Nach jeder politischen Wahl versuchen Feministinnen und Feministen, Männer als Feinde der Demokratie und Frauen als deren Verteidigerinnen zu verkaufen, insbesondere mit Blick auf den Rechtsextremismus.
Ob Patricia Hecht in der Taz („Frauen wählen anders“), Jan Sternberg in der Hannoverschen Allgemeinen („Frauen wählen ökologischer, sozialer und nach den eigenen ökonomischen Interessen[!]“), Bascha Mika in der Frankfurter Rundschau („Sowohl die Grünen als auch die SPD profitieren überproportional von weiblichen Stimmen, was die Wahlforschung auf unterschiedliche weibliche und männliche Wertorientierungen zurückführt, vor allem auf postmaterialistische Haltungen bei Frauen“), Bernhard Heinzlmaier bei Jetzt.de (Männer wählten eher konservativ, „weil ihre Schwäche nach Stärke sucht – und weil sie Angst vor Gleichberechtigung haben“), Susanne Kaiser im Tagesspiegel („Warum der Rückfall ins Autoritäre männlich ist“) oder Christoph von Marschall, ebenfalls im Tagesspiegel („Das ‚völkische Denken’ ging und geht mit einem patriarchalischen Weltbild einher. Und deshalb sind Frauen wohl doch eher die fortschrittlichen BürgerInnen“), ganz zu schweigen von irgendwelchen Twitterern („Dass Männer eher konservativ / aggressiv wählen als Frauen, ist ja allgemein bekannt“) oder Politikerinnen wie Manuela Schwesig („Die Demokratie ist weiblich“) – sie alle lassen ihren Ressentiments mithilfe von Geschlechterstereotypen freien Lauf.
Abgesehen davon, dass
- es im Wesentlichen Männer waren, die zu allen Zeiten unter Einsatz ihres Lebens die Demokratie erstritten und verteidigt haben,
- eine große, wenn nicht gar die überwiegende Zahl männlicher Wähler der AfD die Partei nicht gewählt hat, weil sie mit deren Zielen übereinstimmt, sondern weil sie die Nase voll hat von der Männerverachtung der linken Parteien,
- eine sehr viel konservativere CDU als heute in den ersten Jahrzehnten der BRD ihre Wahlsiege den Frauen verdankt,*
- die meisten dieser Frauen nicht etwa wegen ihres edlen Charakters zu den linken Parteien übergewechselt sein dürften, sondern aufgrund handfester Vorteile, weil diese Parteien für umfangreiche weibliche Privilegien stehen (Einseitige Förderung durch Quotenregelungen, Diversitätsvorgaben, Gender Mainstreaming, Gender Budgeting, Genderfonds, Gleichstellungsgesetze, Frauenfördergesetze, Frauenstatut, Familienrechtsreform, Professorinnenprogramm, Kaskadenmodell, MINTIFF, Einstellung als Frauenbeauftragte, Bevorzugung bei öffentlicher Auftragsvergabe und Preisen, Abwehr echter Gleichberechtigung in Form von Vaterschaftstests, Wechselmodell etc.),* abgesehen also von all dem, ignorieren die Gralshüter antiquierter Klischees folgende Tatsachen:
„Frauen sind fremdenfeindlicher, rassistischer und islamophober als Männer“.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Langzeitstudie des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung von 2002 und 2004. Bereits 1995 wies eine Studie des Ministeriums für die Gleichstellung von Frau und Mann in NRW „autoritäres Denken und Anfälligkeit für rechtes Gedankengut bei Mädchen“ nach. 2007 fand eine Emnid-Umfrage heraus, dass 14 Prozent der Frauen, hingegen nur 9 Prozent der Männer nicht ausschlössen, bei der nächsten Landtagswahl für eine Partei rechts der Union zu stimmen. 2011 berichtete die Journalistin Andrea Röpke, Frauen seien in der „menschenverachtenden Politik der NPD und der Kameradschaften (…) genauso gefährlich einzustufen wie die Männer“, würden aber weit weniger streng verurteilt. Eine ähnliche Beobachtung machte 2013 Juliane Lang vom Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus. 2020 kamen zwei Politikwissenschaftlerinnen aus den USA zu dem Schluss, dass „Frauen festere Lageridentitäten pflegen“ als Männer und daher „gegenüber Anhängern der politischen Gegenseite heute etwas feindseliger“ seien. Natürlich können solche Belege nicht veröffentlicht werden, ohne rasch zu relativieren: „Vorsicht ist geboten, einen neuen Mythos feindseliger Frau zu begründen“. Wo doch der Mythos feindseliger Mann so viel besser in unser Weltbild passt.
Die Feminist Majority Foundation in den USA forderten 2015 eine Einschränkung der Redefreiheit an den Universitäten. Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse fand 2020, man müsse „das Konzept der Meinungsfreiheit überdenken“. Eine Klimaaktivistin meinte in diesem Jahr: „Wir werden den notwendigen Wandel der Politik in Sachen der Klimapolitik und der ökonomischen Frage nicht mit demokratischen Wahlen erlangen können“. Das sind keine Einzelfälle.
Dass Frauen eher als Männer bereit sind, Zensurmaßnahmen zu unterstützen und demokratische Grundprinzipien wie die Meinungsfreiheit oder die Unschuldsvermutung zu opfern, ist seit Langem bekannt. Sowohl die Knight Foundation als auch eine Umfrage unter Studenten vom American Council on Education, der Charles Koch Foundation und der Stanton Foundation (die zwischenzeitlich mit der Knight Foundation zusammenarbeiteten) kamen 2017 zu dem Schluss, dass Frauen (49 Prozent) im Vergleich zu Männern (38 Prozent) den Schutz der Meinungsfreiheit als weniger wichtig bewerten. Im Jahr darauf stiegen die Zahlen gar auf 65 zu 39 Prozent. Noch ein Jahr später beauftragte die Knight Foundation College Pulse, ein Unternehmen für Online-Umfragen und -Analysen mit der Durchführung der Umfrage, das Ergebnis lautete 59 zu 29, und während 58 Prozent der Männer fanden, dass es nicht akzeptabel sei, einen Sprecher niederzuschreien, stimmten dem nur 41 Prozent der Frauen zu. Ähnliches bestätigten Cory Clark und ihre Kollegen vom Department of Psychology an der University of Pennsylvania 2020 und Eric Kaufmann vom Center for the Study of Partisanship and Ideology, der das Verhalten von Studenten in den USA, Kanada und Großbritannien untersucht hat, 2021. Leider ist diese Demokratiefeindlichkeit nicht auf Studentinnen beschränkt. Das Cato Institut fand 2017 heraus, dass Frauen aller Altersgruppen eher bereit sind als Männer, Meinungsfreiheit zu opfern.
Die größte Gefahr für die Demokratie sind nicht alte weiße Männer, sondern Frauen jeden Alters, insbesondere Studentinnen.
* Statt hier Hunderte von Links anzuführen, verweise ich auf mein Buch „BesondersFrauen. Schwarzbuch Feminismus 1968 – 2019″.
Der Artikel erschien zuerst auf Das Alternativlos-Aquarium.
Gunnar Kunz hat vierzehn Jahre an verschiedenen Theatern in Deutschland gearbeitet, überwiegend als Regieassistent, ehe er sich 1997 als Autor selbstständig machte. Seither hat er etliche Romane und über vierzig Theaterstücke veröffentlicht, außerdem Kinderbücher, Hörspiele, Kurzgeschichten, Musicals und Liedertexte. 2010 wurde er für den Literaturpreis Wartholz nominiert.