Wie unsere Presse zum korrupten Desinformationsorgan verkommt

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Presse und Rundfunk erleiden gerade einen dramatischen Qualitätssturz.

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Es gab mal eine Zeit, in der verstanden sich Journalisten als welche, die untersuchen, aufdecken, konfrontieren, überprüfen. Die nichts glauben, die nichts abschreiben, sondern der Sache auf den Grund gehen. Diese Journalisten gibt es (fast) nicht mehr.

Immer stärker werden die Medien von einem neuen Typus von Journalisten durchsetzt, die ihre Position nicht mehr als die eines Kritikers und Untersuchers, sondern nur noch als die eines Sprachrohrs verstehen.

Journalisten, die ein Produkt des Web 2.0 sind, die der Generation Blog/Facebook angehören, für die die Publikation nichts anderes mehr ist als das Durchpeitschen einer Meinung, das Betreiben von Lobbyismus, der Krieg gegen alle abweichenden Meinungen.

frauenquote-danischJournalisten verstehen sich nicht mehr als Verpflichtete oder Verantwortliche, sondern als Berechtigte, als mit Macht ausgestattete. Als hätte man ihnen ihr Medium als Spielzeug zum persönlichen Belieben ausgehändigt, als würde die Position sie berechtigen, ihre persönlichen Launen und Kriege auszuführen. Früher nannte man so etwas Korruption, heute nennt man das Journalismus.

Ich habe in den letzten Monaten mindestends vier oder fünfmal gelesen, dass Journalistinnen sich damit brüsteten, „Chef vom Dienst” zu sein. Ich könnte mich jedoch nicht erinnern, in den 40 Jahren davor jemals gelesen zu haben, dass irgendwer mit dieser Position angegeben hätte. Und ähnliche Effekte mehr. Journalisten, und von denen fallen mir vor allem Journalistinnen negativ auf, betrachten ihre Position immer häufiger als Machtposition.

Es gab eine Zeit, in der verstanden sich Journalisten als Vertreter und Dienstleister ihrer Leser. Heute ist das genau andersherum. Heute versteht man sich als Vertreter und Dienstleister von Politik, Lobbyisten und Ideologien, und die Leser als Formungsmasse. Als Schafherde, die man lenken will.

Dazu kommt, dass Journalisten immer stärker vernetzt und in gegenseitiger Abhängigkeit sind. Ursachen dafür sind

  • Die stärkere Zentralisierung auf wenige Medienkonzerne. Bis in die 70er und 80er Jahre waren viele Zeitungen und Zeitschriften noch eigenständige und eigenwillige Organisationen und standen zudem in Wettbewerb zu einander. Heute gehören viele Zeitungen und Zeitschriften Medienkonzernen, und deren Inhalte werden oft zentral gesteuert, lobbyisiert, instrumentalisiert.

  • Die zunehmende Professionalisierung der Außendarstellung der Politik, zu der auch immer stärker die Steuerung und Einflussnahme auf die Redaktionen und sogar deren Besetzungen (etwa im öffentlichen Fernsehen) gehört.

  • Finanzielle Zwänge durch die sinkenden Umsätze. Das führt zu immer kleineren Redaktionen, die nur noch regelmäßige Ressorts betüdeln, aber nichts mehr recherchieren können. Und es führt zu immer stärkerer Abhängigkeit von Anzeigenkunden, denn Zeitungen und Zeitschriften werden heute im Vergleich zu früher viel weniger durch die Leser und viel stärker durch die Anzeigenkunden finanziert. Da werden natürlich industrielle und politische Ziele durchgesetzt.

  • Die immer dreckigeren Methoden der Politik, Einfluss zu nehmen. Beispielsweise werden unbequeme Journalisten von der Politik nicht mehr mit direkten Informationen versorgt, nicht mehr zu Reisen eingeladen usw., und damit aus dem Job gekickt. Politiker ziehen sich damit ihr persönliches Presserudel heran. Wer nicht bei irgendeinem mitspielt, ist beruflich tot. Dazu gehört auch, dass an unbequemen Journalisten immer exzessiver Rache geübt wird.

