Toleranz und ihr verzerrtes Spiegelbild

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EU-Experten für logische Widersprüche und Totalitarismus empfehlen Intoleranz zur Förderung von Toleranz!

Vor allem in der Blogosphäre spricht es sich so langsam herum: Die EU hat sich einen Entwurf für ein Statut zur Förderung von Toleranz zu eigen gemacht, das – so kann man dem Statut entnehmen – von einer Reihe von Experten verfasst wurde und das zur Umsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU vorgesehen ist.

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Wofür die Verfasser des Entwurfs Experten sind oder sein sollen, bleibt ihr Geheimnis bzw. das der EU, aber sie gehören dem European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR), also dem Europäischen Rat für Toleranz und Versöhnung, an.

Dieser ist – anders als die Bezeichnung suggerieren mag – eine Nicht-Regierungs-Organisation, die im Jahr 2008 in Paris durch den ehemaligen Präsidenten Polens, Aleksander Kwasniewski, und den Präsidenten des Europäischen Jüdischen Kongresses, Viatcheslave Moshe Kantor, gegründet wurde. Der Selbstbeschreibung des
ECTR
kann man Folgendes entnehmen:

„The ECTR consists of prominent political and public leaders, scientists, Nobel Prize laureates and individuals who have gained global recognition for their outstanding achievements in the humanitarian sphere and promotion of tolerance.“ [Das ECTR setzt sich aus prominenten Politikern, Wissenschaftlern, Nobelpreisträgern und Personen zusammen, die weltweite Anerkennung für ihr Engagement im humanitären Bereich und für die Verbreitung von Toleranz erhalten haben.]

Auf irgendeine Weise scheint man beim ECTR der Auffassung zu sein, dass Professionalität und die Anerkennung für Engagement im humanitären Bereich allein schon eine Expertise impliziere oder ein Experte sein müsse, wer sich lange genug für ein bestimmtes Feld interessiert und engagiert hat.

Immerhin besteht aber die Möglichkeit, dass jemand nur so lange auf einem bestimmten Feld und in einem bestimmten Netzwerk in einer bestimmten Position herumdilettiert hat, dass er zur Altlast geworden ist, die man bei der Vergabe von weiteren Pöstchen und lobenden Worten gewohnheitsmäßig beglückt, oder dass zwar tatsächlich einmal Expertise angesammelt wurde, diese aber aufgrund mangelnden Kontakts mit der (realen) Außenwelt in die berühmt-berüchtigte Betriebsblindheit oder auch nur den ebenso berühmt-berüchtigten Tunnelblick umgeschlagen ist.

Und anders kann man sich schwerlich rationalisieren, wie es sein kann, dass Personen, die sich selbst anscheinend als Experten für humanitäre Fragen und Toleranz betrachten, zu der perversen Idee versteigen können, Toleranz könne dadurch hergestellt werden, dass man sie zuerst nach eigenem gusto inhaltlich fülle und das Füllhorn dann ungebeten und ohne empirisch begründeten Anlass über den Bürgern der EU ausschütte – ob sie wollen oder nicht, so dass die totale Toleranz erreicht sei, wenn sich keiner mehr traue, sich in irgendeiner Weise abweichend von dem zu äußern, was gerade inhaltlich als tolerant definiert ist.

Den selbsternannten Experten mag das wie eine geniale Lösung des Ordnungsproblems vorkommen; Inhabern politischer Ämter und administrativer Positiönchen mag das wie das Feigenblatt vorkommen, von dem sie geträumt haben, um Manipulation und Kontrolle über ihre Mitmenschen schamhaft zu bedecken – zumindest an EINEM Punkt -; den nicht mit Betriebsblindheit oder Tunnelblick Geschlagenen und den Nicht-Nutznießern aus Manipulation und Kontrolle muss es aber vorkommen, als seien sie im falschen Film:

Gegeben werden soll doch angeblich ein Stück mit dem Titel „Toleranz“, der Entwurf der ECTR formuliert aber das genaue Gegenteil.

