Ich fange das mal anders an. Ich war zweimal im Laufe meines Berufslebens bei Internet-Providern tätig. Trotzdem unterschieden sich die Tätigkeiten extrem.
Beim ersten Provider war ich bei einem der beiden ersten deutschen Provider, bei dem wir damals noch alles selbst machten und wirklich jede Schraube und jedes Bit persönlich und beim Vornamen kannten. Es gab damals nichts anderes. Wir waren sehr gut, sehr seriös, sehr zuverlässig – und sehr teuer. Wir hatten viele Techniker und einen Juristen.
Jahre später war ich bei einem anderen Provider, und es hatte gar nichts mehr mit meiner ersten Tätigkeit zu tun. Das Geschäft hatte sich in der Zwischenzeit massiv (zum Billigen und zum Schlechten) verändert, die Preise im Keller, die Branche massiv unseriös. Im Ernst, ich bin der Überzeugung, dass das Telekommunikationsmassengeschäft inzwischen allgemein richtig unseriös geworden ist und da richtig krumme Dinger laufen. Das schlug sich auf die Geschäftspraktiken nieder: Im Prinzip gab es nur noch eine Verwaltungsgesellschaft, die ganz viele teure Bonzen mit hohen Gehältern und ganz wenig Sachkunde führte, und die alles an eine unglaublich hohe Zahl externer Dienstleister auslagerte, zwischendrin sogar den gesamten Außendienst.
Eigentlich wusste man in vielen Bereichen gar nicht mehr so genau, wie der eigene Laden eigentlich so lief und funktionierte, weil nahezu alles von Externen, von Dienstleistern, von Freiberuflern gemacht wurde. Dokumentation? Dünn bis kaum, weil für Dokumentationsarbeiten häufig das Budget fehlte. Es werden quasi virtuelle Firmen gebaut, die nur noch mit Spucke und Trägheit zusammenhalten, keine Substanz mehr haben und von irgendwelchen Opportunisten geführt werden, die vom technischen Geschäft wenig Ahnung haben, sich aufführen wie die Mafia, und sich selbst stets viele Boni einpacken.
Heute ging nun eine Meldung durch die Presse. Hintergrund ist, dass es Gruner + Jahr wohl nicht mehr so gut geht, und sie ihr Zeitungsgeschäft wohl an Bertelsmann verkauft haben. In diesem Kontext gab es da wohl auch Entscheidungen:
Brigitte entlässt alle Textredakteure. (Siehe SPIEGEL, Tagesspiegel, TAZ, Süddeutsche).
Man schreibt Texte nicht mehr selbst, sondern lässt sie von Externen und Freiberuflern erstellen (ähnliches anscheinend auch bei GEO). Dafür wird die „Führungsebene” (sprich: Hochbezahlte, die nicht selbst schreiben) aufgeblasen:
Zukünftig werden die Titel der ‘Brigitte’-Gruppe von einem agilen, kreativen und flexiblen Kompetenzteam ausgedacht und produziert. Durch diese Strukturumstellung holt ‘Brigitte’ mehr Vielfalt und Potenzial von außen rein.
Heißt auf Deutsch: Kein eigenes Profil mehr, es wird einfach nur noch vom freien Markt an Artikeln gekauft, was gerade da ist. Damit ist die Brigitte keine Zeitschrift mehr, sondern nur noch so eine Art Broker oder Wiederverkäufer. Wozu aber sollte man das noch brauchen?
Ich glaube, das hält nicht mehr lange mit der Presse.
Man könnte es auch so – ich nenne es mal – „interpretieren” (was auch meinen Beobachtungen und Erfahrungen entspräche), dass die Pressebranche so kaputt und versaut ist, dass mit heutigen „Journalisten” keine Redaktion mehr zu machen ist, dass die nichts mehr zustandebringen, was sich verkaufen lässt, und eine Redaktion mit festangestellten Redakteuren (die ja heute sehr häufig auf den Gender-Trip sind und sonst gar nichts mehr machen) einfach nicht mehr funktioniert. Leute nicht mehr festanzustellen (und dann mit deren Spinnereien auskommen zu müssen), sondern Artikel qualitätsabhängig zu kaufen (oder auch nicht), ohne sich da langfristig zu binden, kann auch die Konsequenz aus dieser unsäglichen Ideologisierung der Presse sein.
Man könnte es auch so auslegen, dass sich die Pressemeute durch deren Reduktion auf ideologisch orientierte Einzelthemen selbst ins Abseits geschossen hat und künftig eben nicht mehr Personen, sondern wirklich Artikel zählen. Es freut mich sehr, dass dieser Mist, in den sich die Presse verwandelt hat, zwangsläufig schrumpft und sich selbst nicht mehr halten kann, und in der Konsequenz wieder ein Rücksturz zu einem Markt mit Wettbewerb entsteht (oder es zumindest so aussieht). Kann natürlich sein, dass die Redaktion auch weiterhin nur ideologischen Mist kauft – aber dann eben auch zu niedrigeren Preisen und in der Konsequenz dann auch irgendwann ganz pleite gehen wird.
Kurioser Nebeneffekt: Wenn es in einer Redaktion keine Redakteure mehr gibt, und man Artikel nur noch vom Markt einzeln einkauft – dann gibt es auch keine Frauenquote mehr. Die zwar bei der Brigitte eher unproblematisch sein dürfte, aber es geht ja um einen generellen Trend.
Ich glaube durchaus, dass sich der Journalismus – nein, falsch, nicht der Journalismus, sondern die Journalisten – gerade selbst erledigt und in die Arbeitslosigkeit geschossen haben und künftig nur noch die überleben, die das bringen, was gekauft und gelesen wird.
Man wird sehen, was das dann inhaltlich ist.
Der Artikel erschien zuerst in Hadmut Danischs Blog.