Das Ende der Universität [eine Rezension von Michael Mansion]

Das Ende der Universität
Niedergang und mögliche Erneuerung einer europäischen Institution
von Harald Schulze-Eisentraut und Alexander Ulfig (Hrsg.)
eine Rezension von Michael Mansion


Universität als Ort einer Suche nach Wahrheit unter den Bedingungen eines freien Gedankenaustausches im Umfeld der gemeinsamen europäischen Kulturbegründung.

In ihrem Vorwort verweisen die beiden Herausgeber auf die Humboldt´sche Reform zum Beginn des 19. Jahrhunderts, die für das Prinzip einer umfassenden Bildung in Unabhängigkeit von Politik steht.

Für eine Freiheit von Lehre und Forschung.

Die Politisierung der Universitäten habe im 21. Jahrhundert begonnen und dies bei einer gleichzeitigen Entwicklung, hin zu Masseninstitutionen.

Mit dem „Bologna-Prozess“ entstand zudem eine Ausrichtung von Forschung und Lehre nach ökonomischen Gesichtspunkten, sowie einem Machtzuwachs im Bereich der universitären Verwaltungen.

Eine freiheitsbegrenzende Modualisierung, gekoppelt an die Vergabe von „Credit Points“ in verschiedenen Studiengängen, führten zu wertlosen Abschlüssen.

Wissenschaftsexterne Kriterien erlangen zunehmend an Bedeutung.

Seit den 1990er Jahren sei – so die Herausgeber – sei eine weitere Politisierung auf der Ebene einer sogenannten Korrektheit, Identität, Gender, Queer, Antirassismus und Postkolonialismus, sowie bei den Themen Migration und Klima zu beobachten.

Kontrollgremien werden etabliert, um diese Agenden umzusetzen. Eine Bestenauslese wird zugleich durch ein Proporzsystem ersetzt.

Ganzheitliche Bildung, weltanschauliche Neutralität und akademische Freiheit geraten in Gefahr.

So weit die Herausgeber im Vorwort.

Das Buch ist ein Compendium von Aufsätzen und Stellungsnahmen einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern und Fachautoren, die eine leider wenig öffentliche, jedoch bedrohliche Lage aufzeigen.

Peter J. Brenner beschreibt

die deutschen Universitäten als Ausführungsorgane gesellschaftspolitischer Wunschvorstellungen und im Bologna-Prozess sei etwas vollbracht worden, was zwei Diktaturen zuvor nicht geschafft hätten.

Die Kultur an den Universitäten habe sich in der 68ern von einer akademischen zu einer Kultur von Kritik und Selbstkritik gewandelt, was zu einer Neuordnung der Binnenstruktur geführt habe.

Der Neoliberalismus der 1990er Jahre habe wiederum eine Anpassung an Manager-Konzepte zur Folge gehabt. Hierbei seien die Verwaltungen zu Marketing-Abteilungen für Interdisziplinarität, Internationalität, Weltoffenheit, Centers of Exzellenz, Welcome-Center, Gender und Diversity oder Gleichstellungprojekten geworden. Die Änderung des Hochschul-Rahmengesetzes von 1985 weise den Universitäten einen gesellschaftlichen Auftrag zu, der außerhalb ihrer genuinen Aufgabe liegt.
Ein Funktionärskaste universitären Typs betreibt eine diskurspolitische Fixierung im Sinne einer Cancel Culture mit Identitätspolitik-Agenden, pseudowissenschaftlicher Vielfältigkeits- und geschlechterbezogener Forschungslenkung, Critical Race Theorie, Integrations- Rechtsextremismus- und Migrationsprojekten, sowie das „Forschungsprojekt gesellschaftlicher Zusammenhalt“, das mit 40 Mill. € ausgestattet ist. Die Universitäten – so Brenner – sind zu Handlangern des Zeitgeistes geworden.

Egon Flaig reflektiert

in seiner Ausführungen zunächst die Gestalt des Intellektuellen aus historischer und aktueller Sicht als einem Produkt des Universitären.

