Nicht die Fridays for Future oder das Rezo-Video sind kindisch, sondern die Reaktionen darauf.
Über die Vermeidung von Gesprächen durch Umarmungen
„Schule schwänzen für Klima: Wie lange noch?“ Die stillschweigende Unterstellung in dieser Überschrift beim Deutschlandfunk ist nicht unrealistisch: Ganz sicher werden bei den Fridays for Future auch Schüler dabei sein, denen es vor allem darum geht, einen guten Grund zum Vermeiden von Unterricht zu finden. Wer sich aber auf solche persönliche Motive Einzelner fixiert, übersieht, dass eine politische Bewegung auch ganz unabhängig von solchen Motiven einen Sinn haben kann.
Schließlich wird es Schülern schon immer erklärt, dass sie zur Schule gehen müssten, um ihre Zukunft zu sichern. Also signalisieren fragen die Jugendlichen demonstrativ: Warum sollten wir uns auf eine Zukunft vorbereiten, die es vielleicht gar nicht geben wird?
Die Frage der Verantwortung für künftige Generationen ist gerade für Demokratien ganz besonders wichtig. Schließlich ist es ein alter Grundsatz, dass an demokratischen Entscheidungen die Menschen beteiligt sein müssen, die auch von ihren Folgen betroffen sind.Wenn es um Generationen geht, die heute noch Kinder oder die noch nicht einmal geboren sind, ist das aber offensichtlich kaum oder gar nicht zu realisieren. Wer für sich beansprucht, demokratisch zu sein, darf dann aber wenigstens die Situation nicht ausnutzen, dass viele Betroffene heute schlichtweg noch nicht gehört werden können.
Das bedeutet: Wer Entscheidungen demokratisch treffen will, darf nicht außer Acht lassen, was Menschen, die zukünftig leben werden, nach allem menschlichen Ermessen über sie denken werden. Natürlich ist dann davon auszugehen, dass zukünftige Generationen nicht verständnisvoll darüber nicken werden, dass wir ihre Lebensgrundlagen gefährden, damit wir heute die Möglichkeit haben, problemlos nach Neuseeland oder Südostasien zu fliegen oder mit dem SUV zum Brötchenkaufen zu fahren.
Fridays for Future hat, weil die Bewegung auf diese Interessen hinweist, also nicht nur eine klimapolitische, sondern auch eine demokratische Bedeutung – und zwar ganz unabhängig von den Motiven der Einzelnen.
Erwachsene Akteure haben vor allem zwei nur scheinbar gegensätzliche Methoden gefunden, die Auseinandersetzung mit dieser Bewegung zu vermeiden – den Hinweis auf Formalitäten und die freudige Umarmung. Wer sich darauf konzentriert, dass die Schüler gefälligst zur Schule gehen sollten, weist auf formale Bestimmungen hin und kann damit inhaltliche Auseinandersetzungen vermeiden.
Das aber können die Umarmer noch effektiver. Angela Merkel stellt sich hinter die Fridays for Future-Bewegung, als ob sie nicht seit 13 Jahren Bundeskanzlerin wäre und als ob sie eigentlich gar nichts zu tun hätte mit der Politik, gegen die sich diese Bewegung richtet. Andrea Nahles verspricht der Bewegung, mehr Tempo zu machen – als wüsste sie schon ganz genau, in welche Richtung sie denn losrennen will, und als wäre die SPD nicht in den letzten zwanzig Jahren an fast allen Bundesregierungen beteiligt gewesen. Robert Habeck vereinnahmt die Bewegung offen für seine Partei („Lasst uns beweisen, dass es gelingt. Jetzt.“), erwähnt aber selbstverständlich nicht, warum Länder wie Frankreich oder Schweden bei den CO2-Emissionen pro Kopf deutlich besser dastehen als Deutschland: Sie setzen auf Kernergie.
Nicht Fridays for Future selbst, aber diese Vereinnahmung durch erwachsene Politiker ist infantil. Erwachsene machen sich hier die Positionen von Kindern und Jugendlichen bequem zu eigen, vermeiden dabei aber notwendige Konflikte und müssen sich ihrer erwachsenen Verantwortung nicht stellen.
