Herrn Prantls Panik

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Der Erfolg der jungen Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in der sächsischen Landtagswahl hat Herrn Heribert Prantl erschreckt. In seiner Charakterisierung greift er Beobachtungen und Details auf, die ein vorläufiges Mosaik ohne klares Bild ergeben.

Prantl hält die AfD insgesamt für rückwärtsgewandt, bestreitet damit aber implizit, dass es ernsthafte Probleme geben könnte, die den Erfolg der AfD, teils zu Lasten anderer Parteien, erklären könnten. Er schreibt:

“Wer wissen will, wie es früher war, geht ins Museum. Wer wählen will, was von gestern ist, wählt die AfD. Sie verspricht ihm in Euro-Zeiten das Deutsche-Mark-Gefühl. Sie ist gegen die Homo-Ehe, gegen die Frauenquote, gegen Einwanderung und ganz besonders gegen Flüchtlinge. Homosexualität gilt der AfD als gefährliche, aber heilbare Verirrung. Gleichberechtigung heißt dort “Gender-Wahn”. Und die Abtreibung wird als “Frevel” bezeichnet.”

Ich greife hier in kritischer Absicht bewusst nur diesen Absatz von Heribert Prantl heraus:

1. Dass die Einführung einer europäischen Gemeinschaftswährung, des Euro, u. a. durch die Beseitigung des Wechselkursmechanismus zu erheblichen Problemen europaweit geführt hat, das ist allgemein bekannt. Aus einem Zweifel daran, ob die Vorstellungen der AfD hierzu zu einer realistischen Problemlösung führen würde, ergibt sich nicht, dass die derzeit propagierte expansive Geld- und restriktive (deflationäre) Fiskalpolitik sinnvoll wären. Denn dass sie es nicht sind, dafür gibt es gute Argumente, wie sie z. B. Flassbeck vorträgt.

2. Gegen die Frauenquote zu sein, dafür gibt es triftige Gründe, nicht zuletzt juristische, und sie dürften Herrn Prantl bekannt sein, denn ich habe ihm das einschlägige Buch “Qualifikation statt Quote” selbst zugeschickt. Ob er sich die Mühe gemacht hat, sich damit auseinanderzusetzen, das kann ich nicht wissen. Wenn nicht, dann ist er insoweit schlicht nicht im Bilde.

Man könnte mit fast denselben “Argumenten”, die für die “Frauenquote” vorgebracht werden, für eine “Rothaarigenquote” eintreten – was die Absurdität der Frauenquote demonstriert.

3. Was Gleichberechtigung bedeutet, dass kann auf der Website der Frankfurter Erklärung zur Gleichstellungspolitik nachgelesen werden. Gleichberechtigung ist ein Verfassungsbegriff, Gleichstellung ist kein Verfassungsbegriff – es gibt im GG keine Gleichstellung, und es kann sie aus logischen Gründen dort auch gar nicht geben. Herr Prantl mag anderer Auffassung sein, aber dann sollte er meine hierzu auf CollectIQ.de publizierten Überlegungen widerlegen!

4. Die nicht verfassungsmäßige Gleichstellungspolitik ist Teil einer internationalen, nie parlamentarisch diskutierten und auf europäischer Ebene beschlossenen Gender Mainstreaming-Strategie. Und diese basiert auf den Gender Studies, deren Charakter kein wissenschaftlicher ist. Es handelt sich um eine kontrafaktische Ideologie, oder kurz: um einen Wahn, also um einen Gender-Wahn. Denn Gender ist ein Phantasieprodukt, an das geglaubt wird, als wäre es real, und in diesem Sinne ist Gender ein Wahn.

Harald Martenstein ironisiert das so:

“Jetzt die Feminismuskritik. Die Genderfrauen sagen, dass es “Männer” und “Frauen” in Wirklichkeit gar nicht gebe, dies seien nur gesellschaftliche Konstrukte. Tatsächlich sind die Grenzen zwischen den Geschlechtern fließend, es gibt organisch, sozial und psychisch die verschiedensten Zwischenformen. Das ist bei Cola und Limo genauso. Du kannst Cola und Limo in jedem gewünschten Verhältnis zu Spezi mischen. Wenn nun einer käme und behauptete, aus der Existenz von Spezi gehe hervor, dass Cola und Limo ein gesellschaftliches Konstrukt seien und gar nicht existierten, dann würde jeder sofort merken, dass diese Person ein Rad abhat. Noch irrer wäre die Behauptung: “Wer darauf beharrt, dass es Cola gibt, der diskriminiert Spezi.””

Herr Prantl demonstriert mit seinem Artikel bloß seine Uninfomiertheit, aber er kann sich ja noch kundig machen oder er kann weiterhin teilhaben an diesem Wahn. Und solange er sich in derartigen Irrtümern herumtreibt, sollte er anderen keine Vorhaltungen machen, denke ich. Sollte er schließlich der Auffassung sein, der Irrtum läge nicht bei ihm, sondern bei mir, bitte, gern: dann soll er mich widerlegen!

Es würde mich übrigens interessieren, woher Herr Prantl eigentlich sein anscheinend fundiertes Wissen über Homosexualität bezieht, denn er scheint ja ganz genau zu wissen, was falsch ist, also muß er auch wissen, was richtig ist. Wenn er den wissenschaftlichen state of the art so genau kennt, dann wäre es wünschenswert, wenn er diesen – oder wenigstens die wichtigsten Quellen hierzu – darstellte. Davon könnten alle nur lernen.

Abschließend sei die Frage gestellt, was denn Abtreibung ist, wenn sie, Prantl zufolge, abgesehen von der Legalität und der geltenden juristischen Beurteilung, moralisch kein „Frevel“ ist. Ist sie für ihn etwas moralisch Neutrales, oder sogar etwas Gutes? Sollte Herr Prantl das so beurteilen, dann würde ich gern eine Begründung dafür lesen. Ich kenne nämlich bisher keine derartige moral-philosophische Rechtfertigung der Abtreibung.

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guenter buchholz
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Prof. Dr. Güter Buchholz, Jahrgang 1946, hat in Bremen und Wuppertal Wirtschaftswissenschaften studiert, Promotion in Wuppertal 1983 zum Dr. rer. oec., Berufstätigkeit als Senior Consultant, Prof. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Consulting an der FH Hannover, Fakultät IV: Wirtschaft und Informatik, Abteilung Betriebswirtschaft. Seit 2011 emeritiert.