Hinsichtlich des politischen Engagements des Intellektuellen sieht Flaig die Gefahr einer beginnenden Selbstzerstörung. Er sieht in ihm keine heroische Gestalt die über den Wassern der Unwissenheit schwebt, sondern auch einen verdinglichten und sich verdinglichenden Sucher, dem die Aporien der Vernunft entgleiten.

Das Ethos des klassischen Intellektuellen verliert damit seine Wirkmächtigkeit und weicht dem Andrang von Indoktrinationen.

Auf dieser Ebene entstehe auch der „Haltungsjournalismus“, der ein Lumpenjournalismus sei. Es entstehe die Gestalt des kritischen Diffamierers.

Nur noch „fortschrittliche“ Positionen sind moralisch legitim und bedürfen keiner intellektuellen Rechtfertigung.

Der Angriff auf die Wissenschaft erfolge aktuell allerdings aus ihr selbst heraus. Postmoderne Agenden, die den Charakter von Pseudo-Wissenschaften aufweisen seinen dabei dem Versagen der Sozialwissenschaften geschuldet.

Als bittere Wahrheit werde man sich – so Flaig – wohl von der Luhmannschen Systemtheorie verabschieden müssen. Wenn Wissenschaft als Theorem der weißen Rasse begriffen werde, dann gerate sie in Bedrängnis. Wir seien Zeugen einer Kulturrevolution, die eine Rückbesinnung auf die Kultur des Westens erforderlich mache.

Till Kinzel gibt zu bedenken,

dass die Freiheit der Wissenschaft stets bedroht gewesen sei. Seit 1960 seien die Universitäten international vor allem durch sozialistisch inspirierte Studenten unter Druck geraten. Eine Unterordnung der Lehrfreiheit unter das Primat eines revolutionären Antikapitalismus wurde gefordert.

Dagegen gab es auch Widerstand von Professoren, die der Linken zuzurechnen waren, wie etwa T.W. Adorno der die freie Lehrmeinung verteidigte.

Kinzel zitiert den Historiker Ernst Nolte mit dessen Forderung, dass die Professorenschaft der Kern der Universität sein müsse und spricht von einer „sittenwidrigen Demokratisierung“, die er in ihrer angemaßten Form reaktionär nannte.

Gültig sei, was Ernst Topitsch

im Zusammenhang mit einer antibürgerlichen Wissenschaftsauffassung korrigierend vermerkt hatte, indem er die Universität als Raum institutionell geschützter Freiheit empirisch-rationaler Wahrheitsfindung definiert habe.

Daraus folge, alle Versuche abzuwehren, die das freie Spiel von Argument und Gegenargument oder von Hypothese und Kontrolle behindern oder unterdrücken wollen.

Josef Kraus hat als ausgewiesener Bildungsexperte

den Schwerpunkt seiner Betrachtung dem internationalen Vergleich zugewandt, in dem Deutschland schon längst keine Rolle mehr spiele.

Stattdessen gibt es eine Inflation von Studienabsolventen mit Bestnoten und eine wachsende Zahl von Honorarprofessoren, wobei solche Titel auch an Chefredakteure, Verleger, Wirtschaftskapitäne, hohe Richter, Politiker und einige andere vergeben werden.

Eine selektiv moralisierende Politisierung der Geistes- und Sozialwissenschaften setzt Standards für Sagbares. Einige Wissenschaftler veröffentlichen unter Pseudonym, um ihre Karrièren nicht zu gefährden. Ganze Teile der Geisteswissenschaften seien zu „Treibhäusern der Weltfremdheit“ geworden, bewohnt von Gefälligkeitswissenschaften.

Kraus nennt eine ganze Reihe kurioser Einschränkungen und Verleumdungen und hält eine einseitig geprägte Darstellung von Wissenschaft und Forschung durch medial-politisch protegierte Professoren für verhängnisvoll. Das Szenario werde zudem sozial- und klimapolitisch unterfüttert, sowie volkspädagogisch in Szene gesetzt.

Für Harald Schulze-Eisentraut und Alexander Ulfig

steht die Politisierung der Universitäten dem Ethos der Wissenschaft entgegen. Es erfolge eine Indienststellung der Wissenschaft als ideologisches Prinzip. Das Gebot einer Überparteilichkeit werde als männlich-patriarchalisches Denken diffamiert und der Genderfeminismus erhebe das „soziale Geschlecht“ zur wichtigsten sozialen Kategorie.