Die Gründe für Konflikte mit dieser Bewegung wiederum lassen sich kaum übersehen. Ich selbst beispielsweise habe seit Jahrzehnten kein Auto mehr, und als ich das erste Mal geflogen bin, war ich schon über dreißig Jahre alt – und seitdem habe ich es nur selten wiederholt. Wenn mir nun ein Monster der Ressourcenverschwendung wie Louisa Neubauer, deutsches Gesicht von Fridays for Future, vorhält, ich alter weißer Mannwürde ihr mit meinem Lebensstil die Zukunft klauen – dann finde ich das natürlich unehrlich und selbstherrlich.
Angesichts des Lebensstils vieler heutiger Kinder und Jugendlicher ist es keine riskante Schätzung, davon auszugehen, dass vermutlich noch nie eine Jugendgeneration so viele Ressourcen verbraucht hat wie die Fridays for Future-Generation. Das aber macht die politischen Ziele nicht unwichtig – die Sorgen, die dort ausgedrückt werden, sind real ganz unabhängig vom Lebensstil der Einzelnen. Nur: Wer bloß an andere appelliert, dass die doch bitteschön Lösungen für Probleme finden sollten – der spricht sich selbst davon frei, sich mit Realitäten auseinandersetzen zu müssen.
Bei Jugendlichen ist das noch ganz stimmig. Was sollen sie denn anderes tun, als zu appellieren – sie haben schließlich keine erkennbare politische Macht? Es ist aber albern, wenn diese Position ausgerechnet von Politikern vereinnahmt wird, die gemeinsam mit ihren Parteien schon seit Jahren und Jahrzehnten beauftragt sind, sich mit eben den angesprochenen Problemen auseinanderzusetzen.
Die politische Umarmung von Fridays for Future ist, mehr noch als der Rückzug auf formalistische Positionen, eine Verantwortungsflucht, und es ist zugleich eine Verweigerung des Gesprächs.
Eltern als Mit-Kinder
Eben eine solche Haltung Erwachsener kritisiert in ganz anderem Zusammenhang gerade der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff an deutschen Schulen, und er wirft dem deutschen Bildungssystem vor, die Zukunft unserer Kinder zu verbauen.
Winterhoff kennt Schulen vor allem von Hörensagen, und das ist seinem auf Krawall gebürsteten Buch „Deutschland verdummt“ anzumerken. Offener Unterricht ist beispielsweise längst nicht so weit verbreitet, wie er glaubt – und wenn Lehrer ihn gut strukturieren und präsent bleiben, ist er keineswegs so schädlich, wie Winterhoff ihn darstellt.
In einem wichtigen Aspekt aber hat Winterhoff völlig recht: Zentral für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sind tragfähige, funktionale, nicht ausbeutende Beziehungen zu Erwachsenen, in denen sie ernst- und wahrgenommen werden. Solche Beziehungen werden durch Erwachsene auf zwei scheinbar entgegengesetzte Weise vermieden: durch Distanzierung und durch Symbiose.
Ein Beispiel, nicht aus der Schule: Bei einer Fahrt im ICE-Großraumwagen erlebte ich, wie zwei etwa acht- bis zehnjährige Jungen den ganzen Wagen aufmischten, pausenlos schrien, sich prügelten, über die Sitze kletterten und anderes. Die Mutter war in den Nebenwaggon gegangen, der Vater saß ruhig in der Nähe seiner Kinder und tat so, als würde er ein Buch lesen.
Da ich zu arbeiten hatte, bat ich ihn, sich doch bitte um seine Kinder zu kümmern, damit sie etwas ruhiger wären. Er sagte mir, dass er nun einmal lebhafte Kinder hätte – ich sagte ihm, dass ich auch einen lebhaften Sohn hätte, mit dem ich oft Zug fahre, und so wisse ich auch, dass Kinder sich anders verhalten könnten – er aber wollte nichts weiter tun, und ich fragte ihn schließlich, ob er mir denn wohl erzählen wolle, dass er für seine Kinder nicht verantwortlich ist. Er ging dann mit seinen Söhnen in den Nebenwagen.
