen von Jungen, Vätern und Männern gleichsam negiert, der will keine Geschlechternormen und Rollenerwartungen modifizieren, sondern der reproduziert gleichsam die tradierten geschlechtsspezifischen Rollen und Erwartungen.

Die Liberalen Männer diskreditieren die nachhaltige Männerpolitik

J.K schreibt:

Es gibt also solche und solche Männerrechtler. Fest steht: Männerrechtler wie die „Liberalen Männer“ und alles, was sich auf „genderama“ so tummelt, diskreditieren jene (Männer), die in Form von Männerpolitik die Gesellschaft nachhaltig verändern wollen. Jene, die nicht aus einem Racheimpuls handeln, weil sie das Gefühl haben, nach Jahrzehnten der feministischen Terrorherrschaft seien sie jetzt auch mal dran. Jene, für die Gleichberechtigung ein Ziel ist, an dem gemeinschaftlich gearbeitet werden muss – und kein Nullsummenspiel, bei dem es nur darum geht, wer gewinnt und wer verliert.

Das ist wirklich eine reichlich absonderliche Argumentation, die sich hier Julia Korbik zurechtgelegt hat, wenn sie den Liberalen Männern vorwirft, mit ihrem Programmentwurf die Männerpolitik zu diskreditieren.

Wie es solche und solche Feministinnen gibt, gibt es sicherlich desgleichen solche und solche Männerrechtler, das liegt vermutlich in der Natur der Sache. Die Gruppe der Liberalen Männer hat sich ja bisher noch überhaupt nicht konstituiert, und es liegt erst ein Programmentwurf vor, aber erstaunlicherweise weiß Julia Korbik offenbar bereits im Voraus ganz genau, was das für Männer sind und was diese für eine Programmatik bezüglich Gleichberechtigung in Zukunft fahren werden.

Am Schluss stellt sich die Frage, wie Julia Korbik auf die Idee kommt, dass die Liberalen Männer der FDP aus Racheimpulsen handeln und keine Gleichberechtigung wollen? Steht diesbezüglich irgendetwas im Programmentwurf oder sind das einfach (ideologische) Projektionen ohne irgendwelchen empirischen Gehalt?

Fazit

Julia Korbik geht es primär nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Programmentwurf der Liberalen Männer der FDP sowie den Problemlagen und den Benachteiligungen, die es nun mal gibt, von Jungen, Vätern und Männern, sondern vornehmlich um Dämonisierung, Feindbilderzeugung und Delegitimierung der Liberalen Männer und deren Anliegen. Es macht den Anschein, dass Benachteiligungen sowie Problemlagen von Jungen, Männern und Vätern von gewissen Feministinnen, wie beispielsweise Julia Korbik, vehement negiert werden sollen. Ihre diskursive Strategie scheint das „Teilen und Herrschen“ zu sein: Hier die guten Männerrechtler in Gestalt des Bundesforums und da die bösen Männerrechtler in Gestalt der Liberalen Männer der FDP.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei man-tau.com

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