Gleichberechtigt „schwarzern“

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Endlich macht sich die Gleichberechtigung auch bei der Steuerhinterziehung bemerkbar! Danke Alice! Wieder eine Männerdomäne erobert.

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Diesmal das Schwarzgeld. Und ja, es tut mir auch wirklich leid, dass der Name von Alice Schwarzer so wunderbar einlädt zu ganz neuen Wortschöpfungen im Zusammenhang mit dem Vorbeischaffen von Steuergeldern am Fiskus.

„Schwarzern“ – dass da vorher noch niemand drauf gekommen ist! Gut, man kann es positiv betrachten: Nur Frauen, die richtig Kohle machen, können überhaupt schwarz am Staat welches vorbeischaufeln. Diese Feminismus-Industrie muss ja wirklich ein einträgliches Geschäft sein.

Und Sie haben völlig recht, Frau Schwarzer, wenn Sie Ihr Geld nicht einfach ausgegeben haben. „Die sparsame Hausfrau ist der Grundstock zum Vermögen“, sagt ein altes Sprichwort. Die sparsame Feministin hat also doch etwas gemeinsam mit dem Heimchen am Herd. Insofern ist es selbstredend erst einmal ein feministischer Erfolg, dass Alice Schwarzer Schwarzgeld besaß. Während aber Lieschen Müller mit der mageren Haushaltskasse, die vom unterdrückenden Ehemann zugeteilt wird, mangels Masse keinen großen Spielraum hat und höchstens einen heimlichen Vorrat an Milka-Nuss-Schokolade vor ihren Kindern versteckt, hat die moderne Frau von heute natürlich größeres Basiswissen und Budget.

Von wegen „Lehman-Sisters“

Was das erst für die Modebranche bedeutet, kann bislang noch gar nicht abgeschätzt werden. Mir schwebt bereits eine neue Kollektion von Louis Vuitton vor. Das modische Schwarzgeldtäschchen mit doppeltem Boden für den Weekend-Trip in die Schweiz, in den Farben Gold und Euro-Blau. Schaumstoff im Push-up-BH war gestern. Es lassen sich doch auch zusammengerollte Eurobündel in die Lufttaschen stopfen. Und wenn uns einer abtasten will, machen wir einfach einen #aufschrei am Flughafen.

Die Grande Dame der Feminismus-Industrie ist nun verschnupft, dass ihr kleines Steuergeheimnis gelüftet ist und die ganze Aktion mit Selbstanzeige und präventiver Nachzahlung in sechsstelliger Höhe an die Öffentlichkeit geriet. Bislang war Steuerhinterziehung nämlich eine männliche Domäne. Immer konnten die niederen menschlichen Gefühlslagen zwischen Neid und Schadenfreude kübelweise über männlichen Häuptern ausgeschüttet werden. Wissen wir doch, Männer, diese geldgeilen Subjekte, die keine Gelegenheit auslassen, sich am Volk, dem Kunden oder der ausgebeuteten Ehefrau zu bereichern. Ob Klaus Zumwinkel, Uli Hoeneß oder jüngst der „Zeit“-Herausgeber Theo Sommer.

Und waren nicht die Immobilienblase und der Banken-Crash auch ein männlich verursachtes Problem? Da machte doch einst tatsächlich dieser dämliche Spruch die Runde, mit den „Lehman-Sisters“ wäre das alles nicht passiert, weil wir Frauen doch gar nicht betrügen können, in unserer mitmenschlichen, teamfähigen, fürsorglichen und vernünftigen Art, die immer nur das Wohl der anderen im Auge hat.

Ein Weltbild gerät ins Wanken

Und jetzt also Alice. Meine Güte, liebe Frau Schwarzer, Sie bringen doch diese altbewährte Aufteilung in „Frau = bedacht und vernünftig“ und „Mann = geldgeil und risikoreich“ noch ganz ins Wanken. Wir hatten uns doch schon so schön in diesem schlichten Weltbild eingerichtet, in dem wir Frauen immer auf der richtigen Seite waren.

Gut, wir wissen beide, dass diese Sichtweise schon immer falsch war. Selbst in der Bankenkrise. Für die fünf Milliarden Dollar Verluste bei J.P. Morgan war mit Ina Drew jedenfalls eine der mächtigsten Frauen der Finanzmetropole New York verantwortlich. Gut, dass das damals niemand gemerkt hat. Sonst wäre möglicherweise auch die ganze Argumentationskette für eine Frauenquote in Führungspositionen in Europa ins Wanken geraten. Wofür noch Frauen an die Geldtöpfe lassen, wenn sie sich dann wie Männer aufführen?

Jetzt müssen Sie mir aber nur eins erklären: Warum eigentlich vergangenes Jahr dies Gejammer wegen der gestrichenen Fördergelder für Ihren grandiosen FrauenMedia-Turm in Köln? Sie haben doch Geld. Ihr „Lebenswerk“ sahen Sie damals bedroht, weil die staatlichen Gelder nicht mehr so freimütig fließen wollten in ein Projekt, dessen Nutzen für die Allgemeinheit von zweifelhaftem Sinn war. Das hat jetzt natürlich einen schalen Beigeschmack. Logisch, auch das ist natürlich nachvollziehbar, also so menschlich meine ich. Warum privates Geld in ein Schwarzer-Prestigeobjekt stecken, wenn der doofe Steuerzahler das doch bezahlen kann – wie er es jahrelang tat.

Der Artikel erschien zuerst in The European.

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Birgit Kelle arbeitet als freie Journalistin und Autorin.
Sie wurde 1975 in Siebenbürgen, Rumänien, geboren und siedelte als Neunjährige mit ihrer Familie noch aus dem real existierenden Kommunismus nach Deutschland um.

In verschiedenen Landtagen und vor dem Familienausschuss des Deutschen Bundestages trat sie als Sachverständige für die Interessen von Müttern und Familie, sowie als Expertin im Themenkomplex Gender auf. Als regelmäßiger Gast in diversen Talksendungen im Deutschen Fernsehen zu den Themenfeldern Familien-, Frauen-, Genderpolitik und Feminismus-Kritik wurde sie einem breiten Publikum bekannt.