Wenig später sprach schräg hinter mir ein anderer Mann, offenbar ein Bekannter des ersten, zu seinem Sohn kurz vor dem Aussteigen laut und deutlich über den „intoleranten Mann da vorn“. Er meinte mich, brachte es aber nicht über das Herz, mich direkt anzusprechen, sondern nutzte seinen Sohn, um mir seine Botschaft mitzuteilen. Ich überlegte kurz, ob ich den Jungen gleichfalls als Relaisstation für die Kommunikation Erwachsener verwenden sollte, wollte ihm das dann aber nicht zumuten.
Die Eltern haben hier jeweils große Schwierigkeiten, ihre Kinder überhaupt als eigenständige Wesen wahrzunehmen, die Aufmerksamkeit brauchen und die – so bei den prügelnden Jungen – auf Reaktionen Erwachsener angewiesen sind, weil sie ihr eigenes Verhalten noch nicht völlig einschätzen können. Die Nichtwahrnehmung der Kinder wird gespiegelt in einer Nicht-Wahrnehmung der Außenwelt und ihrer Anforderungen – also ob Eltern und Kinder selig gemeinsam in einem Reich der Harmonie leben würden, das durch keine Störungen von außen irritiert werden dürfe.
Anstatt eine Rolle als Erwachsene wahrzunehmen, werden die Eltern dabei gleichsam zu Mit-Kindern. Das ist eine Erziehung von systematischer Irrealität.
Fast alle Lehrkräfte, die ich kenne, berichten darüber, dass die Menge der nicht-schulfähigen, aber eingeschulten Kinder stark zugenommen habe. Winterhoff fordert deshalb, dass Schulen heute ersetzen müssten, was viele Eltern nicht mehr leisten – aber das wäre ein falsches Versprechen. Denn Kinder können von Schulen umso mehr profitieren, je mehr sie bereits von zu Hause mitbringen. Wenn Kinder eine Konzentrationsspanne von unter zehn Sekunden haben oder kaum zu einer basalen Interaktion mit anderen fähig sind, dann hat eine Schule tatsächlich wenig Möglichkeiten.
Es geht dabei nicht um komplexe elterliche Unterstützungen für Kinder, sondern um Basics – wie etwa, dass Kinder etwas zu essen brauchen oder dass es wichtig ist, ab und zu mal mit ihnen zu kommunizieren. Es ist irreal, aber auch größenwahnsinnig zu glauben, Schulen könnten das ausgleichen, wenn Eltern es nicht leisten.
Eine solche elterliche Verantwortungsflucht mit einer verrückten Gleichzeitigkeit von totaler Distanzierung und absoluter Symbiose spiegelt sich jedoch auf politischer Ebene in seltsamer Weise wider.
Frieden durch Schweigen: Vom Outsourcing der Konflikte
„Dass die Ministerin nichts sagt, hält jeder, mit dem man über den Fall spricht, für geradezu zwingend, um eine solche Affäre politisch zu überleben.“ So die Süddeutsche Zeitung über das „große Schweigen“ um die Doktorarbeit Franziska Giffeys. Ich habe selbst eine Doktorarbeit geschreiben, habe dafür Jahre gebraucht, habe mir das Geld dafür selbst erarbeitet, und ich weiß, wie viel Arbeit eine seriöse Dissertation macht. Wenn ich die Beispiele auf der Plattform vroniplag lese, kann ich es Giffey nicht abnehmen, dass sie tatsächlich guten Glaubens davon ausging, ihre Arbeit wäre korrekt.
Giffey müsse aber laut SZ, anders als vor einigen Jahren Annette Schavan, nicht gehen, weil sie eben nicht für Bildung und Wissenschaft, sondern „für Familienpolitik zuständig sei, für Frauen, Kinder und Senioren“ – und für Jugend, nebenbei. Lehrer haben heute dank des Internet deutlich mehr als früher mit Plagiaten zu tun – wie sollen wir Jugendlichen erklären, dass Plagiate absolut nicht in Ordnung wären, wenn sich selbst die für sie zuständige Ministerin trotz offenkundiger Verstöße keinen Konsequenzen stellen muss?
Schlimmer noch aber ist wohl, dass Giffeys Schweigen nicht einfach nur Resultat persönlicher Defizite ist, sondern Teil eines Systems, in dem es ernsthaft als politische Klugheit verkauft wird, zur eigenen Verantwortung nicht zu stehen.