Beide Autoren beschäftigen sich ausführlich mit diesem Problem in seiner Gestalt als Teil der politischen Postmoderne.

Das Geschlecht wird damit zur wichtigsten sozialen Kategorie im Rang einer Querschnittsaufgabe.

Alle Maßnahmen, Programme und Entscheidungen müssen auf ihre gleichstellungspolitischen Implikationen hin ausgerichtet werden. Frauenpolitik wird zum zentralen Inhalt der Gesellschaft erhoben. Alleine das „Professorinnenprojekt“ verschlinge 320 Mill €.

Eine wissenschaftliche Ergebnisoffenheit von Forschung ist nicht mehr möglich. Es etablieren sich Angst und Misstrauen. Ein politischer Aktivismus durchzieht alle Bereiche.

Mit dem Begriff der „sozialen Konstruktion“ wird ein Dekonstruktivismus betrieben. Gruppenzugehörigkeiten ersetzen Qualifikation, weshalb diese zum allein gültigen Maßstab werden sollte. Alle Kriterien hierzu sollten verbessert werden, um eine Wende in der Wissenschaft einzuleiten, so lange es dafür noch nicht zu spät ist.

Adorján Kovács spricht

von „Schließungsmechanismen“ bei der Besetzung von Lehrstühlen am Beispiel einer medizinischen Richtung (Mund und Kieferchirurgie)und unterstellt das Wachsen eines akademischen Kastensystems mit kartellartigem Charakter.

Trotz einer Betonung meritokratischer Prinzipien (Bestenauslese) und transparenter Entscheidungen, sowie mit Bezug auf die eingeworbenen Drittmittel als „moderner“ Auffassung von Universität als einem Unternehmen, werde die Vergabe von Spitzenpositionen durch politische Einmischung beeinflusst.

Auch die Schaffung von Eliteuniversitäten verzerre den Wettbewerb unter den Universitäten. In einer offenen Gesellschaft habe der Wert von Chancengleichheit zu gelten, was der inszenierte Wettbewerb nicht hergebe.

Trotz eines Wettbewerbes um Lehrstühle unterliege die tatsächliche Besetzung einer „Schließung“.

Dabei seien die Institutionen selbst nebensächlich im Hinblick auf die agierenden Personen und ihren Patronagen.

Diese seien historisch aus dem römischen Klientelwesen, dem germanischen Gefolgschaftswesen und aus dem im Mittelalter entwickelten Lehenswesen erwachsen.

Gehorsam und Loyalität (etwa zwischen Lehrer und Schüler) begründen den Gruppencharakter eines Machtfeldes.

Zusammenfassend sagt Kovács, dass die Drittmittel nach wie vor das wichtigste Zuweisungskriterium für einen Lehrstuhl im untersuchten Fach darstellen und die persönliche Beziehung zu einem Lehrstuhlinhaber nach wie vor als entscheidende Distinktion funktioniert. Die kartellartige „Schließung“ habe zugenommen. Das Einwerben von Drittmitteln sei aber kein fachlich relevantes Kriterium, so wenig wie das Aufzählen von Habilitationen, Publikationen oder Veröffentlichungen.

Die beobachtbare Habilitierungsflut sei einer Absenkung der Anforderungen geschuldet.

Es entstehe ein gewisser Typus, der für Lehrstühle selektioniert werde, eine Art von Manager, aber kein Gelehrter in einem empathischen Sinne.

Werner Patzelt spricht von der Wirklichkeit

als einem Schutzraum, der im akademischen Umfeld ein ergebnisoffenes Rivalisieren unterschiedlicher Erkenntnisinteressen, Themenvorlieben und Antworten auf Fragen ermöglicht.

Seine eigene Karrière sieht er als Glücksfall ohne große Stolperfallen und Traumatisierungen.