So soll auf der Basis der Zuschreibung von Gruppenzugehörigkeiten und Gruppenidentitäten eine Rechtslage geschaffen werden, die individuelle Menschen in diese Gruppen wie in Schubladen einordnet. Das ist eine janusköpfige Angelegenheit für die Eingeordneten, denn sie – im Prinzip; in der Realität vermutlich eher: die vermeintlichen Repräsentanten der vermeintlichen Interessen der so konstruierten Gruppen – werden einerseits mit dem Recht ausgestattet, mit Verweis auf eine Gruppenzugehörigkeit andere Menschen mundtot zu machen oder sich individuelle Vorteile zu verschaffen, andererseits verlieren sie als individuelle Menschen ihre Individual- und Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber auch den Anspruch auf Chancengleichheit, denn Toleranz wird von der ECTRlern als Anspruch und Recht bestimmter Gruppen gegen andere definiert, und der einzelne Mensch kann Toleranz einfordern nur aufgrund seiner Zugehörigkeit zu diesen Gruppen:

„Guarantee of tolerance must be understood not only [aber auch!] as a vertical relationship (Government-to-individuals) [man beachte die Großschreibung von ‚Government‘ und die Kleinschreibung von ‚individuals‘!] but also as a horizontal relationship (group-to-group and person-to-person)“. [Die Ganratie für Toleranz muss nicht nur als vertikale Beziehung vestanden werden (Regierung zu Individuen), sondern auch als horizontale Beziehrung (Gruppe zu Gruppe und Person zu Person)]

So wird z.B. im Entwurf in section 3 (a) vom ECTR u.a. netterweise das Recht auf „Freedom of expression“ [Meinungsfreiheit] eingeräumt, aber in section 4 werden die Einschränkungen der zugestandenen Rechte formuliert, so z.B.

„… it must be understood that demonstrations (in exercise of freedom of assembly) need not be tolerated when they are likely to degenerate into riots or infringe on the rights of others“. [Es muss deutlich werden, dass Demonstration (als ausgeübtes Recht auf Versammlungsfreiheit) nicht toleriert werden müssen, wenn wahrscheinlich ist, dass sie in Krawalle ausarten oder die Rechte anderer verletzen.]

Und da völlig unklar ist, wer aufgrund welcher Kriterien die Wahrscheinlichkeit für diese „Degeneration“ im Vorfeld bestimmt, ist damit die Möglichkeit geschaffen, Demonstrationen grundsätzlich und in jedem Fall, in dem es der Verwaltung opportun erscheint, zu verbieten. Das ist das Aus für das Demonstrationsrecht. Leider führen die selbsterklärten Experten für humanitäre Fragen nicht aus, inwiefern diese grobe Form der Intoleranz Toleranz befördern soll oder wie sie gedenken, den Missbrauch der Einschränkungsmöglichkeiten von Individualrechten unter Berufung auf die Förderung von Toleranz zu verhindern.

Vermutlich sind sie eben einfach tolerant für den Missbrauch von Maßnahmen zur Förderung von Toleranz. Wir anscheinend Intoleranten sind dies aber nicht und konstatieren hier schlicht groben Unfug.

Aber mit dieser Beschreibung bleiben wir weit hinter dem zurück, was der ECTR als Entwurf für das tolerante Zusammenleben in der EU ausgeheckt hat, nämlich nicht einfach groben Unfug, sondern Wahnsinn mit Methode.

So gesteht er – wieder großzügigerweise – auf S. 4 „freedom of religion and belief, expressed either individually or in community with others, …“ zu, stellt aber auf S. 6 klar: „… tolerance does not denote acceptance of such practices as female circumcision, forced marriage, polygamy or any form of exploitation or domination of women“ [Toleranz erstreckt sich nicht auf die Akzeptanz von Pratiken wie Frauenbeschneidung, arrangierte Ehen, Polygamie oder jede Form der Ausbeutung oder Dominanz0 von Frauen]

Die Mehrehe als im Islam akzeptierte Praxis ist damit aus der Freiheit des Ausdrucks der Religion ausgeschlossen, und zwar wegen der „höheren“ Moral, die sich die ECTRler selbst bescheinigen – wie tolerant von ihnen!

Offensichtlich sind die ECTRler in Wahrheit davon überzeugt, dass wir EU-Bürger nicht nur weniger intolerant sind als sie uns gerne darstellen, sondern sogar überaus tolerant, denn wie sonst könnten sie davon ausgehen, dass wir ihnen das durchgehen lassen und ihre „höhere“ Moral als solche akzeptieren?

Die ECTRler trauen uns, besonders den männlichen EU-Bürgern, aber noch viel größere Toleranz zu, wenn sie meinen, es sei tolerabel, wenn sich Toleranz auf die Ausbeutung und Dominanz von Frauen erstreckt, aber zumindest offen bleibt, ob die Ausbeutung und Dominanz von Männern – im Zuge der Toleranz, versteht sich – geduldet oder gar gutgeheißen werden kann.