Ein Vorbild dafür ist sicherlich Ursula von der Leyen. Deren Dissertation wurde ebenfalls überprüft und von der Hochschule nicht zurückgezogen, aber angesichts der katastrophal zerbröselnden Infrastruktur der Bundeswehr, der Berater- und der Gorch-Fock-Affäre hätte sie eigentlich viele Gründe, Verantwortung zu übernehmen, sich von ihrem Ministerium zu verabschieden oder sich zumindest deutlich zu erklären. Doch um die Ministerin herrscht Stille.
1996 war Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Justizministerin zurückgetreten, weil sie die Entscheidung der damaligen Regierung für den großen Lauschangriff nicht mittragen wollte. Diese klare Übernahme politischer Verantwortung ist erst etwas über zwanzig Jahre her und wirkt heute wie ein Beispiel aus einer anderen Welt.
Als Kanzlerin hat Angela Merkel es sich zum Prinzip gemacht, nicht mit negativen, sondern nur mit positiven Ereignissen assoziiert zu werden. Als Deutschland Fußballweltmeister wurde, war sie sogleich in der Kabine – als auf dem Berliner Weihnachtsmarkt bei dem schlimmsten Terroranschlag in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg zwölf Menschen ermordet wurden, brauchte Merkel ein Jahr, um mit den Angehörigen zu sprechen. Sie traf sich zudem erst mit ihnen, nachdem sie ihr in einem offenen Brief vorgehalten hatten, sie habe ihnen „auch fast ein Jahr nach dem Anschlag weder persönlich noch schriftlich kondoliert“ .
Diese systematische Konfliktvermeidung ist eine Voraussetzung für eine seltsame Einmütigkeit, die Merkel umgibt – eine Windstille, als lebten wir von den Grünen bis hin zu konservativen Unionsmitgliedern in einer großen angenehmen Symbiose und als wäre ein offener Angriff auf Merkel und ihre Politik irgendwie in sich schon anrüchig. Wer heute Merkel so attackieren würde, wie in den achtziger Jahren völlig selbstverständlich Helmut Kohl angegriffen wurde, der müsste den Vorwurf fürchten, sich außerhalb eines demokratischen Konsenses zu begeben.
Selbst Alphamänner der Union wie Friedrich Merz oder Roland Koch schmissen lieber alles hin, als den offenen Konflikt mit Merkel zu wagen – was ihrerseits nicht sonderlich erwachsen war. Erst vor dem Hintergrund solch umfassender Konfliktvermeidung wird es verständlich, warum ein Video über die „Zerstörung der CDU“ zu einem gigantischen Hit werden konnte. Rezo äußert eine so klare, offene und aggressive Kritik, wie sie im demokratischen Diskurs eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber längst nicht mehr zu finden ist.
Auch hier aber werden Konflikte, denen sich Erwachsene längst hätten stellen müssen, gleichsam in eine Jugendkultur ausgesourcet. Die Reaktionen darauf sind bezeichnend: Während Merkel selbst nach der für ihre Partei deprimierenden Europawahl wie gewohnt tagelang vollständig abtaucht und Kritik überhaupt nicht wahrzunehmen scheint, bezieht Kramp-Karrenbauer eine aggressiv-autoritäre Position und stellt das Recht auf Meinungsäußerung im Netz offen in Frage. Dass sie nicht von Meinungsfreiheit, sondern von „Meinungsmache“ redet, zeigt zugleich, wie sehr sie Menschen als infantil wahrnimmt: Als würden alle, die Rezos Video gesehen haben, gedankenfrei einfach dessen Position übernehmen.
Beide Positionen, die eingeübte Nicht-Präsenz Merkels, die andere gar nicht wahrnimmt, und die Über-Präsenz Kramp-Karrenbauers, die anderen ihren Raum streitig macht, sind zwei nur scheinbar gegensätzliche Weisen der Verweigerung von Auseinandersetzung.
Zu der gehörte auch, die auch von Rezo formulierten Sorgen um den Klimawandel ernst zu nehmen, sich aber eben auch mit realistischen Handlungsmöglichkeiten zu beschäftigen und möglicherweise sogar die eigene Position zu ändern. Wenn ich die vielen Texte, die ich bislang dazu gelesen habe, richtig verstehe, haben wir prinzipiell drei Möglichkeiten, die allesamt große Nachteile haben: ein Trilemma, mit dem eine Politik nichts anfangen kann, die sich bloß mit guten Nachrichten schmücken möchte.
