Islam und Verfassungstreue – Ein differenzierter Blick

Islam und Verfassungstreue
In der aktuellen politischen Debatte wird Kritik am politischen Islam zunehmend mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus verknüpft. Was früher als berechtigter Anstoß für gesellschaftliche Diskussion galt, steht heute mitunter im Fokus des Verfassungsschutzes. Eine Partei sieht sich staatlicher Beobachtung ausgesetzt – unter anderem wegen ihrer Positionen zum Islam. Dieser Beitrag geht der Frage nach, inwiefern der Islam mit demokratischen Grundwerten vereinbar ist.

1. Der Islam als politisches System

Zahlreiche Islamwissenschaftler – darunter auch säkulare oder selbst muslimische Forscher – betonen, dass der Islam nicht nur Religion, sondern ein umfassendes Gesellschaftsmodell mit politischen Ansprüchen ist:

  • Scharia als eigene Gesetzgebung:
    • Strafrecht: z. B. Hadd-Strafen (Auspeitschen, Amputation)
    • Familienrecht: Polygamie, Scheidungsrecht zugunsten des Mannes
    • Erbrecht: Frauen erben nur halb so viel wie Männer
  • Regelungen für Alltag und Wirtschaft:
    • Kopftuchpflicht für Frauen (z. B. im Iran)
    • Öffnungszeiten nach Gebetszeiten (z. B. Saudi-Arabien)
    • Zinsverbot im islamischen Bankwesen („Islamic Finance“)
  • Vorrang religiöser Normen gegenüber staatlichem Recht
  • Autorität von Fatwas über weltliche Urteile
  • Verfassungsreferendum in Ägypten 2012: „Prinzipien der Scharia als Gesetzesgrundlage“

Damit unterscheidet sich der Islam strukturell von Religionen wie dem Christentum, das sich im Westen weitgehend vom politischen Machtanspruch gelöst hat.

2. Spannungsverhältnis zum Grundgesetz

Das deutsche Grundgesetz basiert auf:

  • Individuellen Freiheitsrechten (z. B. Meinungs-, Glaubens-, Gleichberechtigung)
  • Säkularität (Trennung von Staat und Religion)
  • Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Relevante Artikel:

Säkularität und Neutralitätspflicht

Das Bundesverfassungsgericht stellte 2003 und erneut 2015 klar:

„Der Staat darf sich […] mit keiner Glaubensrichtung identifizieren und muss in religiös-weltanschaulichen Fragen Neutralität wahren.“– BVerfG, 24.09.2003 – 2 BvR 1436/02

3. Politischer Islam im Widerspruch zur freiheitlichen Ordnung

Der Verfassungsschutzbericht 2022 unterscheidet zwischen islamischem Glauben und politischem Islam. Politischer Islam gilt als verfassungsfeindlich, wenn er:

  • das demokratische System ablehnt,
  • die Scharia über deutsches Recht stellt,
  • Gleichberechtigung und individuelle Freiheiten einschränkt.

„Islamistische Organisationen verfolgen das Ziel, eine auf der Scharia basierende Gesellschaftsordnung zu etablieren, die mit den freiheitlich-demokratischen Grundrechten unvereinbar ist.“

4. Wissenschaftliche Perspektiven

  • Bassam Tibi: Islam und Demokratie (2010)
    Ohne eine Theologie der Trennung von Religion und Politik bleibt der Islam nicht mit der westlichen Verfassungsordnung vereinbar.
  • Hamed Abdel-Samad: Der islamische Faschismus (2014)
    Es geht dem politischen Islam nicht um Koexistenz, sondern um Dominanz – kulturell, politisch und rechtlich.
  • Susanne Schröter: Politischer Islam – Stresstest für Deutschland (2020)
    Die Behauptung, es handle sich um Einzelfälle, blendet die strategische Tiefe der Bewegung aus.
  • Mouhanad Khorchide: Islam ist Barmherzigkeit (2012)
    Ein Glaube, der Barmherzigkeit in den Mittelpunkt stellt, braucht keinen politischen Machtanspruch.

5. Keine Pauschalverurteilung von Muslimen

Die Kritik richtet sich nicht gegen gläubige Muslime, die ihren Glauben friedlich und privat leben, sondern gegen ideologisierte Bewegungen, die religiöse Vorschriften zum gesellschaftlichen Ordnungsprinzip machen wollen.

Wichtige Unterscheidung:

  • Muslime, die verfassungstreu leben
  • Politischer Islam, der Gesellschaft nach religiösen Normen formen will

6. Schutz vor ideologischer Überdehnung des Verfassungsschutzes

Kritik am politischen Islam ist kein Rechtsextremismus. Wird jede kritische Debatte unter Generalverdacht gestellt, untergräbt das das Vertrauen in demokratische Institutionen.

Wird der Extremismusbegriff inflationär gebraucht, verliert er seine Schärfe und Glaubwürdigkeit.

7. Weiterführende Literatur und Quellen

Hartmut Krauss und der Hintergrund Verlag

Literatur

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Beruflich wegen des Status "Alleinerziehender" als Mann sehr ausgebremst. Daher als "IT-Allroundkraft" Tätigkeiten für mehrere Stadtbibliotheken, für ein Theater mit Darstellern mit Downsyndrom und anderem, Webadministrator und Content Manager, Social Media-Mensch etc. Der Sohn ist mittlerweile 20 und wird schon lange nicht mehr erzogen.

Ich habe derzeit Raum und Zeit für neue Aufgaben im beruflichen Umfeld.

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