Im Zusammenhang mit Forschungen zu PEGIDA und AfD habe sich jedoch auch eine Resonanz von Anfeindungen etabliert, verbunden mit der Forderung nach „Haltung“ und dies nicht ganz ohne Folgen, wie z.B. dem Vorwurf einer Vermischung von Politik und Wissenschaft.

Die Mathias-Corvinius-Stiftung ermöglichte ihm in ihrer Brüsseler Niederlassung die Möglichkeit zu weiterer wissenschaftlicher Arbeit.

Patzelt erwähnt seine letzten Jahre an der Dresdner Universität als gezeichnet von einer beginnenden Wokenes, sowie einem kreuzzugartigen „Kampf gegen rechts“. Durch seine analytischen Studien zu PEGIDA und AfD war er ins Fadenkreuz der „Anständigen“ geraten.

Eine mit Kitsch durchsetzte Aggressivität gegen abweichende Meinungen sei zu spüren gewesen.

Der erste von ihm als deutlicher Riss empfundene Vorgang im Winter 1999/2000, richtete sich gegen eine Arbeit des Kollegen Lothar Fritze über den Hitler Attentäter Georg Elser, was zu einer Delegitimierungsabsicht des NS umgedeutet wurde.

Bösartige Zuweisungen als Folge politischer Wertungen, fordern offensive Distanz zu bestimmten Themen, so man nicht zum islamophoben Rassisten werden will.

Patzelt wurde als „Pressesprecher“ von PEGIDA denunziert, als Schönredner, der sein Handwerk nicht versteht und falsche Befunde verkaufe. Rassisten und Faschisten seien unterwegs, denen kein Raum zugestanden werden dürfe und hierzu gehören auch „unerwünschte“ Forschungsergebnisse. Es folgte eine mediale Hype im Deutschlandfunk und im Spiegel. Kollegen distanzierten sich. Patzelt spricht von einer Situation, die so beschaffen ist, dass kein zu Erkenntnissen gelangender Mehrwert mehr möglich ist. Der Widerstand von Intellektuellen sei gefordert, wenn Regeln verbogen und Narrative ins Werk gesetzt werden. Es habe sich an den Hochschulen ein Opportunismus etabliert, der an Feigheit und Hinterhältigkeit orientiert ist.

Es bleibe das Gebot, selbst geradlinig zu handeln und zu Unrecht Angegriffene nicht im Stich zu lassen.

Uwe Jochum beschäftigt sich

mit der Situation der Bibliotheken als einem festen Bestandteil der deutschen Bildungslandschaft, die ihre Legitimation aus Artikel 5 des Grundgesetzes beziehen.

Ziel ist eine überparteiliche und qualitätsgreifende „informelle Grundversorgung“ der Bevölkerung. Aber was genau ist darunter zu verstehen?

Der Autor spricht hier von einer bibliothekarischen Konfliktlage, die allerdings nicht neu ist.

In welche Kanäle soll die Lektüre den Leser leiten und welchen Anteil hat der Staat dabei?

Die sich progressiv verortenden Bibliotheken hatten mit ihrem Prinzip einer Volkskulturgemeinschaft während der Weimarer Zeit dem NS formell nicht ausreichend widerständig begegnen können, der sie für seine Zwecke instrumentalisiert hatte. Nach dem 2. Weltkrieg sei eine politische Wendung nach links erfolgt. Man habe diese Praxis ab 1949 zwar wieder aufgegeben, aber sie sei in der DDR fortgesetzt worden, was nach 1989 vorbei zu sein schien. Am Beispiel des Autors Akiv Pirincci weist Jochum allerdings nach, dass kritische Positionierungen zu aktuellen Leitagenden durch Autoren zu deren Entfernung aus Bibliotheken geführt haben, wobei diese sich als „Verteidiger der Demokratie“ gerieren. Notwendig sei in solchen Fällen allerdings eine demokratische Debatte zu solcherlei Handeln. Unter dem Synonym „Schleichwerbung für das politisch rechte Spektrum werden Ausschlußszenarien gegen vermeintlich „neurechte“ Wissenschaftler inszeniert.