Wir können mit der Energieerzeugung durch Kohle weiter machen und hoffen, dass alles nicht so schlimm werde wie befürchtet – was offenbar verantwortungslos ist. Wir können unseren Lebensstandard – und eben nicht nur gelegentliche Flugreisen, sondern auch unsere Industrieproduktion – erheblich senken, was überhaupt nicht wünschenswert und politisch schlicht nicht durchsetzbar ist. Oder wir können, zumindest für eine Übergangszeit, wie andere Länder auf Kernergie setzen.
In meinen Augen war der Ausstieg aus der Kernenergie eine der wesentlichen Leistungen der rot-grünen Koalition, neben dem großen Verdienst, Deutschland weitgehend aus dem irren Irak-Krieg herausgehalten zu haben. Trotzdem finde ich heute ein Statement wie das der Umweltministerin beunruhigend:
Schulze fragt gar nicht erst, ob andere Länder nicht vielleicht gute Gründe haben, nicht zugleich aus Kohle und Atomenergie auszusteigen. Sie hat auch keine Antwort auf die Nachfrage, wie denn eigentlich das Speicherproblem gelöst werden könnte, das die regenerativen Energien Sonne und Wind zwangsläufig aufwerfen. Die Antwort müsste sie aber geben können:
Wenn Kinder glauben, die richtigen Wünsche zu haben genüge, um diese Wünsche auch wahr werden zu lassen, dann ist das in einigen Entwicklungsstadien ganz normal und angemessen. Wenn aber Erwachsene immer noch oder schon wieder glauben, sie könnten die Auseinandersetzung mit Realitäten als Mittelglied zwischen Wunsch und Wunscherfüllung einfach auslassen, dann ist das infantil und verantwortungslos.
Annalena Baerbock hat in ganz ähnlicher Weise vor etwas mehr als einem Jahr im Deutschlandfunk das „Netz als Speicher“ angepriesen. Das war bestenfalls irreführend, sie hat sich auch später zu korrigieren versucht – bezeichnend aber war, wie sie ihre Meinung begründete.
Ich habe irgendwie keine wirkliche Lust, mir gerade mit den politischen Akteuren, die das besser wissen, zu sagen, das kann nicht funktionieren.
Die Vorsitzende einer der wichtigsten deutschen Parteien erklärt zu einem der Kernthemen ihrer Partei, sie wolle sich nicht besser informieren, weil sie dazu „irgendwie keine wirkliche Lust“ habe: Das ist ein irritierend selbstbewusst und selbstverständlich vorgeführtes frühkindliches Verhalten. Natürlich ist es auch eine Pose, und es ist zu hoffen, dass Baerbock sie nicht tatsächlich ernst meint – aber es ist eben eine Pose, die zu politischer Verantwortung überhaupt nicht passt.
Baerbock ist respektlos gegenüber Menschen, die wissen, dass und warum das Stromnetz nicht als Speicher genutzt werden kann – sie ist aber vor allem respektlos gegenüber Menschen wie vielen Jugendlichen in der Friday for Future-Bewegung, die ernsthaft um das Klima besorgt sind und die glauben, in den Grünen dabei Bündnispartner gefunden zu haben.
Diese Infantilisierung, mit der Erwachsene Kindern und Jugendlichen scheinbar nach dem Mund reden, ohne sie ernst zu nehmen – mit der Erwachsene Kinder und Jugendliche als Projektionsfläche für die Konflikte missbrauchen, die sie selbst vermeiden – diese Infantilisierung kommt unschuldig daher, sie ist aber destruktiv.
Wenn Kinder sich verhalten wie Kinder, ist das angemessen, konstruktiv und sinnvoll. Wenn sich aber Erwachsene wie Kinder verhalten, dann stimmt etwas nicht.
Wir sollten werden wie die Kinder, hat Jesus uns zwar empfohlen, falls sich noch jemand erinnert. Aber wie werden die Kinder? Erwachsen werden sie.
Wenn wir sie nicht daran hindern.