Schließlich können die Alchemisten vom ECTR Intoleranz in Toleranz verwandeln, indem sie von ihnen behauptete historische Intoleranz mit heutiger Intoleranz begegnen, also korrigierende Intoleranz walten lassen, was sich im Zylinder der Zauberlehrlinge – schwupp – zu Toleranz transformiert:

„special protection afforded to members of vulnerable and disadvantaged groups may imply a preferential treatment. … Still, the present provision is justified by the linkage between historical intolerance and vulnerability“ (S. 8). [Der besondere Schutz den Mitgliedern verletzbarer und benachteiligter Gruppen genießen, kann deren Bevorzugung erfordern. … Die entsprechende Maßnahme wird durch die Beziehung zwischen historischer Intoleranz und Verletzbarkeit gerechtfertigt.]

Zumindest können wir EU-Bürger nicht behaupten, wir wären hiervon überrascht, denn derlei Doppelmoral zum Zweck der Vorteilsnahme sind wir ja schon gewöhnt, und so verwundert es auch nicht, dass die ECTRler meinen, dass es mit unserem Toleranzniveau vereinbar sei, wenn sie offen schreiben, dass der Zweck des Entwurfs u.a. darin bestehe,

„[to] [t]ake concrete action to combat intolerance, in particular with a view to eliminating racism, colour bias, ethnic discrimination, religious intolerance, totalitarian ideologies [!!!], xenophobia, anti-Semitism, anti-feminism and homophobia“ (S. 3).[konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Intoleranz zu bekämpfen insbesondere um Rassismus, Diskriminierung nach Hautfarbe, ethnische Diskriminierung, religiöse Intoleranz, totalitärer Ideologie [!!!], Fremdenfeindlichkeit, Anti-Semitismus, Anti-Feminismus und Homophobie zu eliminieren.]

Es müssen also wieder die alten armen, geschundenen Packesel herhalten, um die Kontrollsucht der Experten in Sachen Humanitäres zu tragen; dabei sind sie aus Altersschwäche kurz vor dem Zusammenbruch, und dann? Hat sich dann die Notwendigkeit der Förderung von Toleranz erledigt? Anscheinend ist das so.

Aber bis dahin wollen die ECTRler unser Toleranzniveau einer echten Belastungsprobe unterziehen, denn sie meinen anscheinend, dass es EU-Bürger tolerieren werden, wenn als Mittel zur Förderung von Toleranz Umerziehung, Propaganda und Zwangsmittel als rechtsstaatlich abgesegnete Praktiken etabliert werden sollen. So sollen verbale Beleidigungen oder Verleumdungen von Gruppen (!) zukünftig verschärfte Straftaten („aggravated crimes“; S. 9) sein, ebenso wie öffentliche Gutheißung des Holocaust oder die öffentliche Gutheißung von Genoziden, die als solche von einem internationalen Gerichtshof oder Tribunal (ja, das steht so auf S. 9) identifiziert wurden.

D.h. die Experten für Humanitäres möchten einerseits bestimmte Auffassungen aus dem öffentlichen Raum verbannen, egal, ob jemand sie begründet oder nicht, und andererseits die Deutungshoheit für Verbrechen an der Menschheit allein einigen Juristen zugestehen, die vermutlich in ihrer eigenen Betriebsblindheit, aber mit Sicherheit in Netzwerken von staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen befangen sind, auf dass sie ungehemmt und den Bürgern der EU in keiner Weise verantwortlich die Äußerungen derselben in der Öffentlichkeit kontrollieren können.

Die ECTRler sind nicht tolerant genug, um „der Öffentlichkeit“ und Juristen an internationalen Gerichtshöfen Meinungsvielfalt zuzumuten. Nur gut, dass wir EU-Bürger so tolerant sind, sie für ihren Entwurf nicht wegen eines Verbrechens gegen die (vorläufig: EU-)Menschheit anzuzeigen!

Immerhin könnten wir aber fordern, dass die ECTRler einem Rehabilitationsprogramm unterzogen werden, um in ihnen das zarte Pflänzchen einer „Kultur der Toleranz“ heranzuziehen, denn schließlich sehen sie selbst solche Programme „designed to instill in them a culture of tolerance“ [konzipiert um eine Kultur der Toleranz hervorzurufen] für Jugendliche vor, die eines der „Verbrechen“ („crimes“; S. 9) begehen, die die ECTRler gerade erfunden haben. Und auch mit ihrer Forderung nach „[t]raining and tolerance awareness courses“ für „different strata of society, with an emphasis on professional groups“ (S. 10) [Trainings und Toleranz-Bewusstwerdungs-Kurse für unterschiedliche Schichten der Gesellschaft, mit besonderem Schwerpunkt auf Berufsgruppen] stünde es im Einklang, wenn man sie in einen Unterricht-in-Liberalität und Humanität-Zwangskurs einweisen würde.

