Der Erfolg des Feminismus basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: einer taktischen, einer evolutionären und einer psychologischen.
Die taktische Säule ist die Tatsache, dass es der feministischen Lobby gelungen ist, innerhalb von wenigen Jahrzehnten erfolgreich den Marsch durch die Institutionen durchzuziehen, und zwar nicht nur in Politik und Medien, sondern auch in Justiz, Gewerkschaften, Kirchen, NGOs bis hinunter zum kleinsten Kaninchenzüchterverein, und somit jede Zelle der Gesellschaft zu unterwandern. Seither dominieren feministische Agenda, feministische Sprachverdrehung und feministische Deutungshoheit die Sichtweise auf die Welt. Dazu bedarf es übrigens keiner Verschwörungstheorie, das Ganze wird selbstverständlich nicht zentral gesteuert – Eigennutz der Aktivistinnen reicht als Erklärung völlig aus.
Dass der Durchmarsch so gut gelungen ist, liegt vor allem an der zweiten Säule. Männer sind darauf konditioniert, Frauen schützen zu wollen, daher ist die Opferhaltung für Frauen eine Erfolg versprechende Strategie, und der Feminismus, der Frauen als ewige Opfer inszeniert, konnte sich zu allen Zeiten der Unterstützung durch einflussreiche Männer sicher sein. Zumal Frauen immer auf das Konkurrenzverhalten unter Männern zählen können, das bewirkt, dass viele Männer sich als Weiße Ritter und damit besonders attraktiv für Frauen darstellen. Die komplementäre Seite der angeblichen besonderen Schutzbedürftigkeit der Frau ist die Empathielosigkeit gegenüber Männern, die männliches Leben als verzichtbar ansieht und bewirkt, dass männliche Benachteiligung und männliches Leid ausgeblendet wird, sämtliche Ressourcen in erster Linie Frauen zur Verfügung gestellt und somit feministische Positionen protegiert werden.
Die dritte Säule, die psychologische, ist meiner Meinung nach die interessanteste, weil sie zumindest für die zweite Welle des Feminismus und die folgenden von entscheidender Bedeutung ist. Ich bin überzeugt davon, dass der Feminismus nur deshalb so erfolgreich sein konnte, weil er es Menschen ermöglicht, ein reaktionäres Geschlechterverhältnis zu leben und sich gleichzeitig aufgrund von verbaler Kosmetik einzureden, es sei fortschrittlich.
Schauen wir uns doch mal nüchtern an, wofür der derzeitige Feminismus steht:
- für ein Sexualstrafrecht, das Frauen zu Kindern erklärt, die für ihre Entscheidungen nicht verantwortlich sind, womit Frauen zugleich entmündigt werden, also eine Sichtweise wie aus dem viktorianischen Zeitalter;
- für ein Scheidungsrecht und eine Scheidungspraxis, die eine Mutter-Kind-Symbiose unter Ausschluss des Vaters wie im Dritten Reich zum Leitbild haben;
- für Quotenregelungen, die nichts anderes sind als die verkappte Erwartung an den Märchenprinzen, frau die Sterne vom Himmel zu holen, ohne dass sie sich selbst anstrengen muss, nur dass jetzt statt des Prinzen der (hauptsächlich von Männern finanzierte und aufrecht erhaltene) Staat dessen Rolle übernimmt;
- für eine Identitätspolitik, die mit dem Beharren darauf, Frauen und Männer seien monolithische, gegnerische Blöcke, einen längst überwunden geglaubten Tribalismus zu neuem Leben erweckt und wieder salonfähig gemacht hat, einschließlich der Sippenhaft (was vielleicht die Begeisterung vieler Feministinnen für den Islam erklärt).
Und sowohl die Empathielosigkeit gegenüber männlichen Schicksalen als auch die abfällige Wortwahl als auch die einseitigen Forderungen machen deutlich, dass die Protagonisten der feministischen Ideologie die Welt in kostbare Frauen und wertlose, verzichtbare Männer einteilen, also in Arierinnen und Untermenschen.
Aufgrund dieses rückwärtsgewandten Geschlechterbildes dürfen sich Frauen weiterhin bequem versorgen lassen und müssen für nichts Verantwortung übernehmen, während sich Männer einreden können, sie seien die starken Helden, die in dieser Gesellschaft die Macht innehaben. Das Ganze ein bisschen aufpoliert und verschleiert, indem so getan wird, als wollten Feministinnen für ihre Sexualität verantwortlich sein, als wollten sie Väter, die sich um ihre Kinder kümmern, als wollten sie unter denselben Bedingungen arbeiten wie Männer, dazu noch das Märchen der jahrtausendealten Unterdrückung und ein guter Schuss Pöbelei gegen Männer, und schon lassen sich Menschen einreden, es handele sich irgendwie um eine fortschrittliche Bewegung.
Aber es sind die Taten, die zeigen, wes Geistes Kind eine Bewegung ist, nicht deren Schönrederei. Es sind die Gesetze, die sie mit aller Macht durchdrücken, die Doppelmoral, die sie leben, und die verächtliche Art, mit der sie über andere reden. Wacht auf, da draußen! Der Feminismus zementiert ein Geschlechtermodell, das seit Jahrzehnten auf den Abfallhaufen der Geschichte gehört.
Der Artikel erschien zuerst auf Das Alternativlos-Aquarium.
Gunnar Kunz hat vierzehn Jahre an verschiedenen Theatern in Deutschland gearbeitet, überwiegend als Regieassistent, ehe er sich 1997 als Autor selbstständig machte. Seither hat er etliche Romane und über vierzig Theaterstücke veröffentlicht, außerdem Kinderbücher, Hörspiele, Kurzgeschichten, Musicals und Liedertexte. 2010 wurde er für den Literaturpreis Wartholz nominiert.