Im Falle des Autors Sebastian Maaß, der über die konservative Revolution der Weimarer Zeit gearbeitet hatte, verhinderte man sogar seine Promotion und der Verlag Duncker und Humblot wurde genötigt, sein Spengler-Buch aus dem Programm zu nehmen.

Pipi Langstrumpf wird kolonialistisch beargwöhnt und Karl May wird zum Rassisten.

„Die Absicht, Äußerungen mit schädlichen oder in ihrer gedankichen Konsequenz gefährlichem Inhalt zu behindern, hebt das Prinzip der Meinungsfreiheit selbst auf und ist illegitim (…)“.

Diesem verfassungsrechtlichen Grundsatz müsse wieder zu Geltung verholfen werden, so der Autor.

Michael Esfeld spricht vor dem Hintergrund

der zurückliegenden Corona-Krise von einem Versagen der Urteilskraft im Umfeld der politischen Klasse und unterstellt eine besondere Anfälligkeit von „besser“ gebildeten Leuten für ideologische Konzepte, weil diese ihrer Art zu denken entgegenkommen. Im Falle von Corona sei es dabei zu einer Umdeutung medizinischer Begriffe gekommen, was Angst verursacht habe. Die Anwendung einer bestimmten Testmethode (PCR) wurde für berechtigt gehalten und nicht das epidemologische Phänomen selbst.

Das sei – so der Autor – Ausdruck für einen Mangel an Urteilskraft.

Auch moralische Begriffe seien in diesem Zusammenhang umgedeutet worden. So stand Solidarität plötzlich für Unterwerfung unter befohlene Maßnahmen bis hin zu einer Impfung, um damit dem Ausschluß aus dem kulturellen Leben zu entgehen.

Selbstbestimmung (auch über den eigenen Körper) wurde als Egoismus gebrandmarkt. Ein libertärer Autoritarismus wurde in Berufung auf den Philosophen Hans Jonas verherrlicht.

Ein enormer Schaden sei angerichtet worden. Das Problem sei, dass Bildung ansich nicht zugleich die Urteilskraft schule, sondern nur die Praxis als situatives Handeln. Man könne Urteilskraft nicht erzwingen, sondern nur die Praxis schulen.

Das Bildungsmonopol des Staates werde seinem Anspruch auf Neutralität nicht gerecht. Dies vor allem dann nicht, wenn staatlich finanzierte „gelenkte“ Medien hinzukommen.

David Engels meint,

dass das Lehramt keine Freude mehr mache und spricht von einer wechselseitigen Hochstapelei in den Geisteswissenschaften. Systematisches Wegschauen bei den Professoren und eine nachlassende Motivation bei den Studenten, ergänzen sich zu einem wenig Hoffnung vermittelnden Gemisch, bei einer gleichzeitig zunehmenden Ideologisierung der Hochschulen. Eine bleierne Stimmung „politischer Korrektheit“ setzte Meinung gegen Wissen.

Moralisierend in Szene gesetzte Minderheitenagenden reklamieren Projektmittel für Diversity, Migration, Toleranz, Gender, Klima und Inklusion auch als Privileg für adäquate Stellenausschreibungen, die zugleich absurde Quoten erfüllen müssen.

Ansichten, die als „umstritten“ eingeordnet werden, führen zu akademischem Selbstmord.

Ein dekolonialisierter Kanon zugunsten postmoderner Literatur benotet „Gefühl“ als „individuellen Fortschritt“. Der Autor fordert eine neue Innerlichkeit, orientiert an den Grundsätzen des Benediktinerordens mit Strenge, Disziplin und kompromissloser Innerlichkeit, was vermutlich einige Generationen dauern würde.

Der Sinn von „Vielfalt“ scheine aktuell darin zu bestehen, alle vermeintlich konservativen Positionen als rechtsradikal zu brandmarken. Meinungsfreiheit wird nur im Rahmen eines vorgegebenen Konzepts geduldet.

Engels sieht drei wesentliche Faktoren einer falschen Weichenstellung:

  1. Die Massenuniversität verunmöglicht eine Elitenbildung.
  2. Eine Charakterbildung werde aktuell von den neuen Medien erzeugt.
  3. Die bildungspolitischen Vorgaben entsprechen dem Gegenteil dessen, was zu fordern wäre.

