Anfang März 2015 stellte der Club of Vienna (CoV), die Denkfabrik der Stadt Wien, eine neue Studie vor. Sie befasst sich mit dem Geschlechterverhältnis. An der Entwicklung von Teil I, der sich mit der Teilhabe von Männern und Frauen am Geschlechterdiskurs sowie der Geschichte von Feminismus und Maskulismus (Männerrechtsbewegung) beschäftigt, wirkte ich intensiv mit.
Die neue Studie soll (auch) als wissenschaftliche, systematische und unvoreingenommene Erörterung der „männlichen“ Seite des Geschlechterverhältnisses dienen und ein Nachschlagewerk sein. Seit längerem reüssiert „Gender“ im öffentlichen Raum. Versatzstücke werden institutionell implementiert – nicht unproblematisch.
Festzuhalten ist deshalb, was Gleichberechtigung meint: zwei Subjekten prinzipiell identische Möglichkeiten einzuräumen, etwas zu tun, zu erhalten oder zu lassen. Gleichstellung meint hingegen, dass ein Subjekt etwas, weil ein anderes dies schon hat. Unabhängig von den Umständen des Erhalts und den womöglich divergierenden Charakteristika der Subjekte. Leistung, Eigeninitiative, Entscheidungsfreiheit, Einzelfallgerechtigkeit, Wirkung auf Nachhaltigkeit, Motivation und Zusammenhalt – all dies ist bestenfalls untergeordnet.
Ein Paradigmenwechsel. Leider richtet sich die deutsche Politik schon drei Dekaden nach den Prämissen des Egalitätsfeminismus und verwechselt Gleichheit mit Gerechtigkeit. Gleichstellung wurde zur Staatsräson. Avancierte zur moralischen Frage und Ersatzreligion. Zu empfehlen ist der Beitrag des Mainzer Kriminologen Professor Michael Bock für die Kellmann-Stiftung: „Gender-Mainstreaming als totalitäre Steigerung von Frauenpolitik“.
Chancengleichheit wiederum ist die Zwillingsschwester der Gleichberechtigung: beide bedingen sich wechselseitig. Ergebnisgleichheit hingegen ist die Zwillingsschwester der Gleichstellung und ist mit Chancengleichheit unvereinbar.
Die Meinungsführer in Politik, Medien und den ideologietriefenden, unwissenschaftlichen Gender Studies setzten durch, dass „absolute Gleichheit“ als einzig legitime Form von Gerechtigkeit betrachtet wird – 50:50, leistungsentkoppelt. Wohlgemerkt vorrangig bei als erstrebenswert erachteten, da lukrativen, einflussreichen und anderweitig angenehmen Positionen, gern ohne Letztverantwortung. Und das paradoxerweise nach anatomischen – und somit biologi(sti)schen – Kriterien. Diese werden ansonsten vom selben Personenkreis und derselben Denkweise im Sinne des Sozialkonstruktivismus systematisch delegitimiert.
Sozialkonstruktivistisch gilt die Welt als ausschließlich menschengemacht und daher vollkommen veränderbar. Das Bewusstsein bestehe lediglich aus „Zuschreibungen“. Auch die Verhaltensweisen von Männern und Frauen seien „konstruiert“. Wären die Umstände andere, verhielten sich die Menschen anders – und umgekehrt. Eng verbunden hiermit ist der Genderismus, der auf Dekonstruktion der Geschlechterrollen setzt – sozial und sogar biologisch. Feministisch gewendet werden auf dieser Grundlage Forderungen erhoben, die Frauen privilegieren. Hierdurch soll ein Ausgleich geschaffen werden für eine – in diesem Geschichtsbild vorhandene – historische Unterdrückung der Frauen in einem „Patriarchat“.
Doch so einseitig hat es (auch) in der Vergangenheit kaum Benachteiligungen von Frauen gegeben. Verkannt wird, dass frühere Geschlechterarrangements beiderseitig anders gewesen sind – nicht zuletzt wegen der Erwartungen der Frauen. Wenig Beachtung findet bislang, dass (auch) Männern viel abverlangt wurde: bspw. Kriegsdienst, Versorgung und Schutz der Frauen, dadurch eine implizite Arbeitspflicht und ein gerade emotional enges Verhaltenskorsett. Wer nicht mitzog, wurde verhöhnt – insbesondere von Frauen. Darauf geht unsere neue Studie ein.
Kritiker des beschriebenen Geschichtsbildes und vor allem der heutigen Maßnahmen, die empirie- und wissenschaftsfern über den Willen der meisten Menschen hinweg „absolute Gleichheit“ herstellen sollen, sind bspw. die Männerrechtler (Maskulisten). Komprimiert gesagt, gibt es die (deutschsprachige) Männerrechtsbewegung erst seit etwa der Jahrtausendwende. Künftig werden ihre Vertreter als Teile des geschlechterpolitischen Diskurses öffentlich anerkannt und beachtet werden müssen. Schon, damit es überhaupt eine Auseinandersetzung wird und keine einseitige Verkünd(ig)ung bleibt, wie bislang. Triebfeder der Männerrechtler ist neben der Erfahrung von Leid durch persönliche Betroffenheit, z. B. als Trennungsväter ohne Kontakt zum Kind, ihr Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit.
Welcher Zusammenhang besteht also zwischen Männerdiskriminierung und Geschlechterdemokratie? Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen könnte sich – positiv – zu einer Geschlechterdemokratie fortentwickeln. Darin würden Menschen beiderlei Geschlechts gleichermaßen wertschätzend gesamtgesellschaftlich eingebunden werden. Zugleich besitzt die Geschlechterdemokratie als gesellschaftliche Herrschafts- bzw. Staatsorganisationsform einen weiteren Vorteil: Sie sensibilisiert für geschlechtsspezifische Interessen und ihre Berücksichtigung, um mehr Geschlechtergerechtigkeit zu verwirklichen.