Und falls das nicht abschreckend genug ist, dann könnten wir drohen, die ECTRler in Regress zu nehmen. Nach ihren Vorstellungen soll es nämlich möglich sein, „[to] have a legal standing to bring a case against the perpetrators, as well as a right to redress“ (S. 10) [Strafanzeige gegen diejenigen, die gegen die Toleranz-Pflicht verstoßen, zu stellen und sie auf Entschädigung und Wiedergutmachung zu verklagen.]

Und ihre Kinder schicken wir in Umerziehungsschulen: „Schools, from the primary level upwards, will introduce courses encouraging students to accept diversity and promoting a climate of tolerance as regards to the qualities and cultures of others“ (S. 10) [Schulen, von der ersten Klasse an aufwärts, werden Kurse einführen, in denen die Schüler dazu angehalten werden, Diversität zu akzeptieren und in denen ein Klima der Toleranz mit Blick auf Eigenschaften und Kulturen anderer befördert wird]. Schließlich gilt: „The principle has been accepted for many years…“ (S. 10) [Das Prinzip ist seit vielen Jahren akzeptiert]. Und das stimmt ja auch: von so bedeutenden Staatsmännern und Pädagogen wie Stalin und Hitler ist das hinreichend bekannt.

Und überhaupt: Gemäß den ECTRlern gilt: „There is no need to be tolerant to the intolerant“ (S. 6; Hervorhebung d.d.A.) [Es gibt keine Pflicht zur Toleranz gegenüber Intolerentanten]. Das ist gut zu wissen; so müssen wir den ECTRlern und der EU, die sich ihren Entwurf zu Eigen macht, also mit keinerlei Toleranz begegnen!

Aber – nein, wir EU-Bürger sind tolerant. Und deshalb sollten wir vielleicht überlegen, ob es nicht genügt, die ECTRler für einen bestimmten prozentualen Anteil ihrer Lebenszeit einer TV- oder Radiosendung auszusetzen, die in ihnen ein Mindestmaß an Toleranz und Respekt vor anderen Menschen kultiviert – auch das würden sie zweifellos akzeptieren, denn sie selbst fordern das für die EU-Medien (auf S. 11). Nur mit dem Internet gibt es noch Probleme: „There is a related issue of Internet abuse through the spreading of intolerance. However, initiatives to bring about legal regulation of cyberspace are currently debated in a wider context. … “ (S. 12) [Auch im Internet wird missbräuchlich Intoleranz verbreitet. Initiativen, um Regelungen für den Cyberspace zu erwirken, werden derzeit in einem breiteren Zusammenhang diskutiert…].

Na, dann ist es doch in Ordnung, wenn wir EU-Bürger zur Förderung der Toleranz in der EU und zur Vermeidung von Missbrauch des „cyberspace“ fordern, dass der Entwurf der ECTRler von den Internetseiten der EU genommen wird, oder!?

Wie gut für die ECTRler und all diejenigen, die sich an den EU-Bürgern durch Zustimmung zu diesem vorläufigen Höhepunkt an Totalitarismus schuldig machen, dass die EU-Bürger (noch) deutlich toleranter sind als sie selbst: noch sind sie gesprächsbereit und verzichten auf drastische Maßnahmen nach dem Vorbild der ECTRler, noch spielt bei ihrem Urteil auch die Moral und nicht nur die Ideologie und die auf Grundlage geschaffenen oder zu schaffenden Rechtslage eine Rolle. Noch belassen sie es dabei, die Freunde des Totalitarismus daran zu mahnen, was sie selbst im Munde führen, nämlich dass

tolerance postulates an open mind to unfamiliar ideas and ways of life“ (S. 1; Hervorhebung d.d.A.) [Toleranz bedeutet ungewöhnlichen und fremden Ideen und Lebensweisen offen gegenüber zu treten.]

Wie wäre es, sie würden versuchen, einmal ganz kurz ihren Geist der fremden Idee der Toleranz und des Respektes vor den Bürgern zu öffnen? Oder sogar der gänzlich fremden Idee der Logik, gemäß derer es nun einmal ausgeschlossen ist, Toleranz durch Intoleranz zu erzwingen, ganz so, wie es bekanntermaßen nicht möglich ist, jemanden mit vorgehaltener Waffe dazu aufzufordern, jetzt einmal ganz spontan oder ganz entspannt zu sein. Wir sind dafür, dass an allen Bildungsinstitutionen und für bestimmte Berufsgruppen, vor allem für Juristen, Logik-Kurse angeboten werden – auf freiwilliger Basis, versteht sich; wir sind ja tolerant!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf ScienceFiles.org

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