Menschen, die eine andere Meinung als der politische und mediale Mainstream haben, werden als „Populisten“ bezeichnet. Das gilt insbesondere für Menschen, die eine rechte oder angeblich rechte Meinung vertreten. Sie werden als „Rechtspopulisten“ bezeichnet.
Die Etikettierung des politischen Gegners als „Rechtspopulist“ dient dazu, ihn in die rechte Ecke zu stellen und dadurch mundtot zu machen. Das funktioniert in Deutschland sehr gut, und zwar aufgrund der unrühmlichen deutschen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Der Begriff „Rechtspopulist“ wie auch ähnliche Begriffe wie „rechts“, „rechtsextrem“ und „Nazi“ werden sehr inflationär verwendet, so dass heutzutage jeder rechts, rechtspopulistisch oder Nazi werden kann. Ein falsches Wort, ein Satz aus dem Kontext gerissen, ein Engagement für die falsche Sache (z.B. für Jungen und Männer) und schon ist es passiert, schon ist man ein Rechtspopulist. Eigentlich muss man gar nichts sagen oder schreiben. Wenn die Medien es möchten, können sie aus jedem beliebigen Bürger einen Rechtspopulisten oder einen Nazi machen. Das ist in einem gewissen Sinne tragisch, denn Menschen, die tatsächlich rechtsextreme Gedanken hegen, z.B. alles Fremde ablehnen, können dann nicht mehr als Rechtsextreme identifiziert werden.
Dabei fehlt bis heute eine genaue Definition des Begriffs „Populismus“.(1) Es besteht offensichtlich eine semantische Ähnlichkeit zwischen den Begriffen „populär“ und „populistisch“. „Populär“ heißt: für das allgemeine Publikum, für Alle. So spricht man z.B. von populärwissenschaftlichen Büchern, d.h. von Büchern, in denen wissenschaftliche Inhalte allgemeinverständlich vermittelt werden. Das Wort „populär“ hat somit eine positive Konnotation.
Nicht so das Wort „populistisch“. Ein Populist bedient sich allgemeinverständlicher Floskeln, um andere Menschen zu manipulieren, um sie für sich zu gewinnen und für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Dabei appelliert er oft an bestimmte Gefühle, Klischees und Vorurteile von Menschen oder möchte bestimmte Gefühle, Klischees und Vorurteile bei ihnen wecken. Interessanterweise wird der Begriff „Populismus“ nur im politischen Kontext verwendet, und zwar als Mittel des politischen Kampfes.
Auch Parteien und Politiker, die man üblicherweise nicht dem rechten Spektrum zurechnet, z.B. die SPD, die Grünen oder Die Linke, bedienen sich populistischer Parolen, mit denen sie ihre Interessen verfolgen, Wähler für sich gewinnen und an die Macht gelangen möchten. Sie verwenden Parolen wie „Die Umwelt retten“, „Demokratie stärken“, „Den Menschen in den Mittelpunkt stellen“, „Die Armut bekämpfen“, „Die Reichen besteuern“ usw. Auch diese Parolen sind nicht frei von Gefühlen, Klischees und Vorurteilen.
Der Wirtschaftswissenschaftler Günter Buchholz betont, dass es auch einen Linkspopulismus gibt. Als Beispiel dafür gibt er die Politik des Gender-Mainstreamings an. Unter dem Deckmantel von populären und emotional positiv besetzten Begriffen und Parolen wie „Gleichheit“, „Gleichberechtigung“ , „Vielfalt“/“Diversity“, „Frauen in die Vorstände“, „Wissenschaft braucht mehr Frauen“ usw. wird eine Politik der Privilegierung von Frauen und somit der Diskriminierung von Männern betrieben. Letztlich profitiert von dieser Politik eine relativ kleine Gruppe von eh schon privilegierten Frauen aus der oberen Mittelschicht, womit es sich bei dieser Politik um eine reine Macht- und Klientelpolitik handelt.(2)
Man könnte aber auch die Meinung vertreten, dass Parteien und Politiker immer populistisch auftreten, ja dass sie immer populistisch auftreten müssen, um ihre Forderungen unters Volk zu bringen. Sie müssen sich allgemeinverständlicher und emotional beladener Parolen bedienen, um die Wähler zu gewinnen, an die Macht zu gelangen und ihre Interessen durchzusetzen. So besehen würde der Populismus ein Strukturmerkmal einer jeden Politik, sei es einer rechten oder linken, darstellen. Allerdings würde das bedeuten, dass man nicht die Vernunft, sondern das Gefühl als Grundlage der Politik, nicht den Menschen als Selbstzweck, sondern als bloßes Mittel und Objekt der Manipulation betrachten müsste.
Als Schüler von Jürgen Habermas bin ich den Idealen der Vernunft, der Kommunikation, des Diskurses, des „zwanglosen Zwangs des besseren Arguments“ verpflichtet. Im argumentativen Diskurs sollten – wie der Name schon sagt – nur die Argumente zählen, wobei sich die Diskursteilnahmer an allgemeingültigen Regeln der Argumentation, in denen wiederum Vernunftprinzipien zum Ausdruck kommen, orientieren sollten. Der argumentative Diskurs stellt nach Habermas eine Grundlage der Politik, genauer: der demokratischen Willensbildung, dar.
Etikettierungen, Pauschalisierungen und Diffamierungen haben im argumentativen Diskurs nichts zu suchen. Sie zerstören ihn. Sie zerstören somit auch die politische Kultur und die Demokratie.
Quellen:
(1) Michael Klein, „Populismus: häufig gebraucht – wenig definiert“, in: Kritische Wissenschaft 02. 08. 2011:
http://sciencefiles.org/2011/08/02/populismus-haufig-gebraucht-wenig-definiert/
(2) „Die politische Linke und der Feminismus. Interview mit Prof. Günter Buchholz“, in: Cuncti 14. 09. 2013:
http://www.cuncti.net/politik/469-die-politische-linke-und-der-feminismus
Ich studierte Philosophie, Soziologie und Sprachwissenschaften.
Meine Doktorarbeit schrieb ich über den Begriff der Lebenswelt.
Ich stehe in der Tradition des Humanismus und der Philosophie der Aufklärung. Ich beschäftige mich vorwiegend mit den Themen "Menschenrechte", "Gerechtigkeit", "Gleichberechtigung" und "Demokratie".
In meinen Büchern lege ich besonderen Wert auf Klarheit und Verständlichkeit der Darstellung. Dabei folge ich dem folgenden Motto des Philosophen Karl Raimund Popper: „Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann“.