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Offener Brief an den Wissenschaftsrat
Die Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank hat die Evaluation der „Gender Studies“ durch den Wissenschaftsrat beantragt. Doch wird die Evaluation sachgerecht durchgeführt und welches Gewicht werden dabei kritische Argumente haben?
„Auf Antrag der Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) wird der Wissenschaftsrat (WR) die an verschiedenen Hochschulen vertretenen Gender Studies evalueren. Diese bestätigte die neu gewählte Vorsitzende des Gremiums Professorin Dorothea Wagner auf Nachfrage bei einem Pressegespräch am 3 Februar in Berlin.“ Quelle: Politikmagazin
Arbeitsprogramm des Wissenschaftsrats Januar – Juli 2020 (S. 24f.)
An
die Vorsitzende des Wissenschaftsrates
Frau Dr. Dorothea Wagner,
an
die Mitglieder des Wissenschaftsrates,
an
Herrn Thomas May
Generalsekretär des Wissenschaftsrates
Pressegespräch vom 3. Februar 2020 in Berlin:
Genderforschung wird evaluiert
Sehr geehrte Frau Prof. Wagner, sehr geehrter Herr May,
sehr geehrte Damen und Herren des Wissenschaftsrates,
in der Presseerklärung heißt es, die Wissenschaftssenatorin in Hamburg, Katharina Fegebank, habe beantragt, dass der Wissenschaftsrat (WR) die an verschiedenen Hochschulen vertretenen „Gender Studies“ (GS) evaluieren möge.
Es ist darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gibt, die Begriffe und Konzepte der Gender Studies kritisieren sowie ihre Wissenschaftlichkeit mit guten Argumenten in Frage stellen.
Es ist zu wünschen, dass die personelle Besetzung der Kommission den Anforderungen im Hinblick auf Wissenschaftstheorie, Methodik und Evaluationserfahrung unter besonderer Berücksichtigung der Nicht-Befangenheit zwecks Vermeidung von Interessenkollisionen gerecht werden wird.
Ebenso ist aus gesellschaftlicher Sicht eine weitgehende Transparenz wünschenswert, da es nicht zuletzt um die Verwendung öffentlicher Mittel geht. An dieser Stelle könnte der Rechnungshof anschließen.
Dieser Antrag ist erstens in besonderem Maße deswegen zu begrüßen und zu unterstützen, weil die Gender Studies bisher nicht evaluiert worden sind, jedenfalls nicht nach den üblichen Regeln, und die u.a. deshalb innerhalb der Wissenschaften Kritik auf sich gezogen haben. Analoges gilt sehr wahrscheinlich für die Akkreditierung von GS-Studiengängen. Und der Antrag ist zweitens sehr zu begrüßen, weil die Gender Studies durch Steuergelder finanziert werden, weshalb ein gesellschaftliches Interesse daran besteht, dass ein akzeptables Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen besteht. Die Wissenschaftsfreiheit besteht in diesem Rahmen, und außerdem nur, sofern es sich überhaupt um Wissenschaft handelt.
Daher die Frage:
Handelt es sich bei den Gender Studies um Wissenschaft?
Da sich diese Frage besonders der zu bildenden Evaluationskommission stellen wird, bitten wir darum, den Mitgliedern dieses Schreiben zur Verfügung zu stellen.
Einige konkrete Fragen an die Gender Studies sind:
* Wie wird der wissenschaftliche Begründungszusammenhang
(a) von möglichen vor- und nachgängigen Interessen sowie
(b) von möglichen ideologischen Vorverständnissen getrennt und abgeschirmt?
* Was ist das Objekt (bzw. der Objektbereich) der Gender Studies?
* Welches ist die (jeweilige) Forschungsfrage?
* Was wollen Gender Studies (jeweils) erklären oder verstehen?
* Welches ist ihr – wie begründeter – kategorialer Apparat?
* In welcher Beziehung stehen die Gender Studies zu den jeweiligen relevanten Einzelwissenschaften?
* Welches ist die (jeweilige) wissenschaftstheoretische Grundlage der Gender Studies?
* Welcher (jeweiligen) Methodik sehen sich die Gender Studies verpflichtet?
* Welche Methoden werden in welchen Teilbereichen angewendet? Beispiele?
* Welche Erkenntnisse sind aus Sicht der Gender Studies zu nennen? Beispiele?
* Wie werden diese o.g. Erkenntnisse der Gender Studies von Einzelwissenschaften gesehen und beurteilt?
* In welcher wissenschaftlichen Literatur haben sich diese Erkenntnisse niedergeschlagen: Literaturliste?
* Gehen Gender Studies auf die Argumente der Gender-Kritiker ein?
Es sei abschließend darauf hingewiesen, dass im Bundesland Niedersachsen dem Anspruch nach bereits eine Evaluation der Gender Studies durchgeführt worden ist, die nachträglich einer Kritik unterzogen worden ist. Siehe hierzu: „Gender Studies – Die Niedersächsische Forschungsevaluation und ihre offenen Fragen“. Die Lektüre ist als Einführung in dieses praktische Evaluationsprojekt besonders geeignet.
Zur Vertiefung wird ausdrücklich auf die bereits geleisteten Vorarbeiten des Blogs Sciencefiles hingewiesen, insbesondere auf die Daten des Gender-Wiki, die einen Teil des gesamthaften bisher nicht exakt und vollständig bekannten Mengengerüstes abbilden.
Darüber hinaus möchten wir auf folgende kritische Literatur zu Gender Studies hinweisen:
Harald Schulze-Eisentraut/Alexander Ulfig (Hrsg.), Gender Studies – Wissenschaft oder Ideologie? Baden-Baden 2019.
Ulrich Kutschera, Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen, Berlin 2018 (zweite Auflage).
Axel Meyer, Adams Apfel und Evas Erbe: Wie die Gene unser Leben bestimmen und warum Frauen anders sind als Männer, München 2015.
Abschließend ist zu hoffen, dass die oben genannten Fragen von der Evaluationskommission berücksichtigt werden und dass auf gesellschaftlicher Ebene eine vernünftige Beurteilung und Bewertung der Gender Studies zustande kommen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Professor Dr. Günter Buchholz
Dr. Alexander Ulfig
Frankfurt am Main, den 18. Februar 2020
Mitunterzeichner
Prof. Dr. Markus Meier
Prof. Dr. Gerhard Amendt
Dr. Kevin Fuchs
Prof. Dr. Heinz-Dieter Pohl
Dr. Harald Schulze-Eisentraut
Prof. Dr. Uwe Krebs
Dr. phil. Dagmar Lorenz, M.A.
Prof. Dr. Dr. Adorján Kovács
Prof. Dr. Martin Wagener
Dr. Bruno Köhler
Ich studierte Philosophie, Soziologie und Sprachwissenschaften.
Meine Doktorarbeit schrieb ich über den Begriff der Lebenswelt.
Ich stehe in der Tradition des Humanismus und der Philosophie der Aufklärung. Ich beschäftige mich vorwiegend mit den Themen "Menschenrechte", "Gerechtigkeit", "Gleichberechtigung" und "Demokratie".
In meinen Büchern lege ich besonderen Wert auf Klarheit und Verständlichkeit der Darstellung. Dabei folge ich dem folgenden Motto des Philosophen Karl Raimund Popper: „Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann“.