  • Immer stärkeres Abschreiben. Journalisten lästern gerne über plagiierte Dissertationen, aber übergehen dabei, dass ihre eigenen Artikel häufig selbst nur abgeschrieben sind – von Agenturmeldungen oder sogar den Eigendarstellungen der Personen, über die man schreibt. Man muss sich nur mal zu einem aktuellen Tagesthema die Online-Meldungen der Presse heraussuchen. Steht überall das gleiche drin, oft sogar wörtlich oder gar identisch.

  • Ein Mentalitätsproblem. Journalismus wird immer häufiger als Manipulation verstanden. Das ist auch eine Folge von Web 2.0 und dem Aufkommen von Medienagenturen und Medienberatern. Die Manipulation der Medien ist heute ein eigenes Geschäft, ein eigener Beruf.

  • Ein ideologisches Problem. Mit dem Feminismus kam der Poststrukturalismus, der die Existenz von Wahrheit und Realität als gegeben ablehnt, und sie nur als Produkt von Sprache ansieht. Erschreckend viele Journalisten hängen dieser Ansicht an. Was auch damit zusammenhängt, dass viele Journalisten Fächer wie Politik, Literaturwissenschaften, Soziologie usw. studiert haben, denen jeder wissenschaftliche Gedanke abgeht, und die dieser Ideologie verfallen sind. »Wahrheit« und beschreibender Journalismus kommen da überhaupt nicht mehr vor. Es herrscht die Auffassung, dass man schreibt, wie man es haben will, und man damit die Realität erst macht, gestaltet. Und dass man im Rahmen dieser Gestaltungsmacht schreiben kann, darf, soll und muss, was immer man will oder für notwendig hält. Lügen ist zum Beruf geworden.

  • Schlichtweg das Absacken von Allgemeinwissen und Befähigung. Immer weniger Journalisten sind durch eine ernsthafte Journalistenschule gegangen, und vielen Artikeln merkt man an, dass der Autor deftig ungebildet und naiv ist. Es schreibt die Generation Google-Wikipedia-Copy-Paste, und so sieht es dann auch aus. Zumal sich daraus die indirekte Manipulation ergibt, denn Google (über SEO) und besonders Wikipedia sind in ihren Ergebnissen massiv politisch und ideologisch beeinflusst. Wer dort abschreibt, der schreibt meist Müll ab. Man könnte es auch Verdummung nennen.

  • Die Wahrnehmungsselektion der Leser. Früher waren Zeitungen räumlich gebunden, weshalb man lesen musste, was es da gab. Zeitungen hatten automatisch eine bunte Mischung von Lesern und Leser kaum Einfluss auf die Auswahl. Heute ist das anders. Im Zeitalter des Internet haben wir Zugang zu nahezu allen Medien der Welt, und Leser wählen die Medien, die das schreiben (genauer gesagt bestätigen), woran sie sowieso schon glauben und was sie hören wollen. Damit ergibt sich für Medien ein deutlich homogeneres Leserfeld, wass sich über Rückwirkungen wie Kaufentscheidungen, Leserbriefe, Abos usw. auch auf den Inhalt auswirkt. Früher wirkten Medien eher in Richtung Mitte/Durchschnitt, heute wirken sie eher in Richtung Extreme.

  • Der Aufbau massiver Netzwerke, die auch die Presse unterwandern, seien es katholische, feministische, parteipolitische oder andere Netzwerke.

Gerade aktuell konnte man diese Effekte an zwei Beispielen besonders gut beobachten. Das war einmal die Affäre Brüderle/#Aufschrei, in der nahezu sämtliche Medien völlig synchron, monoton, einheitlich und absolut kritik- und analyselos alle denselben Unsinn geschrieben haben. So etwas wäre nicht möglich, wenn die Medien unabhängig voneinander wären. Das kann nur funktionieren, wenn sie im Hintergrund über Netzwerke gesteuert werden.

Das zweite Beispiel ist die Affäre Schavan. Schavan hat ja nun über die Jahre jede Menge Mist produziert und Korruption gekocht. Positives ist von ihr nicht zu finden, dafür grober Machtmissbrauch. Aber fast die gesamte Presse lobt sie als hochangesehene Ministerin, die jahrelang erfolgreich gewesen sei. Nur welche Erfolge das gewesen sein sollen, das schreibt niemand. Da wurde eine Sprechweise politisch vorgegeben, und alle schreiben sie nach.

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