Das allerdings bedeute die Begründung ganz neuer europäischer Bildungsinstitute.

Teile des akademischen Proletariats haben mittlerweile wohl eine realistische Einsicht im Hinblick auf die Defizite des modernen universitären Systems gewonnen. Sie müssten nicht nur aus beruflichen, sondern auch aus idealistischen Gründen auf ein von Ideologie befreites Umfeld hoffen, wo sich auch wieder Begeisterung durch freimütige Beteiligung einstellen könnte.

Till Kinzel (hier erneut) verweist

auf die „Idee der Universität bei John Henry Newman und Josef Pieper. Es geht um zeitüberschreitende Gültigkeiten dessen, was als akademisch anzusehen ist. In einem Spannungsfeld zwischen Vernunft und Glaube, muss sich Theologie auf etwas Objektives beziehen, wenn sie als Wissenschaft anerkannt werden soll.

Wer Teilwissenschaft zum philosophischen Schlüssel erkläre sei – nach Newman – ein beschränkter Fanatiker. Kinzel verweist auf die Gestalt des Wissens als Wissenschaft und sieht hier in Berufung auf Bacon einen Teil unserer Natur verwirklicht.

Wissenschaft habe einen Kontemplationscharakter im Sinne einer freien Bestrebung.

Bei Josef Pieper gibt es

die Figur des Funktionärs und Sophisten.

In der Auseinandersetzung Platons mit den Sophisten sieht Pieper das Wesen der Philosophie begründet. Es gibt nichts Akademisches ohne das Theoretische, jedoch nicht in einem verkürzten Verständnis als „theory“, sondern als Seinsform der Kontemplation.

Bei Aristoteles hat das Theoretische seinen Wert in sich. Universität müsse aber das Ganze der Welt zum Ausdruck bringen und akademisch bedeute antisophistisch.

Es geht um die Zurückweisung einer Scheinwirklichkeit in der Kultur, welche der Stilllegung des öffentlichen Lebens dient.

Platons Sophistik-Kritik sei angesichts der Postmoderne von besonderer Bedeutung in Zeiten einer zunehmenden Flucht vor wirklicher Wissenschaft und Vernunft.

Ein hoch aktuelles und sehr lesenswertes Buch!


Das Ende der Universität
Niedergang und mögliche Erneuerung einer europäischen Institution

Deutscher Wissenschaftsverlag (DWV)

ISBN 978-3-86888-211-7

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Michael Mansion, geboren am 28.05.1943 in Weißenfels (Sachsen Anhalt).
Seit 1945 im Saarland ansässig und aufgewachsen.
Ausbildung zum Zahntechniker und in diesem Beruf bis 1991 tätig.
Ab 1992/93 Wechsel in den Kulturbereich einer stadtnahen Einrichtung als Geschäftsführer.
In den letzten Jahren hauptsächliche Beschäftigung mit gesellschaftlichen und sozialkritischen Themen und Entwürfen vor dem Hintergrund einer als Staatskrise definierten Entwicklung.
Michael Mansion lebt im Saarland in der Gemeinde Wallerfangen.

Bisherige Veröffentlichungen:

Zur Verteidigung des Ressentiments und andere Bösartigkeiten (Kelkel-Verlag)
Unterwegs (Kelkel-Verlag)
Die Gesellschaftliche Wirklichkeit im Spannungsfeld zwischen Erkenntnis und Verweigerung (Selbstverlag)
Guten Tag zusammen (Roman / BoD-Verlag)
Onkel Albert und andere Zeitgenossen (Kurzgeschichten / BoD-Verlag)
Ungeist als Zeitgeist (Essays, Kommentare u. Briefe /BoD-Verlag)
Politische Literatur unserer Zeit (BoD-Verlag)

Zu den Titeln:

„Die gesellschaftliche Wirklichkeit im Spannungsfeld zwischen Erkenntnis und Verweigerung“
„Zur Verteidigung des Ressentiments und andere Bösartigkeiten“, sowie der Titel
„Unterwegs“, können nur noch beim Autor unter mansion.michael@gmx.de bezogen werden.